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Zeiller, Martin: Centvria IV. Variarvm Quæstionvm. Bd. 4. Ulm, 1660.

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Die 72. Frag/ des 4. Hundert.
entrathen könne? Deßgleichen/ wann Jhm Ei-
ner über einer niedlichen/ oder kostbaren Speise/
eine Rechnung machet/ der wird auch dahin ge-
langen können/ daß er ihme/ wegen des Hauß-
brots/ und anderer gemeinen Speisen/ ob Er nit
mit noch geringern sein Leben erhalten möchte/ ein
bedencken machet. Und so fortan.

Ein ängstiges Bedencken über einen unver-
hoften Fall/ als/ wann von einem Stein seines
Guets/ ein Ander getroffen/ und ums Leben ge-
bracht wird; und dergleichen/ benimt Einem das
Geistliche Recht/ aus Augustino, causa 23. qu. 5.
c.
8. dann nichts ist/ deßen sich der Mensch nütz-
lich/ und erlaubt gebraucht/ davon nicht anch ein
Schaden entstehen könte.

Große Herren haben ihre Gewißens-Räthe;
als wie König David den Rathan/ Joram den
Elisaeum/ Joas den Jojadam/ Jerobeam den
Jonam/ Ozias den Zachariam/ gehabt. Allein
hat man zuzusehen/ daß ein solcher Conscientz/
oder Gewißens Rath/ nicht etwan mehrers aus
einer Zunaigung/ als gnugsamer Ursach/ rede;
ob Er nicht gechen Gemüets/ sonderbar/ und
kün/ in seinen Urtheilen seye. Es mueß die Frey-
heit der rechten Vernunfft gelaßen werden; und
ist nicht rathsam/ daß man den Gewißens-Rä-
then sich gar zu knechtlich underwerffe/ oder Jh-
nen ängstlich/ und serupulos/ beichte; damit/
wann Sie blind/ von Jhnen man nicht auch

blind

Die 72. Frag/ des 4. Hundert.
entrathen koͤnne? Deßgleichen/ wann Jhm Ei-
ner uͤber einer niedlichen/ oder koſtbaren Speiſe/
eine Rechnung machet/ der wird auch dahin ge-
langen koͤnnen/ daß er ihme/ wegen des Hauß-
brots/ und anderer gemeinen Speiſen/ ob Er nit
mit noch geringern ſein Leben erhalten moͤchte/ ein
bedencken machet. Und ſo fortan.

Ein aͤngſtiges Bedencken uͤber einen unver-
hoften Fall/ als/ wann von einem Stein ſeines
Guets/ ein Ander getroffen/ und ums Leben ge-
bracht wird; und dergleichen/ benimt Einem das
Geiſtliche Recht/ aus Auguſtino, cauſa 23. qu. 5.
c.
8. dann nichts iſt/ deßen ſich der Menſch nuͤtz-
lich/ und erlaubt gebraucht/ davon nicht anch ein
Schaden entſtehen koͤnte.

Große Herꝛen haben ihre Gewißens-Raͤthe;
als wie Koͤnig David den Rathan/ Joram den
Eliſæum/ Joas den Jojadam/ Jerobeam den
Jonam/ Ozias den Zachariam/ gehabt. Allein
hat man zuzuſehen/ daß ein ſolcher Conſcientz/
oder Gewißens Rath/ nicht etwan mehrers aus
einer Zunaigung/ als gnugſamer Urſach/ rede;
ob Er nicht gechen Gemuͤets/ ſonderbar/ und
kuͤn/ in ſeinen Urtheilen ſeye. Es mueß die Frey-
heit der rechten Vernunfft gelaßen werden; und
iſt nicht rathſam/ daß man den Gewißens-Raͤ-
then ſich gar zu knechtlich underwerffe/ oder Jh-
nen aͤngſtlich/ und ſerupulos/ beichte; damit/
wann Sie blind/ von Jhnen man nicht auch

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[376/0400] Die 72. Frag/ des 4. Hundert. entrathen koͤnne? Deßgleichen/ wann Jhm Ei- ner uͤber einer niedlichen/ oder koſtbaren Speiſe/ eine Rechnung machet/ der wird auch dahin ge- langen koͤnnen/ daß er ihme/ wegen des Hauß- brots/ und anderer gemeinen Speiſen/ ob Er nit mit noch geringern ſein Leben erhalten moͤchte/ ein bedencken machet. Und ſo fortan. Ein aͤngſtiges Bedencken uͤber einen unver- hoften Fall/ als/ wann von einem Stein ſeines Guets/ ein Ander getroffen/ und ums Leben ge- bracht wird; und dergleichen/ benimt Einem das Geiſtliche Recht/ aus Auguſtino, cauſa 23. qu. 5. c. 8. dann nichts iſt/ deßen ſich der Menſch nuͤtz- lich/ und erlaubt gebraucht/ davon nicht anch ein Schaden entſtehen koͤnte. Große Herꝛen haben ihre Gewißens-Raͤthe; als wie Koͤnig David den Rathan/ Joram den Eliſæum/ Joas den Jojadam/ Jerobeam den Jonam/ Ozias den Zachariam/ gehabt. Allein hat man zuzuſehen/ daß ein ſolcher Conſcientz/ oder Gewißens Rath/ nicht etwan mehrers aus einer Zunaigung/ als gnugſamer Urſach/ rede; ob Er nicht gechen Gemuͤets/ ſonderbar/ und kuͤn/ in ſeinen Urtheilen ſeye. Es mueß die Frey- heit der rechten Vernunfft gelaßen werden; und iſt nicht rathſam/ daß man den Gewißens-Raͤ- then ſich gar zu knechtlich underwerffe/ oder Jh- nen aͤngſtlich/ und ſerupulos/ beichte; damit/ wann Sie blind/ von Jhnen man nicht auch blind

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria IV. Variarvm Quæstionvm. Bd. 4. Ulm, 1660, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria04_1660/400>, abgerufen am 18.05.2024.