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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
hiermit ernstlich befohlen den gefangenen Josef/
Fürst Potifars gewesenen Diener/ aller arbeit zu
entschlagen; und ihn mit an seine tafel zu setzen/
auch sonsten so ehrlich zu halten/ daß gemelter
Gefangener oder iemand anders seinetwegen
sich dermahleins nicht zu beschweeren habe. Und
imfal der Gefängnüsmeister/ dem deswegen
dieses beigefügte geld geschikt wird/ sich möchte
gelüsten laßen diesem befehle nicht in allem ge-
hohrsamlich nachzukommen; so sol er wissen/
daß er sich wider das Königliche Haus verbre-
chen/ und sein leben deswegen in unvermeidli-
cher gefahr stehen werde. Wie nun ihm mehr-
gemelter befehl gnädigst erteilet wird; so wird er
es ihm angelegen sein laßen demselben untertäh-
nigst nachzuleben/ und keinem/ auch nicht ei-
nem menschen dessen öfnung zutuhn.

Diesem befehle gehorchte der Gefängnüsmeister also-
bald. Von stunden an ward Josef entfesselt. Flugs
ward er aller arbeit überhoben. Straks zog er ihn an
seine tafel. Ja er gewan ihn endlich so lieb/ daß er ihn
allen andern gefangenen vorzog. Und solches täht er
nicht allein dem gemelten befehle zu gehohrsamen/ son-
dern auch aus eigener bewegung. Er sahe Josefs
große tugend. Er erblikte seinen fürtreflichen verstand.
Er verwunderte sich über seine unvergleichliche geschik-
ligkeit: und darüm übergab er ihm auch selbst das ge-
biete über alle gefangene; also daß er sich keines dinges
mehr annahm. Was Josef täht/ war wohl getahn.
Was er hies/ das muste geschehen. Alle gefangene
musten seinem befehle gehorchen. Alles stund in seiner
hand: und was er anfing/ da gab der HErr glük zu. Al-
so war er in seinem unglükke glüklich: in seinem gefäng-
nüsse frei: in seiner knechtschaft ein gebieter. Ja er hat-
te alhier so viel ledige stunden/ daß er sich in der Stern-

deu-

Der Aſſenat
hiermit ernſtlich befohlen den gefangenen Joſef/
Fuͤrſt Potifars geweſenen Diener/ aller arbeit zu
entſchlagen; und ihn mit an ſeine tafel zu ſetzen/
auch ſonſten ſo ehrlich zu halten/ daß gemelter
Gefangener oder iemand anders ſeinetwegen
ſich dermahleins nicht zu beſchweeren habe. Und
imfal der Gefaͤngnuͤsmeiſter/ dem deswegen
dieſes beigefuͤgte geld geſchikt wird/ ſich moͤchte
geluͤſten laßen dieſem befehle nicht in allem ge-
hohrſamlich nachzukommen; ſo ſol er wiſſen/
daß er ſich wider das Koͤnigliche Haus verbre-
chen/ und ſein leben deswegen in unvermeidli-
cher gefahr ſtehen werde. Wie nun ihm mehr-
gemelter befehl gnaͤdigſt erteilet wird; ſo wird er
es ihm angelegen ſein laßen demſelben untertaͤh-
nigſt nachzuleben/ und keinem/ auch nicht ei-
nem menſchen deſſen oͤfnung zutuhn.

Dieſem befehle gehorchte der Gefaͤngnuͤsmeiſter alſo-
bald. Von ſtunden an ward Joſef entfeſſelt. Flugs
ward er aller arbeit uͤberhoben. Straks zog er ihn an
ſeine tafel. Ja er gewan ihn endlich ſo lieb/ daß er ihn
allen andern gefangenen vorzog. Und ſolches taͤht er
nicht allein dem gemelten befehle zu gehohrſamen/ ſon-
dern auch aus eigener bewegung. Er ſahe Joſefs
große tugend. Er erblikte ſeinen fuͤrtreflichen verſtand.
Er verwunderte ſich uͤber ſeine unvergleichliche geſchik-
ligkeit: und daruͤm uͤbergab er ihm auch ſelbſt das ge-
biete uͤber alle gefangene; alſo daß er ſich keines dinges
mehr annahm. Was Joſef taͤht/ war wohl getahn.
Was er hies/ das muſte geſchehen. Alle gefangene
muſten ſeinem befehle gehorchen. Alles ſtund in ſeiner
hand: und was er anfing/ da gab der HErꝛ gluͤk zu. Al-
ſo war er in ſeinem ungluͤkke gluͤklich: in ſeinem gefaͤng-
nuͤſſe frei: in ſeiner knechtſchaft ein gebieter. Ja er hat-
te alhier ſo viel ledige ſtunden/ daß er ſich in der Stern-

deu-
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[148/0172] Der Aſſenat hiermit ernſtlich befohlen den gefangenen Joſef/ Fuͤrſt Potifars geweſenen Diener/ aller arbeit zu entſchlagen; und ihn mit an ſeine tafel zu ſetzen/ auch ſonſten ſo ehrlich zu halten/ daß gemelter Gefangener oder iemand anders ſeinetwegen ſich dermahleins nicht zu beſchweeren habe. Und imfal der Gefaͤngnuͤsmeiſter/ dem deswegen dieſes beigefuͤgte geld geſchikt wird/ ſich moͤchte geluͤſten laßen dieſem befehle nicht in allem ge- hohrſamlich nachzukommen; ſo ſol er wiſſen/ daß er ſich wider das Koͤnigliche Haus verbre- chen/ und ſein leben deswegen in unvermeidli- cher gefahr ſtehen werde. Wie nun ihm mehr- gemelter befehl gnaͤdigſt erteilet wird; ſo wird er es ihm angelegen ſein laßen demſelben untertaͤh- nigſt nachzuleben/ und keinem/ auch nicht ei- nem menſchen deſſen oͤfnung zutuhn. Dieſem befehle gehorchte der Gefaͤngnuͤsmeiſter alſo- bald. Von ſtunden an ward Joſef entfeſſelt. Flugs ward er aller arbeit uͤberhoben. Straks zog er ihn an ſeine tafel. Ja er gewan ihn endlich ſo lieb/ daß er ihn allen andern gefangenen vorzog. Und ſolches taͤht er nicht allein dem gemelten befehle zu gehohrſamen/ ſon- dern auch aus eigener bewegung. Er ſahe Joſefs große tugend. Er erblikte ſeinen fuͤrtreflichen verſtand. Er verwunderte ſich uͤber ſeine unvergleichliche geſchik- ligkeit: und daruͤm uͤbergab er ihm auch ſelbſt das ge- biete uͤber alle gefangene; alſo daß er ſich keines dinges mehr annahm. Was Joſef taͤht/ war wohl getahn. Was er hies/ das muſte geſchehen. Alle gefangene muſten ſeinem befehle gehorchen. Alles ſtund in ſeiner hand: und was er anfing/ da gab der HErꝛ gluͤk zu. Al- ſo war er in ſeinem ungluͤkke gluͤklich: in ſeinem gefaͤng- nuͤſſe frei: in ſeiner knechtſchaft ein gebieter. Ja er hat- te alhier ſo viel ledige ſtunden/ daß er ſich in der Stern- deu-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/172>, abgerufen am 21.12.2024.