Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Das Schnupftuch. Bald um Belindens Herz, bald um Clorinens Gunst,Die alte Canzlerin, die lange sich gezwungen, Eröfnete den Mund zu sanften Lästerungen; Mit Lächeln rückte sie zu ihrer Nachbarin, Und mit dem Lächeln starb ein guter Name hin. Doch bald macht Still und Zwang der Lästerung ein Ende. Die Fräulein sehn indes auf ihre schönen Hände. Zwar prahlt der Capitain nach aller Möglichkeit, Doch niemand höret zu, und alles ist zerstreut. Ach -- gähnte der Baron, und wußte nichts zu sagen. Auf allen Lippen schwebt die Lust, etwas zu fragen, Allein die Frag erstickt; man sitzet sich zur Quaal; Die tiefste Stille herrscht im ganzen weiten Saal. Dreymal zieht Herr von Baum zum Wortspiel seine Miene, Und dreymal fächelt sich die zierliche Clorine; Schon
Das Schnupftuch. Bald um Belindens Herz, bald um Clorinens Gunſt,Die alte Canzlerin, die lange ſich gezwungen, Eroͤfnete den Mund zu ſanften Laͤſterungen; Mit Laͤcheln ruͤckte ſie zu ihrer Nachbarin, Und mit dem Laͤcheln ſtarb ein guter Name hin. Doch bald macht Still und Zwang der Laͤſterung ein Ende. Die Fraͤulein ſehn indes auf ihre ſchoͤnen Haͤnde. Zwar prahlt der Capitain nach aller Moͤglichkeit, Doch niemand hoͤret zu, und alles iſt zerſtreut. Ach — gaͤhnte der Baron, und wußte nichts zu ſagen. Auf allen Lippen ſchwebt die Luſt, etwas zu fragen, Allein die Frag erſtickt; man ſitzet ſich zur Quaal; Die tiefſte Stille herrſcht im ganzen weiten Saal. Dreymal zieht Herr von Baum zum Wortſpiel ſeine Miene, Und dreymal faͤchelt ſich die zierliche Clorine; Schon
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Das Schnupftuch.
Bald um Belindens Herz, bald um Clorinens Gunſt,
Die alte Canzlerin, die lange ſich gezwungen,
Eroͤfnete den Mund zu ſanften Laͤſterungen;
Mit Laͤcheln ruͤckte ſie zu ihrer Nachbarin,
Und mit dem Laͤcheln ſtarb ein guter Name hin.
Doch bald macht Still und Zwang der Laͤſterung ein
Ende.
Die Fraͤulein ſehn indes auf ihre ſchoͤnen Haͤnde.
Zwar prahlt der Capitain nach aller Moͤglichkeit,
Doch niemand hoͤret zu, und alles iſt zerſtreut.
Ach — gaͤhnte der Baron, und wußte nichts zu ſagen.
Auf allen Lippen ſchwebt die Luſt, etwas zu fragen,
Allein die Frag erſtickt; man ſitzet ſich zur Quaal;
Die tiefſte Stille herrſcht im ganzen weiten Saal.
Dreymal zieht Herr von Baum zum Wortſpiel ſeine
Miene,
Und dreymal faͤchelt ſich die zierliche Clorine;
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