Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].Die Schöpfung der Hölle. Tönt durch den Abgrund; kein Muth kan sich wafnen,kein Ohr sich verstopfen, Wenn es spricht, denn es spricht allmächtig; bald stark, wie Posaunen, Und bald lispelnd, wie heimliche Stimmen; kein schnel- ler Gedanke Und kein Flügel des Cherubs entflieht ihm; der schwar- ze Verdammte Lästert wider den Himmel, sich selbst, und seine Gefährten, Leidet unendlich, verfluchet sich selber, verdammet sich selber. Dieses, o Adam, ist Hölle! -- Doch laß uns die schaudernden Blicke Wieder entziehn von Scenen des ewigen Jammers! Bewahre Deinen ietzigen Stand der Unschuld! verharr' im Ge- horsam, Und laß keine Versuchung, so stark sie auch sey, dich verführen, Eine Nachwelt von dir in ewige Quaalen zu stürzen. Raphael
Die Schoͤpfung der Hoͤlle. Toͤnt durch den Abgrund; kein Muth kan ſich wafnen,kein Ohr ſich verſtopfen, Wenn es ſpricht, denn es ſpricht allmaͤchtig; bald ſtark, wie Poſaunen, Und bald lispelnd, wie heimliche Stimmen; kein ſchnel- ler Gedanke Und kein Fluͤgel des Cherubs entflieht ihm; der ſchwar- ze Verdammte Laͤſtert wider den Himmel, ſich ſelbſt, und ſeine Gefaͤhrten, Leidet unendlich, verfluchet ſich ſelber, verdammet ſich ſelber. Dieſes, o Adam, iſt Hoͤlle! — Doch laß uns die ſchaudernden Blicke Wieder entziehn von Scenen des ewigen Jammers! Bewahre Deinen ietzigen Stand der Unſchuld! verharr’ im Ge- horſam, Und laß keine Verſuchung, ſo ſtark ſie auch ſey, dich verfuͤhren, Eine Nachwelt von dir in ewige Quaalen zu ſtuͤrzen. Raphael
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Die Schoͤpfung der Hoͤlle.
Toͤnt durch den Abgrund; kein Muth kan ſich wafnen,
kein Ohr ſich verſtopfen,
Wenn es ſpricht, denn es ſpricht allmaͤchtig; bald ſtark,
wie Poſaunen,
Und bald lispelnd, wie heimliche Stimmen; kein ſchnel-
ler Gedanke
Und kein Fluͤgel des Cherubs entflieht ihm; der ſchwar-
ze Verdammte
Laͤſtert wider den Himmel, ſich ſelbſt, und ſeine Gefaͤhrten,
Leidet unendlich, verfluchet ſich ſelber, verdammet ſich
ſelber.
Dieſes, o Adam, iſt Hoͤlle! — Doch laß uns die
ſchaudernden Blicke
Wieder entziehn von Scenen des ewigen Jammers!
Bewahre
Deinen ietzigen Stand der Unſchuld! verharr’ im Ge-
horſam,
Und laß keine Verſuchung, ſo ſtark ſie auch ſey, dich
verfuͤhren,
Eine Nachwelt von dir in ewige Quaalen zu ſtuͤrzen.
Raphael
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Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764], S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/131>, abgerufen am 16.02.2025. |