Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

fünftes Buch.
und von dannen wird er noch itzund zu allen Egipti-
schen Sonnenspitzen gehohlet. Kein ander wird zu den-
selben iemahls gebrauchet/ als dieser. Daß aber der Er-
finder darzu eben diesen Marmel erlesen/ hat er nicht
ohne sonderliche uhrsachen getahn. Er hatte beschlossen
die Feuerspitzen/ welche man bisher allein den Men-
schen zum gedächtnüsse gebauet/ in eine andere gestalt
zu verändern/ die zu seinem vorsatze geschikter were.
Dieser vorsatz war/ daß die Strahlen der Sonne/ wie
des Feuers durch jene/ hierdurch solten abgebildet; und
ihr/ der Sonne selbsten/ solche Spitzen geheiliget; auch
sein sin an denselben/ durch eine verborgene Bilder-
schrift/ entworfen werden. Daher hat er diese neuer-
fundene Spitzen auch Sonnenspitzen/ oder viel mehr
Sonnenfinger genennet: und sie schlanker und gera-
der in die höhe führen laßen; damit solche heilige
Schrift daran üm so viel besser könte gelesen werden.
Weil er nun sahe/ daß die Sonne/ der diese Spitzen/
wie jene den Menschen/ zu ehren solten gestiftet sein/
ihre herschaft über die vier Uhrwesen am allermeisten
ausübete; so hat er auch/ zum baue derselben/ einen
vierfärbigen Stein/ der das geheimnüs solcher vier-
fachen Herschaft der Sonne abbildete/ erkohren. Dan
dieser Tebische Marmel/ desgleichen sonst nirgend ge-
funden wird/ hat gleichsam zur grundfarbe eine gold-
gläntzende röhte: welche bald mit Kristal- oder ametist-
hellen/ bald mit aschgrauen oder wasserfarbigen/ bald
mit schwartzen flekkern durchschäkkert und eingesprän-
kelt ist. Die gold- oder feuer-rohte farbe sol das Feuer;
die durchscheinenden Kristalflekker die Luft; die grau-
blauen oder wassergrauen das Wasser; und die schwar-
tzen oder grauschwartzen die Erde bedeuten.

Wie groß aber/ fragte Josef weiter/ und wie hoch
werden diese Sonnenspitzen gemeiniglich aufgeführet;
und was wird eigendlich vor ein maß im aufbaue der-

sel-
O

fuͤnftes Buch.
und von dannen wird er noch itzund zu allen Egipti-
ſchen Sonnenſpitzen gehohlet. Kein ander wird zu den-
ſelben iemahls gebrauchet/ als dieſer. Daß aber der Er-
finder darzu eben dieſen Marmel erleſen/ hat er nicht
ohne ſonderliche uhrſachen getahn. Er hatte beſchloſſen
die Feuerſpitzen/ welche man bisher allein den Men-
ſchen zum gedaͤchtnuͤſſe gebauet/ in eine andere geſtalt
zu veraͤndern/ die zu ſeinem vorſatze geſchikter were.
Dieſer vorſatz war/ daß die Strahlen der Sonne/ wie
des Feuers durch jene/ hierdurch ſolten abgebildet; und
ihr/ der Sonne ſelbſten/ ſolche Spitzen geheiliget; auch
ſein ſin an denſelben/ durch eine verborgene Bilder-
ſchrift/ entworfen werden. Daher hat er dieſe neuer-
fundene Spitzen auch Sonnenſpitzen/ oder viel mehr
Sonnenfinger genennet: und ſie ſchlånker und gera-
der in die hoͤhe fuͤhren laßen; damit ſolche heilige
Schrift daran uͤm ſo viel beſſer koͤnte geleſen werden.
Weil er nun ſahe/ daß die Sonne/ der dieſe Spitzen/
wie jene den Menſchen/ zu ehren ſolten geſtiftet ſein/
ihre herſchaft uͤber die vier Uhrweſen am allermeiſten
ausuͤbete; ſo hat er auch/ zum baue derſelben/ einen
vierfaͤrbigen Stein/ der das geheimnuͤs ſolcher vier-
fachen Herſchaft der Sonne abbildete/ erkohren. Dan
dieſer Tebiſche Marmel/ desgleichen ſonſt nirgend ge-
funden wird/ hat gleichſam zur grundfarbe eine gold-
glaͤntzende roͤhte: welche bald mit Kriſtal- oder ametiſt-
hellen/ bald mit aſchgrauen oder waſſerfårbigen/ bald
mit ſchwartzen flekkern durchſchaͤkkert und eingeſpraͤn-
kelt iſt. Die gold- oder feuer-rohte farbe ſol das Feuer;
die durchſcheinenden Kriſtalflekker die Luft; die grau-
blauen oder waſſergrauen das Waſſer; und die ſchwar-
tzen oder grauſchwartzen die Erde bedeuten.

Wie groß aber/ fragte Joſef weiter/ und wie hoch
werden dieſe Sonnenſpitzen gemeiniglich aufgefuͤhret;
und was wird eigendlich vor ein maß im aufbaue der-

ſel-
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0233" n="209"/><fw place="top" type="header">fu&#x0364;nftes Buch.</fw><lb/>
und von dannen wird er noch itzund zu allen Egipti-<lb/>
&#x017F;chen Sonnen&#x017F;pitzen gehohlet. Kein ander wird zu den-<lb/>
&#x017F;elben iemahls gebrauchet/ als die&#x017F;er. Daß aber der Er-<lb/>
finder darzu eben die&#x017F;en Marmel erle&#x017F;en/ hat er nicht<lb/>
ohne &#x017F;onderliche uhr&#x017F;achen getahn. Er hatte be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
die <hi rendition="#fr">Feuer&#x017F;pitzen/</hi> welche man bisher allein den Men-<lb/>
&#x017F;chen zum geda&#x0364;chtnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gebauet/ in eine andere ge&#x017F;talt<lb/>
zu vera&#x0364;ndern/ die zu &#x017F;einem vor&#x017F;atze ge&#x017F;chikter were.<lb/>
Die&#x017F;er vor&#x017F;atz war/ daß die Strahlen der Sonne/ wie<lb/>
des Feuers durch jene/ hierdurch &#x017F;olten abgebildet; und<lb/>
ihr/ der Sonne &#x017F;elb&#x017F;ten/ &#x017F;olche Spitzen geheiliget; auch<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;in an den&#x017F;elben/ durch eine verborgene Bilder-<lb/>
&#x017F;chrift/ entworfen werden. Daher hat er die&#x017F;e neuer-<lb/>
fundene Spitzen auch <hi rendition="#fr">Sonnen&#x017F;pitzen/</hi> oder viel mehr<lb/><hi rendition="#fr">Sonnenfinger</hi> genennet: und &#x017F;ie &#x017F;chlånker und gera-<lb/>
der in die ho&#x0364;he fu&#x0364;hren laßen; damit &#x017F;olche heilige<lb/>
Schrift daran u&#x0364;m &#x017F;o viel be&#x017F;&#x017F;er ko&#x0364;nte gele&#x017F;en werden.<lb/>
Weil er nun &#x017F;ahe/ daß die Sonne/ der die&#x017F;e Spitzen/<lb/>
wie jene den Men&#x017F;chen/ zu ehren &#x017F;olten ge&#x017F;tiftet &#x017F;ein/<lb/>
ihre her&#x017F;chaft u&#x0364;ber die vier Uhrwe&#x017F;en am allermei&#x017F;ten<lb/>
ausu&#x0364;bete; &#x017F;o hat er auch/ zum baue der&#x017F;elben/ einen<lb/>
vierfa&#x0364;rbigen Stein/ der das geheimnu&#x0364;s &#x017F;olcher vier-<lb/>
fachen Her&#x017F;chaft der Sonne abbildete/ erkohren. Dan<lb/>
die&#x017F;er Tebi&#x017F;che Marmel/ desgleichen &#x017F;on&#x017F;t nirgend ge-<lb/>
funden wird/ hat gleich&#x017F;am zur grundfarbe eine gold-<lb/>
gla&#x0364;ntzende ro&#x0364;hte: welche bald mit Kri&#x017F;tal- oder ameti&#x017F;t-<lb/>
hellen/ bald mit a&#x017F;chgrauen oder wa&#x017F;&#x017F;erfårbigen/ bald<lb/>
mit &#x017F;chwartzen flekkern durch&#x017F;cha&#x0364;kkert und einge&#x017F;pra&#x0364;n-<lb/>
kelt i&#x017F;t. Die gold- oder feuer-rohte farbe &#x017F;ol das Feuer;<lb/>
die durch&#x017F;cheinenden Kri&#x017F;talflekker die Luft; die grau-<lb/>
blauen oder wa&#x017F;&#x017F;ergrauen das Wa&#x017F;&#x017F;er; und die &#x017F;chwar-<lb/>
tzen oder grau&#x017F;chwartzen die Erde bedeuten.</p><lb/>
        <p>Wie groß aber/ fragte <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> weiter/ und wie hoch<lb/>
werden die&#x017F;e Sonnen&#x017F;pitzen gemeiniglich aufgefu&#x0364;hret;<lb/>
und was wird eigendlich vor ein maß im aufbaue der-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;el-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0233] fuͤnftes Buch. und von dannen wird er noch itzund zu allen Egipti- ſchen Sonnenſpitzen gehohlet. Kein ander wird zu den- ſelben iemahls gebrauchet/ als dieſer. Daß aber der Er- finder darzu eben dieſen Marmel erleſen/ hat er nicht ohne ſonderliche uhrſachen getahn. Er hatte beſchloſſen die Feuerſpitzen/ welche man bisher allein den Men- ſchen zum gedaͤchtnuͤſſe gebauet/ in eine andere geſtalt zu veraͤndern/ die zu ſeinem vorſatze geſchikter were. Dieſer vorſatz war/ daß die Strahlen der Sonne/ wie des Feuers durch jene/ hierdurch ſolten abgebildet; und ihr/ der Sonne ſelbſten/ ſolche Spitzen geheiliget; auch ſein ſin an denſelben/ durch eine verborgene Bilder- ſchrift/ entworfen werden. Daher hat er dieſe neuer- fundene Spitzen auch Sonnenſpitzen/ oder viel mehr Sonnenfinger genennet: und ſie ſchlånker und gera- der in die hoͤhe fuͤhren laßen; damit ſolche heilige Schrift daran uͤm ſo viel beſſer koͤnte geleſen werden. Weil er nun ſahe/ daß die Sonne/ der dieſe Spitzen/ wie jene den Menſchen/ zu ehren ſolten geſtiftet ſein/ ihre herſchaft uͤber die vier Uhrweſen am allermeiſten ausuͤbete; ſo hat er auch/ zum baue derſelben/ einen vierfaͤrbigen Stein/ der das geheimnuͤs ſolcher vier- fachen Herſchaft der Sonne abbildete/ erkohren. Dan dieſer Tebiſche Marmel/ desgleichen ſonſt nirgend ge- funden wird/ hat gleichſam zur grundfarbe eine gold- glaͤntzende roͤhte: welche bald mit Kriſtal- oder ametiſt- hellen/ bald mit aſchgrauen oder waſſerfårbigen/ bald mit ſchwartzen flekkern durchſchaͤkkert und eingeſpraͤn- kelt iſt. Die gold- oder feuer-rohte farbe ſol das Feuer; die durchſcheinenden Kriſtalflekker die Luft; die grau- blauen oder waſſergrauen das Waſſer; und die ſchwar- tzen oder grauſchwartzen die Erde bedeuten. Wie groß aber/ fragte Joſef weiter/ und wie hoch werden dieſe Sonnenſpitzen gemeiniglich aufgefuͤhret; und was wird eigendlich vor ein maß im aufbaue der- ſel- O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/233
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/233>, abgerufen am 28.04.2024.