Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat Er ging an den schenktisch: nahm eine EgiptischeBohnenschahle in gold eingefasset/ und schenkte sie vol melohnenwassers/ mit zukker versüßet. Diese über- reichte er der Fürstin mit tieff er ehrerbietigkeit. Indessen hatte sich Sefira erhohlet. Ach! sprach Josef stund hierüber bestürtzt. Er wuste zu erst nicht eine
Der Aſſenat Er ging an den ſchenktiſch: nahm eine EgiptiſcheBohnenſchahle in gold eingefaſſet/ und ſchenkte ſie vol melohnenwaſſers/ mit zukker verſuͤßet. Dieſe uͤber- reichte er der Fuͤrſtin mit tieff er ehrerbietigkeit. Indeſſen hatte ſich Sefira erhohlet. Ach! ſprach Joſef ſtund hieruͤber beſtuͤrtzt. Er wuſte zu erſt nicht eine
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Der Aſſenat
Er ging an den ſchenktiſch: nahm eine Egiptiſche
Bohnenſchahle in gold eingefaſſet/ und ſchenkte ſie vol
melohnenwaſſers/ mit zukker verſuͤßet. Dieſe uͤber-
reichte er der Fuͤrſtin mit tieff er ehrerbietigkeit.
Indeſſen hatte ſich Sefira erhohlet. Ach! ſprach
ſie/ wie wohl wird mir dieſer trunk ſchmaͤkken/ den ich
von meines liebſten Sohnes hand empfange! Joſef
neugte ſich zur erde nieder/ und ſagte: wo ſolte mir die-
ſes gluͤk herkommen/ daß ich armer Leibeigner einer
ſo fuͤrtreflichen Fuͤrſtin Sohn ſein ſolte? Was Leib-
eigner? fing ſie ihm das wort auf. Ich habe euch nie
vor einen Leibeigenen erkant: aber wohl mich ſchon
laͤngſt vor die eurige. Und das bin ich auch noch in der
taht. Wan ich nun euch meinen Sohn nenne/ ſo tuhe
ich noch zu wenig. Ich achte euch mehr als meinen
Sohn. Joſef beantwortete dieſe reden allein mit ſtil-
ſchweigen/ und neugte ſich abermahl. Sefira fuhr
weiter fort. Ich ſehe/ daß ihr noch gantz einfaͤltig in der
liebe ſeid. Ich ſpuͤhre/ daß ihr meine liebesblikke/ ja ſelbſt
wan ich ſie ſchon mit hertzlichen ſeufzern beſeele/ nicht
veaſtehet. Schon etliche jahre her habe ich euch dieſe
liebeszeichen genug blikken laßen. Aber ich habe gantz
keine wuͤrkung von ihnen in eurer ſeelen geſpuͤhret.
Daruͤm mus ich von den zeichen zu den worten und
werken ſelſt kommen. Ich mus euch verſichern/ daß ich/
eine Fuͤrſtin/ die uͤber euch gebieten ſolte/ mich euch zu
eigen gegeben. Ja ich mus euch anfloͤhen/ und floͤhe
euch itzund an/ mit meinen ſchmertzen/ die ihr ſelbſten in
meinem hertzen erreget/ ein mitleiden zu haben. Von
euch bitte ich ihre linderung/ und hoffe ſie zu erbitten.
Und hiermit lieffen ihr die traͤhnen mildiglich uͤber die
wangen. Hiermit erſeufzete ſie ſo ſehr/ daß ſie kein wort
mehr machen konte.
Joſef ſtund hieruͤber beſtuͤrtzt. Er wuſte zu erſt nicht
was er tuhn ſolte. Und alſo befanden ſie ſich alle beiden
eine
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