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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
oder ab-rahten wolte. Er unterwürfe sich seinem wil-
len gantz und gar. Seinem guhtdünken sei er bereit zu
folgen: seinem befehle verbunden zu gehorchen: seinem
winke selbsten sei er schuldig auf das untertähnigste
nachzuleben.

Eben als Josef dieses redete/ kahm ein Edelknabe
dem Könige anzudienen/ daß die Reichsstände versam-
let weren. Hierauf fragte der König den Josef: ob
ihm beliebte mit in die Rahtsversamlung zu gehen?
Josef antwortete: dis stelle ich in des Königes belie-
ben. Aber was dünkt euch? fuhr der König fort:
sehet ihr es vor guht an? Ich darf mich zwar nicht un-
terfangen/ redete Josef weiter/ dem Könige vorzu-
schreiben: aber auf seinen befehl mus ich mich erkühnen
zu sagen/ das es vor dieses mahl sich so wohl nicht fügen
wil. Ich bin nun noch als ein fremder. Ich bin in
meinem gnädigst aufgetragenem Reichsgebiete noch
nicht bestähtiget. Wan aber dieses geschehen ist; als-
dan wird es sich besser schikken. Itzund möchte mir
solches verübelt werden. Man möchte es so deuten/ als
wan ich gebietsüchtig were/ und das gebiet vor der zeit
suchte. Dieses ist mein geringfügiges guhtdünken.
Doch des Königes mus vorgehen. So könt ihr euch
inmittelst/ fing hierauf der König an/ im garten erlu-
stigen. Wan es zeit zur tafel ist/ wird man es euch
schon anmelden. Und hiermit begab sich der König in
den Rahtssaal: Josef aber hinunter in den Garten.

Semesse lag eben in ihrem zimmerfenster/ das nach
dem garten zuging/ als Josef hineinkahm. Straks lief
sie zur Königlichen Fürstin/ ihr solches anzumelden.
Diese seumete sich nicht lange. Eine so gewündschte ge-
legenheit/ ihn allein zu sprechen/ wolte sie nicht schlüpfen
laßen. Eilend ging sie hinunter. Niemand folgte ihr/
als Semesse. Eben unter einem schattenreichen lau-
bergange traf sie den Josef an. Da konte sie niemand

sehen.

Der Aſſenat
oder ab-rahten wolte. Er unterwuͤrfe ſich ſeinem wil-
len gantz und gar. Seinem guhtduͤnken ſei er bereit zu
folgen: ſeinem befehle verbunden zu gehorchen: ſeinem
winke ſelbſten ſei er ſchuldig auf das untertaͤhnigſte
nachzuleben.

Eben als Joſef dieſes redete/ kahm ein Edelknabe
dem Koͤnige anzudienen/ daß die Reichsſtaͤnde verſam-
let weren. Hierauf fragte der Koͤnig den Joſef: ob
ihm beliebte mit in die Rahtsverſamlung zu gehen?
Joſef antwortete: dis ſtelle ich in des Koͤniges belie-
ben. Aber was duͤnkt euch? fuhr der Koͤnig fort:
ſehet ihr es vor guht an? Ich darf mich zwar nicht un-
terfangen/ redete Joſef weiter/ dem Koͤnige vorzu-
ſchreiben: aber auf ſeinen befehl mus ich mich erkuͤhnen
zu ſagen/ das es vor dieſes mahl ſich ſo wohl nicht fuͤgen
wil. Ich bin nun noch als ein fremder. Ich bin in
meinem gnaͤdigſt aufgetragenem Reichsgebiete noch
nicht beſtaͤhtiget. Wan aber dieſes geſchehen iſt; als-
dan wird es ſich beſſer ſchikken. Itzund moͤchte mir
ſolches veruͤbelt werden. Man moͤchte es ſo deuten/ als
wan ich gebietſuͤchtig were/ und das gebiet vor der zeit
ſuchte. Dieſes iſt mein geringfuͤgiges guhtduͤnken.
Doch des Koͤniges mus vorgehen. So koͤnt ihr euch
inmittelſt/ fing hierauf der Koͤnig an/ im garten erlu-
ſtigen. Wan es zeit zur tafel iſt/ wird man es euch
ſchon anmelden. Und hiermit begab ſich der Koͤnig in
den Rahtsſaal: Joſef aber hinunter in den Garten.

Semeſſe lag eben in ihrem zimmerfenſter/ das nach
dem garten zuging/ als Joſef hineinkahm. Straks lief
ſie zur Koͤniglichen Fuͤrſtin/ ihr ſolches anzumelden.
Dieſe ſeumete ſich nicht lange. Eine ſo gewuͤndſchte ge-
legenheit/ ihn allein zu ſprechen/ wolte ſie nicht ſchluͤpfen
laßen. Eilend ging ſie hinunter. Niemand folgte ihr/
als Semeſſe. Eben unter einem ſchattenreichen lau-
bergange traf ſie den Joſef an. Da konte ſie niemand

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[186/0210] Der Aſſenat oder ab-rahten wolte. Er unterwuͤrfe ſich ſeinem wil- len gantz und gar. Seinem guhtduͤnken ſei er bereit zu folgen: ſeinem befehle verbunden zu gehorchen: ſeinem winke ſelbſten ſei er ſchuldig auf das untertaͤhnigſte nachzuleben. Eben als Joſef dieſes redete/ kahm ein Edelknabe dem Koͤnige anzudienen/ daß die Reichsſtaͤnde verſam- let weren. Hierauf fragte der Koͤnig den Joſef: ob ihm beliebte mit in die Rahtsverſamlung zu gehen? Joſef antwortete: dis ſtelle ich in des Koͤniges belie- ben. Aber was duͤnkt euch? fuhr der Koͤnig fort: ſehet ihr es vor guht an? Ich darf mich zwar nicht un- terfangen/ redete Joſef weiter/ dem Koͤnige vorzu- ſchreiben: aber auf ſeinen befehl mus ich mich erkuͤhnen zu ſagen/ das es vor dieſes mahl ſich ſo wohl nicht fuͤgen wil. Ich bin nun noch als ein fremder. Ich bin in meinem gnaͤdigſt aufgetragenem Reichsgebiete noch nicht beſtaͤhtiget. Wan aber dieſes geſchehen iſt; als- dan wird es ſich beſſer ſchikken. Itzund moͤchte mir ſolches veruͤbelt werden. Man moͤchte es ſo deuten/ als wan ich gebietſuͤchtig were/ und das gebiet vor der zeit ſuchte. Dieſes iſt mein geringfuͤgiges guhtduͤnken. Doch des Koͤniges mus vorgehen. So koͤnt ihr euch inmittelſt/ fing hierauf der Koͤnig an/ im garten erlu- ſtigen. Wan es zeit zur tafel iſt/ wird man es euch ſchon anmelden. Und hiermit begab ſich der Koͤnig in den Rahtsſaal: Joſef aber hinunter in den Garten. Semeſſe lag eben in ihrem zimmerfenſter/ das nach dem garten zuging/ als Joſef hineinkahm. Straks lief ſie zur Koͤniglichen Fuͤrſtin/ ihr ſolches anzumelden. Dieſe ſeumete ſich nicht lange. Eine ſo gewuͤndſchte ge- legenheit/ ihn allein zu ſprechen/ wolte ſie nicht ſchluͤpfen laßen. Eilend ging ſie hinunter. Niemand folgte ihr/ als Semeſſe. Eben unter einem ſchattenreichen lau- bergange traf ſie den Joſef an. Da konte ſie niemand ſehen.

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/210>, abgerufen am 27.04.2024.