Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat Indessen hatte sich der König mit dem Reichskantz- Ein Ebreischer Jüngling/ den der Schaltkönig et- Schat-
Der Aſſenat Indeſſen hatte ſich der Koͤnig mit dem Reichskantz- Ein Ebreiſcher Juͤngling/ den der Schaltkoͤnig et- Schat-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0268" n="244"/> <fw place="top" type="header">Der Aſſenat</fw><lb/> <p>Indeſſen hatte ſich der Koͤnig mit dem Reichskantz-<lb/> ler/ auch in des Schaltkoͤniges zimmer verfuͤget/ ihn<lb/> ebenmaͤßig zu begleiten. Der Koͤnigliche Fuͤrſt/ der<lb/> ſonſt/ neben dem Koͤnige/ den Breutigam fuͤhren ſol-<lb/> len/ lag noch krank zu bette. Daruͤm muſte der Reichs-<lb/> kantzler ſeine ſtelle verſehen. Vierzehen der fuͤrnehm-<lb/> ſten Hofbedienten gelangten zugleich an/ den ſieben O-<lb/> beraufſehern eben daſſelbe zu erweiſen. Alle waren auf<lb/> das herlichſte/ und der Schaltkoͤnigliche Breutigam<lb/> gleicher weiſe/ wie ſeine Braut/ gekleidet. Auch trug<lb/> er auf dem heupte eine guͤldene Krohne/ die mit aus-<lb/> geſetzten edelen ſteinen flinkerte. Eben waren ſie in den<lb/> Trauſaal getraͤhten/ als das gepraͤnge der hochfuͤrſtli-<lb/> chen Braut/ mit den andern ſieben Breuten/ ankahm.</p><lb/> <p>Ein Ebreiſcher Juͤngling/ den der Schaltkoͤnig et-<lb/> liche tage vorher in ſeinen dienſt genommen/ fuͤhlete ei-<lb/> nen ſonderlichen trieb zur Dichtkunſt. Fuͤrnehmlich<lb/> hatte er ſich geuͤbt in den <hi rendition="#fr">Huͤrtengedichten</hi>/ der E-<lb/> breer eigenen erfindung. Dieſe pflegten unter andern/<lb/> wan ſie im heiſſen mittage/ unter dem ſchatten der beu-<lb/> me/ bei ihren heerden ruheten/ ein <hi rendition="#fr">Schattenliedlein</hi><lb/> von ihrer liebe zu ſpielen. Ein ſolches hatte gemelter<lb/> Juͤngling der Hochfuͤrſtlichen Braut zu ehren verfaſſet.<lb/> Und dieſes ward im eintritte derſelben in den Trau-<lb/> ſaal/ erſtlich auf Ebreiſch/ darnach in Egiptiſcher ſpra-<lb/> che geſungen. Die Klingel- und ſeiten-ſpiele gingen<lb/> darunter. Den Egiptern war es was neues/ was ſel-<lb/> tzames. Nie hatten ſie ſo ein anmuhtiges Liedlein ge-<lb/> hoͤret. Daher ſtunden alle zuhoͤrer entzuͤkt. Alle ihre<lb/> ſinne warden ihnen gleichſam entraft. Aber was ver-<lb/> ziehen wir den verſuch zu tuhn/ ſolches mit einer Hoch-<lb/> deutſchen zunge nachzuſingen. Wir wollen es wagen.<lb/> Und ſo ſingen wir dan verhochdeutſcht/ der ſchoͤnen<lb/><hi rendition="#fr">Aſſenat</hi> zum heiligen gedåchtnuͤſſe/ ſolches</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Schat-</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [244/0268]
Der Aſſenat
Indeſſen hatte ſich der Koͤnig mit dem Reichskantz-
ler/ auch in des Schaltkoͤniges zimmer verfuͤget/ ihn
ebenmaͤßig zu begleiten. Der Koͤnigliche Fuͤrſt/ der
ſonſt/ neben dem Koͤnige/ den Breutigam fuͤhren ſol-
len/ lag noch krank zu bette. Daruͤm muſte der Reichs-
kantzler ſeine ſtelle verſehen. Vierzehen der fuͤrnehm-
ſten Hofbedienten gelangten zugleich an/ den ſieben O-
beraufſehern eben daſſelbe zu erweiſen. Alle waren auf
das herlichſte/ und der Schaltkoͤnigliche Breutigam
gleicher weiſe/ wie ſeine Braut/ gekleidet. Auch trug
er auf dem heupte eine guͤldene Krohne/ die mit aus-
geſetzten edelen ſteinen flinkerte. Eben waren ſie in den
Trauſaal getraͤhten/ als das gepraͤnge der hochfuͤrſtli-
chen Braut/ mit den andern ſieben Breuten/ ankahm.
Ein Ebreiſcher Juͤngling/ den der Schaltkoͤnig et-
liche tage vorher in ſeinen dienſt genommen/ fuͤhlete ei-
nen ſonderlichen trieb zur Dichtkunſt. Fuͤrnehmlich
hatte er ſich geuͤbt in den Huͤrtengedichten/ der E-
breer eigenen erfindung. Dieſe pflegten unter andern/
wan ſie im heiſſen mittage/ unter dem ſchatten der beu-
me/ bei ihren heerden ruheten/ ein Schattenliedlein
von ihrer liebe zu ſpielen. Ein ſolches hatte gemelter
Juͤngling der Hochfuͤrſtlichen Braut zu ehren verfaſſet.
Und dieſes ward im eintritte derſelben in den Trau-
ſaal/ erſtlich auf Ebreiſch/ darnach in Egiptiſcher ſpra-
che geſungen. Die Klingel- und ſeiten-ſpiele gingen
darunter. Den Egiptern war es was neues/ was ſel-
tzames. Nie hatten ſie ſo ein anmuhtiges Liedlein ge-
hoͤret. Daher ſtunden alle zuhoͤrer entzuͤkt. Alle ihre
ſinne warden ihnen gleichſam entraft. Aber was ver-
ziehen wir den verſuch zu tuhn/ ſolches mit einer Hoch-
deutſchen zunge nachzuſingen. Wir wollen es wagen.
Und ſo ſingen wir dan verhochdeutſcht/ der ſchoͤnen
Aſſenat zum heiligen gedåchtnuͤſſe/ ſolches
Schat-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/268 |
Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/268>, abgerufen am 28.07.2024. |