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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].

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Die Matrone.
Doch fehlt Anmuth auch nicht dem grauen wolkigten
Himmel,

Welcher das Antlitz der Sonne verdeckt; die ganze
Natur scheint

Jn sich gekehrt, und voll Ernst, und majestätischen
Tiessinns:

So verfliessen die Tage der frommen Matrone. Die
Thränen

Frischer Wehmuth strömen nicht mehr um die Urne des
Mannes,

Aber mit stillerer Schwermuth, und melancholischen
Stunden

Wölkt sich ihr Leben. Mit silbernen Locken bedecket
das Alter

Jhr ehrwürdiges Haupt. Die alles zerstörende Zeit hat
Jn dem Gesicht noch blendende Trümmer von Schön-
heit gelassen.

Ordnung und Reinlichkeit herrschen um sie, und der
Anblick des Alters

Wird dadurch milder und sanft. Jhr stiller bescheidener
Anzug

Trauert
Die Matrone.
Doch fehlt Anmuth auch nicht dem grauen wolkigten
Himmel,

Welcher das Antlitz der Sonne verdeckt; die ganze
Natur ſcheint

Jn ſich gekehrt, und voll Ernſt, und majeſtaͤtiſchen
Tieſſinns:

So verflieſſen die Tage der frommen Matrone. Die
Thraͤnen

Friſcher Wehmuth ſtroͤmen nicht mehr um die Urne des
Mannes,

Aber mit ſtillerer Schwermuth, und melancholiſchen
Stunden

Woͤlkt ſich ihr Leben. Mit ſilbernen Locken bedecket
das Alter

Jhr ehrwuͤrdiges Haupt. Die alles zerſtoͤrende Zeit hat
Jn dem Geſicht noch blendende Truͤmmer von Schoͤn-
heit gelaſſen.

Ordnung und Reinlichkeit herrſchen um ſie, und der
Anblick des Alters

Wird dadurch milder und ſanft. Jhr ſtiller beſcheidener
Anzug

Trauert
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[40/0062] Die Matrone. Doch fehlt Anmuth auch nicht dem grauen wolkigten Himmel, Welcher das Antlitz der Sonne verdeckt; die ganze Natur ſcheint Jn ſich gekehrt, und voll Ernſt, und majeſtaͤtiſchen Tieſſinns: So verflieſſen die Tage der frommen Matrone. Die Thraͤnen Friſcher Wehmuth ſtroͤmen nicht mehr um die Urne des Mannes, Aber mit ſtillerer Schwermuth, und melancholiſchen Stunden Woͤlkt ſich ihr Leben. Mit ſilbernen Locken bedecket das Alter Jhr ehrwuͤrdiges Haupt. Die alles zerſtoͤrende Zeit hat Jn dem Geſicht noch blendende Truͤmmer von Schoͤn- heit gelaſſen. Ordnung und Reinlichkeit herrſchen um ſie, und der Anblick des Alters Wird dadurch milder und ſanft. Jhr ſtiller beſcheidener Anzug Trauert

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764], S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/62>, abgerufen am 27.04.2024.