Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Mittag. Schweiß ihm irocknet, mit Staube vermischt; dannsetzt er die Flasche An den durstenden Mund, und ißt, zufrieden und glücklich, Unter dem rauschenden Baume sein Brod mit freyem Gewissen. Auch seys nicht der Muse zu klein, die Tafel des Land- manus Zu betrachten. Wofern auch nicht bemahlte Confekte, Oder Gärten und Schlösser von Zucker die Neubegier reizen: So verdienen es doch die unverdorbenen Sitten, Mit der Treue gepaart, die längst den Städten ent- flohn sind. Höre! sie ruft die Glocke bereits mit silberner Stimme Zu dem ländlichen Tisch; der Dirne sinken die Hände Von der Arbeit dahin, und mit gelenkeren Füssen Schreitet der Jüngling vom Stalle herzu. Sie setzen sich alle Um die Schaale herum, mit einem gesitteten Anstand, Welchen man sonst nicht so leicht an niedrer Erziehung bemerket. Oefters stralet alsdann von jungen glühenden Wangen Liebe
Der Mittag. Schweiß ihm irocknet, mit Staube vermiſcht; dannſetzt er die Flaſche An den durſtenden Mund, und ißt, zufrieden und gluͤcklich, Unter dem rauſchenden Baume ſein Brod mit freyem Gewiſſen. Auch ſeys nicht der Muſe zu klein, die Tafel des Land- manus Zu betrachten. Wofern auch nicht bemahlte Confekte, Oder Gaͤrten und Schloͤſſer von Zucker die Neubegier reizen: So verdienen es doch die unverdorbenen Sitten, Mit der Treue gepaart, die laͤngſt den Staͤdten ent- flohn ſind. Hoͤre! ſie ruft die Glocke bereits mit ſilberner Stimme Zu dem laͤndlichen Tiſch; der Dirne ſinken die Haͤnde Von der Arbeit dahin, und mit gelenkeren Fuͤſſen Schreitet der Juͤngling vom Stalle herzu. Sie ſetzen ſich alle Um die Schaale herum, mit einem geſitteten Anſtand, Welchen man ſonſt nicht ſo leicht an niedrer Erziehung bemerket. Oefters ſtralet alsdann von jungen gluͤhenden Wangen Liebe
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Der Mittag.
Schweiß ihm irocknet, mit Staube vermiſcht; dann
ſetzt er die Flaſche
An den durſtenden Mund, und ißt, zufrieden und
gluͤcklich,
Unter dem rauſchenden Baume ſein Brod mit freyem
Gewiſſen.
Auch ſeys nicht der Muſe zu klein, die Tafel des Land-
manus
Zu betrachten. Wofern auch nicht bemahlte Confekte,
Oder Gaͤrten und Schloͤſſer von Zucker die Neubegier
reizen:
So verdienen es doch die unverdorbenen Sitten,
Mit der Treue gepaart, die laͤngſt den Staͤdten ent-
flohn ſind.
Hoͤre! ſie ruft die Glocke bereits mit ſilberner Stimme
Zu dem laͤndlichen Tiſch; der Dirne ſinken die Haͤnde
Von der Arbeit dahin, und mit gelenkeren Fuͤſſen
Schreitet der Juͤngling vom Stalle herzu. Sie ſetzen
ſich alle
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Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/68>, abgerufen am 16.02.2025. |