Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Mittag. Jst er ein wahrer Mäcen von allen schöpfrischen Gei-stern. Jetzo nahet er sich mit seinen wenigen Freunden Aus dem schattichten Hain, wo sie den Mittag erwar- tet, Edle Gefälligkeit geht vor ihm her; und feinere Sitten, Als die Sitten des Hofs, sind seine getreuen Begleiter. Neben ihm wandelt mit heiterer Stirn die kühnere Muse Eines sich fühlenden Dichters, der seine hohen Talente Nun, durch ihn ermuntert, gebraucht. Auf güldener Laute Sang er ihm göttliche Lieder von Lieb, und Freundschaft, und Tugend. Als er ihm sang, da zitterten Thränen von zärtlichen Augen Seiner Gemahlin und Töchter herab. Es rauschten die Linden Beyfall zu; der silberne Bach floß langsam vorüber; Lauschend horchte der West auf duftenden Wolken von Blüten; Und die Hügel lagen umher in frischerer Anmuth, Als der Sänger so sang, und aller Herzen entzückte. Jetzo
Der Mittag. Jſt er ein wahrer Maͤcen von allen ſchoͤpfriſchen Gei-ſtern. Jetzo nahet er ſich mit ſeinen wenigen Freunden Aus dem ſchattichten Hain, wo ſie den Mittag erwar- tet, Edle Gefaͤlligkeit geht vor ihm her; und feinere Sitten, Als die Sitten des Hofs, ſind ſeine getreuen Begleiter. Neben ihm wandelt mit heiterer Stirn die kuͤhnere Muſe Eines ſich fuͤhlenden Dichters, der ſeine hohen Talente Nun, durch ihn ermuntert, gebraucht. Auf guͤldener Laute Sang er ihm goͤttliche Lieder von Lieb, und Freundſchaft, und Tugend. Als er ihm ſang, da zitterten Thraͤnen von zaͤrtlichen Augen Seiner Gemahlin und Toͤchter herab. Es rauſchten die Linden Beyfall zu; der ſilberne Bach floß langſam voruͤber; Lauſchend horchte der Weſt auf duftenden Wolken von Bluͤten; Und die Huͤgel lagen umher in friſcherer Anmuth, Als der Saͤnger ſo ſang, und aller Herzen entzuͤckte. Jetzo
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Der Mittag.
Jſt er ein wahrer Maͤcen von allen ſchoͤpfriſchen Gei-
ſtern.
Jetzo nahet er ſich mit ſeinen wenigen Freunden
Aus dem ſchattichten Hain, wo ſie den Mittag erwar-
tet,
Edle Gefaͤlligkeit geht vor ihm her; und feinere Sitten,
Als die Sitten des Hofs, ſind ſeine getreuen Begleiter.
Neben ihm wandelt mit heiterer Stirn die kuͤhnere
Muſe
Eines ſich fuͤhlenden Dichters, der ſeine hohen Talente
Nun, durch ihn ermuntert, gebraucht. Auf guͤldener
Laute
Sang er ihm goͤttliche Lieder von Lieb, und Freundſchaft,
und Tugend.
Als er ihm ſang, da zitterten Thraͤnen von zaͤrtlichen
Augen
Seiner Gemahlin und Toͤchter herab. Es rauſchten die
Linden
Beyfall zu; der ſilberne Bach floß langſam voruͤber;
Lauſchend horchte der Weſt auf duftenden Wolken von
Bluͤten;
Und die Huͤgel lagen umher in friſcherer Anmuth,
Als der Saͤnger ſo ſang, und aller Herzen entzuͤckte.
Jetzo
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