Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

drittes Buch.
er ihr länger zuhören möchte. So wohl gefielen ihm ih-
re reden. Dis war seines hertzens lust und freude.
Aber Semesse müßigte sie darvon ab. Sie überreich-
te ihr einen brief von der unvergleichlichen Assenat.
Und diesen Nahmen nennete sie/ daß ihn Josef höre-
te: den sie zugleich seitwärts anblikte. Zur stunde brach
Nitokris den brief auf. Josef aber begehrte erlaub-
nüs seinen abschied zu nehmen: den er auch bekahm.
Und die Fürstin ging mit ihm bis an die treppe. Ja sie
befahl der Semesse ihn hinunter/ bis auf den schlos-
platz/ zu begleiten. Im hinabgehen rief sie noch hinter
dem Josef her/ daß er nicht vergessen solte sie oft zu be-
suchen. Aber dieses besuchen ward ihm bald verbohten.
Dan Sefira hatte ihn itzund/ durch einen sonderlichen
kützel getrieben/ zur Nitokris geschikt. Sie wolte ihr
nur sehen laßen/ daß der schöne Leibeigne nunmehr in
ihren händen sei. Nitokris solte wissen/ daß Sefira
glüklicher sei/ als sie/ und der gantze Königliche hof.
Aber hinfort ward ihm keine bohtschaft mehr an das
Königliche Frauenzimmer befohlen. Ja Sefira war
so eifersüchtig/ daß er sich/ wan sie von ihren Freundin-
nen besucht ward/ kaum durfte sehen laßen.

So bald Josef zurük kahm/ fragte seine Fürstin
scharf nach/ was die Königliche Fürstin mit ihm gere-
det. Er aber sagte ihr nichts mehr/ als was zu sagen
dienete. Nur allein priese er ihre ausbündige höfligkeit.
Er lobte ihre große demuht. Hierzu fügte er/ daß sie
ihm weit mehr ehre angetahn/ als er würdig. Er hette
sie gern noch weitleuftiger gerühmet. Aber er muste
mit ihrem ruhme kärklicher verfahren/ als er gesonnen.
Weiter durfte er sich nicht herauslaßen/ aus furcht/ er
möchte seine Fürstin zur schählsichtigkeit erwekken.
Sefira stellete sich euserlich/ als wan ihr das lob/ das
er der Nitokris/ wiewohl sehr spahrsam/ und weit un-
ter ihren verdienst/ zugeschrieben/ sehr wohl gefiele. Aber

im

drittes Buch.
er ihr laͤnger zuhoͤren moͤchte. So wohl gefielen ihm ih-
re reden. Dis war ſeines hertzens luſt und freude.
Aber Semeſſe muͤßigte ſie darvon ab. Sie uͤberreich-
te ihr einen brief von der unvergleichlichen Aſſenat.
Und dieſen Nahmen nennete ſie/ daß ihn Joſef hoͤre-
te: den ſie zugleich ſeitwaͤrts anblikte. Zur ſtunde brach
Nitokris den brief auf. Joſef aber begehrte erlaub-
nuͤs ſeinen abſchied zu nehmen: den er auch bekahm.
Und die Fuͤrſtin ging mit ihm bis an die treppe. Ja ſie
befahl der Semeſſe ihn hinunter/ bis auf den ſchlos-
platz/ zu begleiten. Im hinabgehen rief ſie noch hinter
dem Joſef her/ daß er nicht vergeſſen ſolte ſie oft zu be-
ſuchen. Aber dieſes beſuchen ward ihm bald verbohten.
Dan Sefira hatte ihn itzund/ durch einen ſonderlichen
kuͤtzel getrieben/ zur Nitokris geſchikt. Sie wolte ihr
nur ſehen laßen/ daß der ſchoͤne Leibeigne nunmehr in
ihren haͤnden ſei. Nitokris ſolte wiſſen/ daß Sefira
gluͤklicher ſei/ als ſie/ und der gantze Koͤnigliche hof.
Aber hinfort ward ihm keine bohtſchaft mehr an das
Koͤnigliche Frauenzimmer befohlen. Ja Sefira war
ſo eiferſuͤchtig/ daß er ſich/ wan ſie von ihren Freundin-
nen beſucht ward/ kaum durfte ſehen laßen.

So bald Joſef zuruͤk kahm/ fragte ſeine Fuͤrſtin
ſcharf nach/ was die Koͤnigliche Fuͤrſtin mit ihm gere-
det. Er aber ſagte ihr nichts mehr/ als was zu ſagen
dienete. Nur allein prieſe er ihre ausbuͤndige hoͤfligkeit.
Er lobte ihre große demuht. Hierzu fuͤgte er/ daß ſie
ihm weit mehr ehre angetahn/ als er wuͤrdig. Er hette
ſie gern noch weitleuftiger geruͤhmet. Aber er muſte
mit ihrem ruhme kaͤrklicher verfahren/ als er geſonnen.
Weiter durfte er ſich nicht herauslaßen/ aus furcht/ er
moͤchte ſeine Fuͤrſtin zur ſchaͤhlſichtigkeit erwekken.
Sefira ſtellete ſich euſerlich/ als wan ihr das lob/ das
er der Nitokris/ wiewohl ſehr ſpahrſam/ und weit un-
ter ihren verdienſt/ zugeſchrieben/ ſehr wohl gefiele. Aber

im
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="109"/><fw place="top" type="header">drittes Buch.</fw><lb/>
er ihr la&#x0364;nger zuho&#x0364;ren mo&#x0364;chte. So wohl gefielen ihm ih-<lb/>
re reden. Dis war &#x017F;eines hertzens lu&#x017F;t und freude.<lb/>
Aber <hi rendition="#fr">Seme&#x017F;&#x017F;e</hi> mu&#x0364;ßigte &#x017F;ie darvon ab. Sie u&#x0364;berreich-<lb/>
te ihr einen brief von der unvergleichlichen <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat.</hi><lb/>
Und die&#x017F;en Nahmen nennete &#x017F;ie/ daß ihn <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> ho&#x0364;re-<lb/>
te: den &#x017F;ie zugleich &#x017F;eitwa&#x0364;rts anblikte. Zur &#x017F;tunde brach<lb/><hi rendition="#fr">Nitokris</hi> den brief auf. <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> aber begehrte erlaub-<lb/>
nu&#x0364;s &#x017F;einen ab&#x017F;chied zu nehmen: den er auch bekahm.<lb/>
Und die Fu&#x0364;r&#x017F;tin ging mit ihm bis an die treppe. Ja &#x017F;ie<lb/>
befahl der <hi rendition="#fr">Seme&#x017F;&#x017F;e</hi> ihn hinunter/ bis auf den &#x017F;chlos-<lb/>
platz/ zu begleiten. Im hinabgehen rief &#x017F;ie noch hinter<lb/>
dem Jo&#x017F;ef her/ daß er nicht verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olte &#x017F;ie oft zu be-<lb/>
&#x017F;uchen. Aber die&#x017F;es be&#x017F;uchen ward ihm bald verbohten.<lb/>
Dan <hi rendition="#fr">Sefira</hi> hatte ihn itzund/ durch einen &#x017F;onderlichen<lb/>
ku&#x0364;tzel getrieben/ zur <hi rendition="#fr">Nitokris</hi> ge&#x017F;chikt. Sie wolte ihr<lb/>
nur &#x017F;ehen laßen/ daß der &#x017F;cho&#x0364;ne Leibeigne nunmehr in<lb/>
ihren ha&#x0364;nden &#x017F;ei. <hi rendition="#fr">Nitokris</hi> &#x017F;olte wi&#x017F;&#x017F;en/ daß <hi rendition="#fr">Sefira</hi><lb/>
glu&#x0364;klicher &#x017F;ei/ als &#x017F;ie/ und der gantze Ko&#x0364;nigliche hof.<lb/>
Aber hinfort ward ihm keine boht&#x017F;chaft mehr an das<lb/>
Ko&#x0364;nigliche Frauenzimmer befohlen. Ja <hi rendition="#fr">Sefira</hi> war<lb/>
&#x017F;o eifer&#x017F;u&#x0364;chtig/ daß er &#x017F;ich/ wan &#x017F;ie von ihren Freundin-<lb/>
nen be&#x017F;ucht ward/ kaum durfte &#x017F;ehen laßen.</p><lb/>
        <p>So bald <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> zuru&#x0364;k kahm/ fragte &#x017F;eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin<lb/>
&#x017F;charf nach/ was die Ko&#x0364;nigliche Fu&#x0364;r&#x017F;tin mit ihm gere-<lb/>
det. Er aber &#x017F;agte ihr nichts mehr/ als was zu &#x017F;agen<lb/>
dienete. Nur allein prie&#x017F;e er ihre ausbu&#x0364;ndige ho&#x0364;fligkeit.<lb/>
Er lobte ihre große demuht. Hierzu fu&#x0364;gte er/ daß &#x017F;ie<lb/>
ihm weit mehr ehre angetahn/ als er wu&#x0364;rdig. Er hette<lb/>
&#x017F;ie gern noch weitleuftiger geru&#x0364;hmet. Aber er mu&#x017F;te<lb/>
mit ihrem ruhme ka&#x0364;rklicher verfahren/ als er ge&#x017F;onnen.<lb/>
Weiter durfte er &#x017F;ich nicht herauslaßen/ aus furcht/ er<lb/>
mo&#x0364;chte &#x017F;eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin zur &#x017F;cha&#x0364;hl&#x017F;ichtigkeit erwekken.<lb/><hi rendition="#fr">Sefira</hi> &#x017F;tellete &#x017F;ich eu&#x017F;erlich/ als wan ihr das lob/ das<lb/>
er der <hi rendition="#fr">Nitokris/</hi> wiewohl &#x017F;ehr &#x017F;pahr&#x017F;am/ und weit un-<lb/>
ter ihren verdien&#x017F;t/ zuge&#x017F;chrieben/ &#x017F;ehr wohl gefiele. Aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">im</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0133] drittes Buch. er ihr laͤnger zuhoͤren moͤchte. So wohl gefielen ihm ih- re reden. Dis war ſeines hertzens luſt und freude. Aber Semeſſe muͤßigte ſie darvon ab. Sie uͤberreich- te ihr einen brief von der unvergleichlichen Aſſenat. Und dieſen Nahmen nennete ſie/ daß ihn Joſef hoͤre- te: den ſie zugleich ſeitwaͤrts anblikte. Zur ſtunde brach Nitokris den brief auf. Joſef aber begehrte erlaub- nuͤs ſeinen abſchied zu nehmen: den er auch bekahm. Und die Fuͤrſtin ging mit ihm bis an die treppe. Ja ſie befahl der Semeſſe ihn hinunter/ bis auf den ſchlos- platz/ zu begleiten. Im hinabgehen rief ſie noch hinter dem Joſef her/ daß er nicht vergeſſen ſolte ſie oft zu be- ſuchen. Aber dieſes beſuchen ward ihm bald verbohten. Dan Sefira hatte ihn itzund/ durch einen ſonderlichen kuͤtzel getrieben/ zur Nitokris geſchikt. Sie wolte ihr nur ſehen laßen/ daß der ſchoͤne Leibeigne nunmehr in ihren haͤnden ſei. Nitokris ſolte wiſſen/ daß Sefira gluͤklicher ſei/ als ſie/ und der gantze Koͤnigliche hof. Aber hinfort ward ihm keine bohtſchaft mehr an das Koͤnigliche Frauenzimmer befohlen. Ja Sefira war ſo eiferſuͤchtig/ daß er ſich/ wan ſie von ihren Freundin- nen beſucht ward/ kaum durfte ſehen laßen. So bald Joſef zuruͤk kahm/ fragte ſeine Fuͤrſtin ſcharf nach/ was die Koͤnigliche Fuͤrſtin mit ihm gere- det. Er aber ſagte ihr nichts mehr/ als was zu ſagen dienete. Nur allein prieſe er ihre ausbuͤndige hoͤfligkeit. Er lobte ihre große demuht. Hierzu fuͤgte er/ daß ſie ihm weit mehr ehre angetahn/ als er wuͤrdig. Er hette ſie gern noch weitleuftiger geruͤhmet. Aber er muſte mit ihrem ruhme kaͤrklicher verfahren/ als er geſonnen. Weiter durfte er ſich nicht herauslaßen/ aus furcht/ er moͤchte ſeine Fuͤrſtin zur ſchaͤhlſichtigkeit erwekken. Sefira ſtellete ſich euſerlich/ als wan ihr das lob/ das er der Nitokris/ wiewohl ſehr ſpahrſam/ und weit un- ter ihren verdienſt/ zugeſchrieben/ ſehr wohl gefiele. Aber im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/133
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/133>, abgerufen am 08.05.2024.