Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.vierdes Buch. lend näherte er sich abermahl/ ihrem herzutritte zuvor-zukommen. Noch etliche Fürstliche Freulein/ die auf der Burg übernachten solten/ begegneten ihm mit glei- cher höfligkeit. Es war schon zimlich späte. Josefs bescheidenheit wolte nicht gestatten dem Frauenzimmer länger verdrüßlich zu fallen. Darüm nahm er/ nach ei- nem kurtzen gespräche/ gebührender maßen abschied. Die Edelknaben leuchteten dem Josef/ auf befehl Das zimmer/ darinnen Josef schlafen solte/ hatte al- M iiij
vierdes Buch. lend naͤherte er ſich abermahl/ ihrem herzutritte zuvor-zukommen. Noch etliche Fuͤrſtliche Freulein/ die auf der Burg uͤbernachten ſolten/ begegneten ihm mit glei- cher hoͤfligkeit. Es war ſchon zimlich ſpaͤte. Joſefs beſcheidenheit wolte nicht geſtatten dem Frauenzimmer laͤnger verdruͤßlich zu fallen. Daruͤm nahm er/ nach ei- nem kurtzen geſpraͤche/ gebuͤhrender maßen abſchied. Die Edelknaben leuchteten dem Joſef/ auf befehl Das zimmer/ darinnen Joſef ſchlafen ſolte/ hatte al- M iiij
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vierdes Buch.
lend naͤherte er ſich abermahl/ ihrem herzutritte zuvor-
zukommen. Noch etliche Fuͤrſtliche Freulein/ die auf
der Burg uͤbernachten ſolten/ begegneten ihm mit glei-
cher hoͤfligkeit. Es war ſchon zimlich ſpaͤte. Joſefs
beſcheidenheit wolte nicht geſtatten dem Frauenzimmer
laͤnger verdruͤßlich zu fallen. Daruͤm nahm er/ nach ei-
nem kurtzen geſpraͤche/ gebuͤhrender maßen abſchied.
Die Edelknaben leuchteten dem Joſef/ auf befehl
des Koͤniges/ nach ſeinem zimmer zu. Davor fand er
ſchon eine Koͤnigliche wache. Er fand ſchon eine Koͤ-
nigliche bedienung. Er fand ſchon ſeine Kammerdie-
ner/ ſeine eigene Edelknaben/ ſeine eigene Lakkeien.
Das war eine ploͤtzliche veraͤnderung. Vor zehen oder
zwoͤlf ſtunden war er noch ein Gefangner/ ein Leibeig-
ner/ ein dienſtbohte: er lag in einem betruͤbten gefaͤng-
nuͤſſe; er ſaß in einem dunkelen gewoͤlbe; er muſte tuhn/
was der Gefaͤngnuͤs meiſter ihn hies. Itzund aber war
er ein Freier/ ein Fuͤrſt/ ja ein Gebieter uͤber das gantze
Egipten. Er befand ſich auf einer koͤniglichen Burg/
in einem luſtigen zimmer. Er hatte ſeine leibwache/ ſei-
ne leibdiener. Die muſten ſein gebot ausrichten. Ja
er hatte ſelbſt die macht den Fuͤrſten zu befehlen. Jeder-
man muſte ſeinen worten gehorchen.
Das zimmer/ darinnen Joſef ſchlafen ſolte/ hatte
eine luſtige ausſicht in den Koͤniglichen garten/ und
nach dem Niele zu. Das andere hatte ſeine ausſicht auf
den ſchlosplatz. Beider ſchmuk war koͤniglich. Die
mauren rund uͤmher ſahe man mit uͤberaus koͤſtlichen
prunktuͤchern behaͤnget: und dieſe von reiner ſeide mit
golde durchwuͤrket. Der bodem war von weiſſem mar-
mel/ und ebenmaͤßig mit prunktuͤchern beleget: die dek-
ke mit zedernholtze uͤbertaͤfelt/ und uͤber und uͤber dichte
verguͤldet. Doch den waͤhrt des goldes und des holtzes
uͤbertraf die koͤſtligkeit der kunſt bei weitem. Das
ſchnitz- und bild-werk/ da die gantze Egiptiſche weisheit
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/207>, abgerufen am 23.07.2024. |