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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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fünftes Buch.
net. Nichts/ ja gar nichts hatte sie ihr verschwiegen.
Und also sahe Assenat augenscheinlich/ daß der Him-
mel sie schon vorlängst zur Gemahlin des Josefs be-
stimmet. Ja ausser dem/ was ihr der Engel geoffen-
bahret/ sahe sie aus diesen erzehlungen/ daß die zeit ih-
rer vermählung vor handen. Darüm dankte sie dem
Himmel für seine so treue vorsorge. Darüm machte sie
sich ie mehr und mehr bereit/ ihr verhingenes glük dank-
barlich anzunehmen.

Als nun die Königlichen Abgefärtigten ankahmen/
die Assenat/ samt ihrem Herrn Vater und ihrer Frau
Mutter/ zu hohlen; da muhtmaßete sie zur stunde/ daß
der Allerhöchste seinen schlus über sie zu volziehen vor-
hette. Sie konte anders nicht tuhn/ als die Göttliche
schikkung annehmen/ und dem Königlichen befehle ge-
horchen. Sie zog also bald mit. Des morgens sehr früh
brach man auf. Die Königlichen Abgeordneten/ als
auch der Ertzbischof/ samt seiner Gemahlin/ fuhren
voraus. Die Fürstin Assenat folgete. Bei ihr saß
die Königliche Fürstin Nitokris. Straks hinter die-
sen zwo Fürstinnen kahm Semesse/ mit den sieben
Stahtsjungfrauen der Assenat/ auf vier sonderlichen
kutschen. Eben so viel kutschen hatten auch die Kam-
mermägdlein. Eine schöne reiterei von drei hundert
köpfen machte den nachschwalk.

Sobald sie bei Hofe angelangten/ ward der Ertzbi-
schof/ samt seiner Gemahlin und Freulein Tochter/
vor den König geführet. Dieser empfing sie überaus
freundlich/ sonderlich die Fürstin Assenat: die er an-
ders nicht/ als seine Tochter/ nennete. Nach abgeleg-
ten wenigen höfligkeiten/ redete er den Ertzbischof also
an: Ich habe gegenwärtige seine Tochter/ so-
bald sie gebohren war/ vor meine und des Reichs
Tochter angenommen. Und darüm bin ich ver-
pflichtet/ sie zu versorgen. Ich bin verbunden/

auf

fuͤnftes Buch.
net. Nichts/ ja gar nichts hatte ſie ihr verſchwiegen.
Und alſo ſahe Aſſenat augenſcheinlich/ daß der Him-
mel ſie ſchon vorlaͤngſt zur Gemahlin des Joſefs be-
ſtimmet. Ja auſſer dem/ was ihr der Engel geoffen-
bahret/ ſahe ſie aus dieſen erzehlungen/ daß die zeit ih-
rer vermaͤhlung vor handen. Daruͤm dankte ſie dem
Himmel fuͤr ſeine ſo treue vorſorge. Daruͤm machte ſie
ſich ie mehr und mehr bereit/ ihr verhingenes gluͤk dank-
barlich anzunehmen.

Als nun die Koͤniglichen Abgefaͤrtigten ankahmen/
die Aſſenat/ ſamt ihrem Herꝛn Vater und ihrer Frau
Mutter/ zu hohlen; da muhtmaßete ſie zur ſtunde/ daß
der Allerhoͤchſte ſeinen ſchlus uͤber ſie zu volziehen vor-
hette. Sie konte anders nicht tuhn/ als die Goͤttliche
ſchikkung annehmen/ und dem Koͤniglichen befehle ge-
horchen. Sie zog alſo bald mit. Des morgens ſehr fruͤh
brach man auf. Die Koͤniglichen Abgeordneten/ als
auch der Ertzbiſchof/ ſamt ſeiner Gemahlin/ fuhren
voraus. Die Fuͤrſtin Aſſenat folgete. Bei ihr ſaß
die Koͤnigliche Fuͤrſtin Nitokris. Straks hinter die-
ſen zwo Fuͤrſtinnen kahm Semeſſe/ mit den ſieben
Stahtsjungfrauen der Aſſenat/ auf vier ſonderlichen
kutſchen. Eben ſo viel kutſchen hatten auch die Kam-
mermaͤgdlein. Eine ſchoͤne reiterei von drei hundert
koͤpfen machte den nachſchwalk.

Sobald ſie bei Hofe angelangten/ ward der Ertzbi-
ſchof/ ſamt ſeiner Gemahlin und Freulein Tochter/
vor den Koͤnig gefuͤhret. Dieſer empfing ſie uͤberaus
freundlich/ ſonderlich die Fuͤrſtin Aſſenat: die er an-
ders nicht/ als ſeine Tochter/ nennete. Nach abgeleg-
ten wenigen hoͤfligkeiten/ redete er den Ertzbiſchof alſo
an: Ich habe gegenwaͤrtige ſeine Tochter/ ſo-
bald ſie gebohren war/ vor meine und des Reichs
Tochter angenommen. Und daruͤm bin ich ver-
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[219/0243] fuͤnftes Buch. net. Nichts/ ja gar nichts hatte ſie ihr verſchwiegen. Und alſo ſahe Aſſenat augenſcheinlich/ daß der Him- mel ſie ſchon vorlaͤngſt zur Gemahlin des Joſefs be- ſtimmet. Ja auſſer dem/ was ihr der Engel geoffen- bahret/ ſahe ſie aus dieſen erzehlungen/ daß die zeit ih- rer vermaͤhlung vor handen. Daruͤm dankte ſie dem Himmel fuͤr ſeine ſo treue vorſorge. Daruͤm machte ſie ſich ie mehr und mehr bereit/ ihr verhingenes gluͤk dank- barlich anzunehmen. Als nun die Koͤniglichen Abgefaͤrtigten ankahmen/ die Aſſenat/ ſamt ihrem Herꝛn Vater und ihrer Frau Mutter/ zu hohlen; da muhtmaßete ſie zur ſtunde/ daß der Allerhoͤchſte ſeinen ſchlus uͤber ſie zu volziehen vor- hette. Sie konte anders nicht tuhn/ als die Goͤttliche ſchikkung annehmen/ und dem Koͤniglichen befehle ge- horchen. Sie zog alſo bald mit. Des morgens ſehr fruͤh brach man auf. Die Koͤniglichen Abgeordneten/ als auch der Ertzbiſchof/ ſamt ſeiner Gemahlin/ fuhren voraus. Die Fuͤrſtin Aſſenat folgete. Bei ihr ſaß die Koͤnigliche Fuͤrſtin Nitokris. Straks hinter die- ſen zwo Fuͤrſtinnen kahm Semeſſe/ mit den ſieben Stahtsjungfrauen der Aſſenat/ auf vier ſonderlichen kutſchen. Eben ſo viel kutſchen hatten auch die Kam- mermaͤgdlein. Eine ſchoͤne reiterei von drei hundert koͤpfen machte den nachſchwalk. Sobald ſie bei Hofe angelangten/ ward der Ertzbi- ſchof/ ſamt ſeiner Gemahlin und Freulein Tochter/ vor den Koͤnig gefuͤhret. Dieſer empfing ſie uͤberaus freundlich/ ſonderlich die Fuͤrſtin Aſſenat: die er an- ders nicht/ als ſeine Tochter/ nennete. Nach abgeleg- ten wenigen hoͤfligkeiten/ redete er den Ertzbiſchof alſo an: Ich habe gegenwaͤrtige ſeine Tochter/ ſo- bald ſie gebohren war/ vor meine und des Reichs Tochter angenommen. Und daruͤm bin ich ver- pflichtet/ ſie zu verſorgen. Ich bin verbunden/ auf

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/243>, abgerufen am 28.04.2024.