Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Mittag. Wenn der Jüngling, welchen der Trieb in den schattichten Wald rief, Von dem Wege verirrt, jetzt über die brennenden Hai- den, Ganz ermattet vom Stral des Mittags wieder zurück eilt: O wie stärket ihn da der Aushauch duftender Kräuter, Oder im frischen Gesträuch der Saft der labenden Erd- beer, Welche weit um sich herum mit ihrem Geruch sich ver- kündigt. Nicht Ambrosia könte so sehr den Müden erquicken, Wenn die erfrischende Kost, von einem Mädchen ge- pflücket, Das hier, wie die Göttin des Waldes, ihm plötzlich erscheinet, Aus dem reinlichen Korb in seinen Jägerhut regnet. Schöner scheinet ihm dann im braunen Kittel das Mädchen, Und er vergißt die Beschwerden des Mittags, und fol- get ihr willig, Nach dem niedrigen Dach, wo ihre gefälligen Eltern Jhren zufriedenen Gast mit ländlichen Speisen bewir- then; Da das Mädchen indes sein Herz auf ewig verwundet, Und E 3
Der Mittag. Wenn der Juͤngling, welchen der Trieb in den ſchattichten Wald rief, Von dem Wege verirrt, jetzt uͤber die brennenden Hai- den, Ganz ermattet vom Stral des Mittags wieder zuruͤck eilt: O wie ſtaͤrket ihn da der Aushauch duftender Kraͤuter, Oder im friſchen Geſtraͤuch der Saft der labenden Erd- beer, Welche weit um ſich herum mit ihrem Geruch ſich ver- kuͤndigt. Nicht Ambroſia koͤnte ſo ſehr den Muͤden erquicken, Wenn die erfriſchende Koſt, von einem Maͤdchen ge- pfluͤcket, Das hier, wie die Goͤttin des Waldes, ihm ploͤtzlich erſcheinet, Aus dem reinlichen Korb in ſeinen Jaͤgerhut regnet. Schoͤner ſcheinet ihm dann im braunen Kittel das Maͤdchen, Und er vergißt die Beſchwerden des Mittags, und fol- get ihr willig, Nach dem niedrigen Dach, wo ihre gefaͤlligen Eltern Jhren zufriedenen Gaſt mit laͤndlichen Speiſen bewir- then; Da das Maͤdchen indes ſein Herz auf ewig verwundet, Und E 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0077" n="69"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Mittag.</hi> </fw><lb/> <lg> <l>Wenn der Juͤngling, welchen der Trieb in den<lb/><hi rendition="#et">ſchattichten Wald rief,</hi></l><lb/> <l>Von dem Wege verirrt, jetzt uͤber die brennenden Hai-<lb/><hi rendition="#et">den,</hi></l><lb/> <l>Ganz ermattet vom Stral des Mittags wieder zuruͤck<lb/><hi rendition="#et">eilt:</hi></l><lb/> <l>O wie ſtaͤrket ihn da der Aushauch duftender Kraͤuter,</l><lb/> <l>Oder im friſchen Geſtraͤuch der Saft der labenden Erd-<lb/><hi rendition="#et">beer,</hi></l><lb/> <l>Welche weit um ſich herum mit ihrem Geruch ſich ver-<lb/><hi rendition="#et">kuͤndigt.</hi></l><lb/> <l>Nicht Ambroſia koͤnte ſo ſehr den Muͤden erquicken,</l><lb/> <l>Wenn die erfriſchende Koſt, von einem Maͤdchen ge-<lb/><hi rendition="#et">pfluͤcket,</hi></l><lb/> <l>Das hier, wie die Goͤttin des Waldes, ihm ploͤtzlich<lb/><hi rendition="#et">erſcheinet,</hi></l><lb/> <l>Aus dem reinlichen Korb in ſeinen Jaͤgerhut regnet.</l><lb/> <l>Schoͤner ſcheinet ihm dann im braunen Kittel das<lb/><hi rendition="#et">Maͤdchen,</hi></l><lb/> <l>Und er vergißt die Beſchwerden des Mittags, und fol-<lb/><hi rendition="#et">get ihr willig,</hi></l><lb/> <l>Nach dem niedrigen Dach, wo ihre gefaͤlligen Eltern</l><lb/> <l>Jhren zufriedenen Gaſt mit laͤndlichen Speiſen bewir-<lb/><hi rendition="#et">then;</hi></l><lb/> <l>Da das Maͤdchen indes ſein Herz auf ewig verwundet,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [69/0077]
Der Mittag.
Wenn der Juͤngling, welchen der Trieb in den
ſchattichten Wald rief,
Von dem Wege verirrt, jetzt uͤber die brennenden Hai-
den,
Ganz ermattet vom Stral des Mittags wieder zuruͤck
eilt:
O wie ſtaͤrket ihn da der Aushauch duftender Kraͤuter,
Oder im friſchen Geſtraͤuch der Saft der labenden Erd-
beer,
Welche weit um ſich herum mit ihrem Geruch ſich ver-
kuͤndigt.
Nicht Ambroſia koͤnte ſo ſehr den Muͤden erquicken,
Wenn die erfriſchende Koſt, von einem Maͤdchen ge-
pfluͤcket,
Das hier, wie die Goͤttin des Waldes, ihm ploͤtzlich
erſcheinet,
Aus dem reinlichen Korb in ſeinen Jaͤgerhut regnet.
Schoͤner ſcheinet ihm dann im braunen Kittel das
Maͤdchen,
Und er vergißt die Beſchwerden des Mittags, und fol-
get ihr willig,
Nach dem niedrigen Dach, wo ihre gefaͤlligen Eltern
Jhren zufriedenen Gaſt mit laͤndlichen Speiſen bewir-
then;
Da das Maͤdchen indes ſein Herz auf ewig verwundet,
Und
E 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |