Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].Vierter Gesang. Jahre, nicht immer mit Freuden bemerkt, vorüber ge-flossen. Doch auch Unglück machte sie weiser; sie ist das Orakel Jhrer Gegenden. Blühender stehn die Wiesen am Wasser, Und voll reicherer Aehren die Aecker. Am lachenden Hügel Beugt sich ihr Weinstock mit völleren Trauben; sie fürchtet den Höchsten, Und der Himmel erhöret ihr Flehn. Oft hat sie dem Ehmann Eine zärtliche Gattin gerettet, in traurigen Nächten Sie mit Trost und Beystand gestärkt, wenn unter den Schmerzen Ganz sie erlag, und die Freude nicht fühlte, nun Mut- ter zu heißen. Klüglich weiß sie zu rathen, wenn in den Sorgen der Wirthschaft Unerfahren, die jüngere Frau in Fehlern verstrickt ist. Bald
Vierter Geſang. Jahre, nicht immer mit Freuden bemerkt, voruͤber ge-floſſen. Doch auch Ungluͤck machte ſie weiſer; ſie iſt das Orakel Jhrer Gegenden. Bluͤhender ſtehn die Wieſen am Waſſer, Und voll reicherer Aehren die Aecker. Am lachenden Huͤgel Beugt ſich ihr Weinſtock mit voͤlleren Trauben; ſie fuͤrchtet den Hoͤchſten, Und der Himmel erhoͤret ihr Flehn. Oft hat ſie dem Ehmann Eine zaͤrtliche Gattin gerettet, in traurigen Naͤchten Sie mit Troſt und Beyſtand geſtaͤrkt, wenn unter den Schmerzen Ganz ſie erlag, und die Freude nicht fuͤhlte, nun Mut- ter zu heißen. Kluͤglich weiß ſie zu rathen, wenn in den Sorgen der Wirthſchaft Unerfahren, die juͤngere Frau in Fehlern verſtrickt iſt. Bald
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0065" n="43"/> <fw place="top" type="header">Vierter Geſang.</fw><lb/> <l>Jahre, nicht immer mit Freuden bemerkt, voruͤber ge-<lb/><hi rendition="#et">floſſen.</hi></l><lb/> <l>Doch auch Ungluͤck machte ſie weiſer; ſie iſt das Orakel</l><lb/> <l>Jhrer Gegenden. Bluͤhender ſtehn die Wieſen am<lb/><hi rendition="#et">Waſſer,</hi></l><lb/> <l>Und voll reicherer Aehren die Aecker. Am lachenden<lb/><hi rendition="#et">Huͤgel</hi></l><lb/> <l>Beugt ſich ihr Weinſtock mit voͤlleren Trauben; ſie<lb/><hi rendition="#et">fuͤrchtet den Hoͤchſten,</hi></l><lb/> <l>Und der Himmel erhoͤret ihr Flehn. Oft hat ſie dem<lb/><hi rendition="#et">Ehmann</hi></l><lb/> <l>Eine zaͤrtliche Gattin gerettet, in traurigen Naͤchten</l><lb/> <l>Sie mit Troſt und Beyſtand geſtaͤrkt, wenn unter den<lb/><hi rendition="#et">Schmerzen</hi></l><lb/> <l>Ganz ſie erlag, und die Freude nicht fuͤhlte, nun Mut-<lb/><hi rendition="#et">ter zu heißen.</hi></l><lb/> <l>Kluͤglich weiß ſie zu rathen, wenn in den Sorgen der<lb/><hi rendition="#et">Wirthſchaft</hi></l><lb/> <l>Unerfahren, die juͤngere Frau in Fehlern verſtrickt iſt.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Bald</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [43/0065]
Vierter Geſang.
Jahre, nicht immer mit Freuden bemerkt, voruͤber ge-
floſſen.
Doch auch Ungluͤck machte ſie weiſer; ſie iſt das Orakel
Jhrer Gegenden. Bluͤhender ſtehn die Wieſen am
Waſſer,
Und voll reicherer Aehren die Aecker. Am lachenden
Huͤgel
Beugt ſich ihr Weinſtock mit voͤlleren Trauben; ſie
fuͤrchtet den Hoͤchſten,
Und der Himmel erhoͤret ihr Flehn. Oft hat ſie dem
Ehmann
Eine zaͤrtliche Gattin gerettet, in traurigen Naͤchten
Sie mit Troſt und Beyſtand geſtaͤrkt, wenn unter den
Schmerzen
Ganz ſie erlag, und die Freude nicht fuͤhlte, nun Mut-
ter zu heißen.
Kluͤglich weiß ſie zu rathen, wenn in den Sorgen der
Wirthſchaft
Unerfahren, die juͤngere Frau in Fehlern verſtrickt iſt.
Bald
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |