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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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drittes Buch.
in unkeuschheit lebeten/ Gott nicht dienen könten.
Gott sei ein reines Wesen/ und wolte mit reiner seele
geehret sein. Er hette kein gefallen an denen/ die sich
mit Ehbruche beflekten. Darüm/ wan Sefira seinem
Gotte dienen wolte/ müste sie ihr Ehbette rein und un-
beflekt bewahren. Wolte sie nach dem Gesetze seines
Gottes leben/ so müste sie sich aller ehbrecherischen
liebe gantz entschlagen. Diese worte gefielen ihr auch
nicht. Sie trieben ihr gemüht auf seltzame gedanken.
Ja sie verursachten sie zu einer sehr fremden ent-
schlüßung.

Wohlan dan/ sagte sie/ weil uns meine Ehpflicht
im wege stehet; so wil ich gelegenheit suchen/ mich von
derselben loß zu machen. Wolt oder dürft ihr keinen
Ehbruch begehen; so wil ich auf mittel bedacht sein/
meinen Ehherrn aus dem wege zu reumen. Solches
kan heimlich geschehen. Kein schlag/ kein stoß sol es
verrichten. Ich wil keinen öffendlichen mord begehen.
Ich wil ihm keine wunde zufügen: welche man sehen
könte; welche die taht verriete. Nein/ nein! ich wil be-
huhtsam handeln. Fürsichtig wil ich verfahren. Nie-
mand sol es märken. Ein einiger gifttrank kan alles
verrichten. So bleiben wir ausser verdacht. Und als-
dan wil ich euch zur ehe nehmen. Alsdan solt ihr mein
Ehgemahl sein. Alsdan können wir/ ohne Ehbruch/
unsere liebe vergnügen.

Auf diese reden zerris Josef sein kleid. Er stund
gantz bestürtzt. Ein iedes wort schien ihm schon eine
mordpfrieme zu sein. Ach! sprach er/ Sie schäme sich
doch vor Gott und den heiligen Engeln/ solche verzwei-
felte worte zu reden. Sie verzweifele doch nicht so gar.
Sie ergebe sich doch den bösen nicht so gantz. Sie fürch-
te den HERrn. Sie bändige die unbändigkeit ihrer be-
gierden: und begehe solch-eine böse taht nicht. Für-
wahr! imfal Sie von diesem vorsatze nicht abstehet;

so

drittes Buch.
in unkeuſchheit lebeten/ Gott nicht dienen koͤnten.
Gott ſei ein reines Weſen/ und wolte mit reiner ſeele
geehret ſein. Er hette kein gefallen an denen/ die ſich
mit Ehbruche beflekten. Daruͤm/ wan Sefira ſeinem
Gotte dienen wolte/ muͤſte ſie ihr Ehbette rein und un-
beflekt bewahren. Wolte ſie nach dem Geſetze ſeines
Gottes leben/ ſo muͤſte ſie ſich aller ehbrecheriſchen
liebe gantz entſchlagen. Dieſe worte gefielen ihr auch
nicht. Sie trieben ihr gemuͤht auf ſeltzame gedanken.
Ja ſie verurſachten ſie zu einer ſehr fremden ent-
ſchluͤßung.

Wohlan dan/ ſagte ſie/ weil uns meine Ehpflicht
im wege ſtehet; ſo wil ich gelegenheit ſuchen/ mich von
derſelben loß zu machen. Wolt oder duͤrft ihr keinen
Ehbruch begehen; ſo wil ich auf mittel bedacht ſein/
meinen Ehherꝛn aus dem wege zu reumen. Solches
kan heimlich geſchehen. Kein ſchlag/ kein ſtoß ſol es
verrichten. Ich wil keinen oͤffendlichen mord begehen.
Ich wil ihm keine wunde zufuͤgen: welche man ſehen
koͤnte; welche die taht verriete. Nein/ nein! ich wil be-
huhtſam handeln. Fuͤrſichtig wil ich verfahren. Nie-
mand ſol es maͤrken. Ein einiger gifttrank kan alles
verrichten. So bleiben wir auſſer verdacht. Und als-
dan wil ich euch zur ehe nehmen. Alsdan ſolt ihr mein
Ehgemahl ſein. Alsdan koͤnnen wir/ ohne Ehbruch/
unſere liebe vergnuͤgen.

Auf dieſe reden zerris Joſef ſein kleid. Er ſtund
gantz beſtuͤrtzt. Ein iedes wort ſchien ihm ſchon eine
mordpfrieme zu ſein. Ach! ſprach er/ Sie ſchaͤme ſich
doch vor Gott und den heiligen Engeln/ ſolche verzwei-
felte worte zu reden. Sie verzweifele doch nicht ſo gar.
Sie ergebe ſich doch den boͤſen nicht ſo gantz. Sie fuͤrch-
te den HERꝛn. Sie baͤndige die unbaͤndigkeit ihrer be-
gierden: und begehe ſolch-eine boͤſe taht nicht. Fuͤr-
wahr! imfal Sie von dieſem vorſatze nicht abſtehet;

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[127/0151] drittes Buch. in unkeuſchheit lebeten/ Gott nicht dienen koͤnten. Gott ſei ein reines Weſen/ und wolte mit reiner ſeele geehret ſein. Er hette kein gefallen an denen/ die ſich mit Ehbruche beflekten. Daruͤm/ wan Sefira ſeinem Gotte dienen wolte/ muͤſte ſie ihr Ehbette rein und un- beflekt bewahren. Wolte ſie nach dem Geſetze ſeines Gottes leben/ ſo muͤſte ſie ſich aller ehbrecheriſchen liebe gantz entſchlagen. Dieſe worte gefielen ihr auch nicht. Sie trieben ihr gemuͤht auf ſeltzame gedanken. Ja ſie verurſachten ſie zu einer ſehr fremden ent- ſchluͤßung. Wohlan dan/ ſagte ſie/ weil uns meine Ehpflicht im wege ſtehet; ſo wil ich gelegenheit ſuchen/ mich von derſelben loß zu machen. Wolt oder duͤrft ihr keinen Ehbruch begehen; ſo wil ich auf mittel bedacht ſein/ meinen Ehherꝛn aus dem wege zu reumen. Solches kan heimlich geſchehen. Kein ſchlag/ kein ſtoß ſol es verrichten. Ich wil keinen oͤffendlichen mord begehen. Ich wil ihm keine wunde zufuͤgen: welche man ſehen koͤnte; welche die taht verriete. Nein/ nein! ich wil be- huhtſam handeln. Fuͤrſichtig wil ich verfahren. Nie- mand ſol es maͤrken. Ein einiger gifttrank kan alles verrichten. So bleiben wir auſſer verdacht. Und als- dan wil ich euch zur ehe nehmen. Alsdan ſolt ihr mein Ehgemahl ſein. Alsdan koͤnnen wir/ ohne Ehbruch/ unſere liebe vergnuͤgen. Auf dieſe reden zerris Joſef ſein kleid. Er ſtund gantz beſtuͤrtzt. Ein iedes wort ſchien ihm ſchon eine mordpfrieme zu ſein. Ach! ſprach er/ Sie ſchaͤme ſich doch vor Gott und den heiligen Engeln/ ſolche verzwei- felte worte zu reden. Sie verzweifele doch nicht ſo gar. Sie ergebe ſich doch den boͤſen nicht ſo gantz. Sie fuͤrch- te den HERꝛn. Sie baͤndige die unbaͤndigkeit ihrer be- gierden: und begehe ſolch-eine boͤſe taht nicht. Fuͤr- wahr! imfal Sie von dieſem vorſatze nicht abſtehet; ſo

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/151>, abgerufen am 03.05.2024.