Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Assenat
wesen zog ihn zur barmhertzigkeit. Hatte er sich von ihr
kurtz zuvor nicht wollen küssen oder berühren laßen; so
rührete er sie itzund selbsten an. Er legte seine hand auf
ihr heupt/ und seegnete sie. Und Assenat erfreuete sich
über seinem seegen in ihrem hertzen dermaßen/ daß sie
vor großen freuden krank ward. Sie ging hin/ und
neugte sich auf ihr bette. Da überdachte sie alle worte
des Josefs. Da beherzigte sie alle seine reden. Diese
würkten in ihr ein hertzliches leidwesen/ eine recht buß-
färtige reue. Hertzlich bereuete sie ihr abgöttisches we-
sen. Von hertzen war es ihr leid/ daß sie bisher den
leblosen Abgöttern gedienet. Sie verleugnete sie alle:
und erkante den wahren lebendigen Gott.

Unterdessen machte sich Josef fröhlich. Er aß und
trank. Und nach gehaltener tafel/ täht er/ mit dem
Ertzbischoffe/ einen lustwandel: da er zugleich die gele-
genheit und fürnehmsten gebeue der Stadt besichtigte.
Unter andern besahe er die fürtrefliche Sonnenspitze/
welche die allererste war/ die man in der gantzen welt ge-
sehen. Mizraim der erste Egiptische König nach der
sündfluht/ hatte dieselbe/ auf Hermes Trismegists
angeben/ zu bauen beschlossen; aber sein Sohn und
Nachsas Mesramutisis volzogen. Dieses geschahe
üm das 2213 jahr nach erschaffung der welt/ und vor
der heilgebuhrt im 1840. Vom erfinder derselben/ dem
itztgenenten Hermes/ haben die noch heutiges tages in
Deutschland und anderwärts befindliche Irmenseu-
len
oder Hermesseulen ihren nahmen.

Weil nun Josef sahe/ daß diese Sonnenseule aus
einem sonderlichenund gantz ungemeinem Marmelstei-
ne best und; so fragte er den Ertzbischof: woher dieser
Marmel kähme? Er antwortete: der Erfinder der
Sonnenspitzen/ mein vorfahr Hermes Trismegist/
oder Tot/ wie wir ihn eigendlich nennen/ hat ihn aus
dem gebürge gegen der stadt Tebe über brechen laßen:

und

Der Aſſenat
weſen zog ihn zur barmhertzigkeit. Hatte er ſich von ihr
kurtz zuvor nicht wollen kuͤſſen oder beruͤhren laßen; ſo
ruͤhrete er ſie itzund ſelbſten an. Er legte ſeine hand auf
ihr heupt/ und ſeegnete ſie. Und Aſſenat erfreuete ſich
uͤber ſeinem ſeegen in ihrem hertzen dermaßen/ daß ſie
vor großen freuden krank ward. Sie ging hin/ und
neugte ſich auf ihr bette. Da uͤberdachte ſie alle worte
des Joſefs. Da beherzigte ſie alle ſeine reden. Dieſe
wuͤrkten in ihr ein hertzliches leidweſen/ eine recht buß-
faͤrtige reue. Hertzlich bereuete ſie ihr abgoͤttiſches we-
ſen. Von hertzen war es ihr leid/ daß ſie bisher den
lebloſen Abgoͤttern gedienet. Sie verleugnete ſie alle:
und erkante den wahren lebendigen Gott.

Unterdeſſen machte ſich Joſef froͤhlich. Er aß und
trank. Und nach gehaltener tafel/ taͤht er/ mit dem
Ertzbiſchoffe/ einen luſtwandel: da er zugleich die gele-
genheit und fuͤrnehmſten gebeue der Stadt beſichtigte.
Unter andern beſahe er die fuͤrtrefliche Sonnenſpitze/
welche die allererſte war/ die man in der gantzen welt ge-
ſehen. Mizraim der erſte Egiptiſche Koͤnig nach der
ſuͤndfluht/ hatte dieſelbe/ auf Hermes Trismegiſts
angeben/ zu bauen beſchloſſen; aber ſein Sohn und
Nachſas Mesramutiſis volzogen. Dieſes geſchahe
uͤm das 2213 jahr nach erſchaffung der welt/ und vor
der heilgebuhrt im 1840. Vom erfinder derſelben/ dem
itztgenenten Hermes/ haben die noch heutiges tages in
Deutſchland und anderwaͤrts befindliche Irmenſeu-
len
oder Hermesſeulen ihren nahmen.

Weil nun Joſef ſahe/ daß dieſe Sonnenſeule aus
einem ſonderlichenund gantz ungemeinem Marmelſtei-
ne beſt und; ſo fragte er den Ertzbiſchof: woher dieſer
Marmel kaͤhme? Er antwortete: der Erfinder der
Sonnenſpitzen/ mein vorfahr Hermes Trismegiſt/
oder Tot/ wie wir ihn eigendlich nennen/ hat ihn aus
dem gebuͤrge gegen der ſtadt Tebe uͤber brechen laßen:

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0232" n="208"/><fw place="top" type="header">Der A&#x017F;&#x017F;enat</fw><lb/>
we&#x017F;en zog ihn zur barmhertzigkeit. Hatte er &#x017F;ich von ihr<lb/>
kurtz zuvor nicht wollen ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en oder beru&#x0364;hren laßen; &#x017F;o<lb/>
ru&#x0364;hrete er &#x017F;ie itzund &#x017F;elb&#x017F;ten an. Er legte &#x017F;eine hand auf<lb/>
ihr heupt/ und &#x017F;eegnete &#x017F;ie. Und <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> erfreuete &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;einem &#x017F;eegen in ihrem hertzen dermaßen/ daß &#x017F;ie<lb/>
vor großen freuden krank ward. Sie ging hin/ und<lb/>
neugte &#x017F;ich auf ihr bette. Da u&#x0364;berdachte &#x017F;ie alle worte<lb/>
des <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;efs</hi>. Da beherzigte &#x017F;ie alle &#x017F;eine reden. Die&#x017F;e<lb/>
wu&#x0364;rkten in ihr ein hertzliches leidwe&#x017F;en/ eine recht buß-<lb/>
fa&#x0364;rtige reue. Hertzlich bereuete &#x017F;ie ihr abgo&#x0364;tti&#x017F;ches we-<lb/>
&#x017F;en. Von hertzen war es ihr leid/ daß &#x017F;ie bisher den<lb/>
leblo&#x017F;en Abgo&#x0364;ttern gedienet. Sie verleugnete &#x017F;ie alle:<lb/>
und erkante den wahren lebendigen Gott.</p><lb/>
        <p>Unterde&#x017F;&#x017F;en machte &#x017F;ich <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> fro&#x0364;hlich. Er aß und<lb/>
trank. Und nach gehaltener tafel/ ta&#x0364;ht er/ mit dem<lb/>
Ertzbi&#x017F;choffe/ einen lu&#x017F;twandel: da er zugleich die gele-<lb/>
genheit und fu&#x0364;rnehm&#x017F;ten gebeue der Stadt be&#x017F;ichtigte.<lb/><choice><sic>Uuter</sic><corr>Unter</corr></choice> andern be&#x017F;ahe er die fu&#x0364;rtrefliche <hi rendition="#fr">Sonnen&#x017F;pitze/</hi><lb/>
welche die allerer&#x017F;te war/ die man in der gantzen welt ge-<lb/>
&#x017F;ehen. <hi rendition="#fr">Mizraim</hi> der er&#x017F;te Egipti&#x017F;che Ko&#x0364;nig nach der<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ndfluht/ hatte die&#x017F;elbe/ auf <hi rendition="#fr">Hermes Trismegi&#x017F;ts</hi><lb/>
angeben/ zu bauen be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; aber &#x017F;ein Sohn und<lb/>
Nach&#x017F;as <hi rendition="#fr">Mesramuti&#x017F;is</hi> volzogen. Die&#x017F;es ge&#x017F;chahe<lb/>
u&#x0364;m das 2213 jahr nach er&#x017F;chaffung der welt/ und vor<lb/>
der heilgebuhrt im 1840. Vom erfinder der&#x017F;elben/ dem<lb/>
itztgenenten <hi rendition="#fr">Hermes/</hi> haben die noch heutiges tages in<lb/>
Deut&#x017F;chland und anderwa&#x0364;rts befindliche <hi rendition="#fr">Irmen&#x017F;eu-<lb/>
len</hi> oder <hi rendition="#fr">Hermes&#x017F;eulen</hi> ihren nahmen.</p><lb/>
        <p>Weil nun <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> &#x017F;ahe/ daß die&#x017F;e <hi rendition="#fr">Sonnen&#x017F;eule</hi> aus<lb/>
einem &#x017F;onderlichenund gantz ungemeinem Marmel&#x017F;tei-<lb/>
ne be&#x017F;t und; &#x017F;o fragte er den Ertzbi&#x017F;chof: woher die&#x017F;er<lb/>
Marmel ka&#x0364;hme? Er antwortete: der Erfinder der<lb/>
Sonnen&#x017F;pitzen/ mein vorfahr <hi rendition="#fr">Hermes Trismegi&#x017F;t/</hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">Tot/</hi> wie wir ihn eigendlich nennen/ hat ihn aus<lb/>
dem gebu&#x0364;rge gegen der &#x017F;tadt <hi rendition="#fr">Tebe</hi> u&#x0364;ber brechen laßen:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0232] Der Aſſenat weſen zog ihn zur barmhertzigkeit. Hatte er ſich von ihr kurtz zuvor nicht wollen kuͤſſen oder beruͤhren laßen; ſo ruͤhrete er ſie itzund ſelbſten an. Er legte ſeine hand auf ihr heupt/ und ſeegnete ſie. Und Aſſenat erfreuete ſich uͤber ſeinem ſeegen in ihrem hertzen dermaßen/ daß ſie vor großen freuden krank ward. Sie ging hin/ und neugte ſich auf ihr bette. Da uͤberdachte ſie alle worte des Joſefs. Da beherzigte ſie alle ſeine reden. Dieſe wuͤrkten in ihr ein hertzliches leidweſen/ eine recht buß- faͤrtige reue. Hertzlich bereuete ſie ihr abgoͤttiſches we- ſen. Von hertzen war es ihr leid/ daß ſie bisher den lebloſen Abgoͤttern gedienet. Sie verleugnete ſie alle: und erkante den wahren lebendigen Gott. Unterdeſſen machte ſich Joſef froͤhlich. Er aß und trank. Und nach gehaltener tafel/ taͤht er/ mit dem Ertzbiſchoffe/ einen luſtwandel: da er zugleich die gele- genheit und fuͤrnehmſten gebeue der Stadt beſichtigte. Unter andern beſahe er die fuͤrtrefliche Sonnenſpitze/ welche die allererſte war/ die man in der gantzen welt ge- ſehen. Mizraim der erſte Egiptiſche Koͤnig nach der ſuͤndfluht/ hatte dieſelbe/ auf Hermes Trismegiſts angeben/ zu bauen beſchloſſen; aber ſein Sohn und Nachſas Mesramutiſis volzogen. Dieſes geſchahe uͤm das 2213 jahr nach erſchaffung der welt/ und vor der heilgebuhrt im 1840. Vom erfinder derſelben/ dem itztgenenten Hermes/ haben die noch heutiges tages in Deutſchland und anderwaͤrts befindliche Irmenſeu- len oder Hermesſeulen ihren nahmen. Weil nun Joſef ſahe/ daß dieſe Sonnenſeule aus einem ſonderlichenund gantz ungemeinem Marmelſtei- ne beſt und; ſo fragte er den Ertzbiſchof: woher dieſer Marmel kaͤhme? Er antwortete: der Erfinder der Sonnenſpitzen/ mein vorfahr Hermes Trismegiſt/ oder Tot/ wie wir ihn eigendlich nennen/ hat ihn aus dem gebuͤrge gegen der ſtadt Tebe uͤber brechen laßen: und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/232
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/232>, abgerufen am 21.12.2024.