Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.
Mit diesem Schnupftuch selbst ein Staatsgesangner
seyn?
Denn so sehr hart war Strom, er schloß zur Straf
ihn ein.

O Muse, laß uns mit bis in sein Zimmer dringen,
Und seine Raserey, und seine Klagen singen.
Der Graf, der sonst so frey den größten Muth
gezeigt;
Der Spröde bändigte, Hochmüthige gebeugt;
Der zwar dem Thor oft glich, doch Thoren stets be-
kriegte;
Und bald mit dem Verstand, bald mit der Weste siegte;
Ein Spieler ohne Fluch, auch wenn er was versah;
Der mit Gelassenheit die Bank sich sprengen sah;
Und welcher sein Gesicht kein einzigmal verzogen,
Wenn auch zum viertenmal der König thn betrogen;
Der wirft sich fühllos nun in einen Lehnstuhl hin,
Und murmelt was daher von tiefverstecktem Sinn.
Kein Sterblicher verstehts, in Büchern ists zu lesen;
Jm
B 3

Erſter Geſang.
Mit dieſem Schnupftuch ſelbſt ein Staatsgeſangner
ſeyn?
Denn ſo ſehr hart war Strom, er ſchloß zur Straf
ihn ein.

O Muſe, laß uns mit bis in ſein Zimmer dringen,
Und ſeine Raſerey, und ſeine Klagen ſingen.
Der Graf, der ſonſt ſo frey den groͤßten Muth
gezeigt;
Der Sproͤde baͤndigte, Hochmuͤthige gebeugt;
Der zwar dem Thor oft glich, doch Thoren ſtets be-
kriegte;
Und bald mit dem Verſtand, bald mit der Weſte ſiegte;
Ein Spieler ohne Fluch, auch wenn er was verſah;
Der mit Gelaſſenheit die Bank ſich ſprengen ſah;
Und welcher ſein Geſicht kein einzigmal verzogen,
Wenn auch zum viertenmal der Koͤnig thn betrogen;
Der wirft ſich fuͤhllos nun in einen Lehnſtuhl hin,
Und murmelt was daher von tiefverſtecktem Sinn.
Kein Sterblicher verſtehts, in Buͤchern iſts zu leſen;
Jm
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="15">
              <pb facs="#f0029" n="21"/>
              <fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</fw><lb/>
              <l>Mit die&#x017F;em Schnupftuch &#x017F;elb&#x017F;t ein Staatsge&#x017F;angner</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eyn?</hi> </l><lb/>
              <l>Denn &#x017F;o &#x017F;ehr hart war Strom, er &#x017F;chloß zur Straf</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ihn ein.</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l>O Mu&#x017F;e, laß uns mit bis in &#x017F;ein Zimmer dringen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;eine Ra&#x017F;erey, und &#x017F;eine Klagen &#x017F;ingen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="17">
              <l>Der Graf, der &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o frey den gro&#x0364;ßten Muth</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">gezeigt;</hi> </l><lb/>
              <l>Der Spro&#x0364;de ba&#x0364;ndigte, Hochmu&#x0364;thige gebeugt;</l><lb/>
              <l>Der zwar dem Thor oft glich, doch Thoren &#x017F;tets be-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">kriegte;</hi> </l><lb/>
              <l>Und bald mit dem Ver&#x017F;tand, bald mit der We&#x017F;te &#x017F;iegte;</l><lb/>
              <l>Ein Spieler ohne Fluch, auch wenn er was ver&#x017F;ah;</l><lb/>
              <l>Der mit Gela&#x017F;&#x017F;enheit die Bank &#x017F;ich &#x017F;prengen &#x017F;ah;</l><lb/>
              <l>Und welcher &#x017F;ein Ge&#x017F;icht kein einzigmal verzogen,</l><lb/>
              <l>Wenn auch zum viertenmal der Ko&#x0364;nig thn betrogen;</l><lb/>
              <l>Der wirft &#x017F;ich fu&#x0364;hllos nun in einen Lehn&#x017F;tuhl hin,</l><lb/>
              <l>Und murmelt was daher von tiefver&#x017F;tecktem Sinn.</l><lb/>
              <l>Kein Sterblicher ver&#x017F;tehts, in Bu&#x0364;chern i&#x017F;ts zu le&#x017F;en;</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">B 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Jm</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0029] Erſter Geſang. Mit dieſem Schnupftuch ſelbſt ein Staatsgeſangner ſeyn? Denn ſo ſehr hart war Strom, er ſchloß zur Straf ihn ein. O Muſe, laß uns mit bis in ſein Zimmer dringen, Und ſeine Raſerey, und ſeine Klagen ſingen. Der Graf, der ſonſt ſo frey den groͤßten Muth gezeigt; Der Sproͤde baͤndigte, Hochmuͤthige gebeugt; Der zwar dem Thor oft glich, doch Thoren ſtets be- kriegte; Und bald mit dem Verſtand, bald mit der Weſte ſiegte; Ein Spieler ohne Fluch, auch wenn er was verſah; Der mit Gelaſſenheit die Bank ſich ſprengen ſah; Und welcher ſein Geſicht kein einzigmal verzogen, Wenn auch zum viertenmal der Koͤnig thn betrogen; Der wirft ſich fuͤhllos nun in einen Lehnſtuhl hin, Und murmelt was daher von tiefverſtecktem Sinn. Kein Sterblicher verſtehts, in Buͤchern iſts zu leſen; Jm B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/29
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/29>, abgerufen am 19.04.2024.