Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Das Schnupftuch. Jndem ihm schneller Zorn aus schwarzen Augen blitzt,Der Graf soll alsobald das Schnupftuch wiedergeben! God dam my! man soll mir so kühn nicht widerstreben, Jch wills! -- er winket ihm mit wilder Gravität, Die voller Ernst gebeut, und die der Graf versteht. So mächtig sitzt Neptun auf seinem Muschelwagen, Wenn ihn durch Fluth und Sturm die Wasserpferde tragen, Und vor des Dreyzacks Macht, und seiner Augen Glühn Die Kinder Aeolus in ihre Höhlen fliehn. Der Graf wagt es nicht mehr, noch einmal ihn zu bit- ten; Es ward durch Schmeicheln nie dies Felsenherz be- stritten; Er bückt sich, schweigt, und geht; thut standhaft, als ein Heid, Da ihm vor Lieb und Zorn schon eine Thrän entfällt. Was sollt er ietzo thun? Mit stolzem Muth sich wehren, Und eine Woche lang das Taschengeld entbehren? Mit
Das Schnupftuch. Jndem ihm ſchneller Zorn aus ſchwarzen Augen blitzt,Der Graf ſoll alſobald das Schnupftuch wiedergeben! God dam my! man ſoll mir ſo kuͤhn nicht widerſtreben, Jch wills! — er winket ihm mit wilder Gravitaͤt, Die voller Ernſt gebeut, und die der Graf verſteht. So maͤchtig ſitzt Neptun auf ſeinem Muſchelwagen, Wenn ihn durch Fluth und Sturm die Waſſerpferde tragen, Und vor des Dreyzacks Macht, und ſeiner Augen Gluͤhn Die Kinder Aeolus in ihre Hoͤhlen fliehn. Der Graf wagt es nicht mehr, noch einmal ihn zu bit- ten; Es ward durch Schmeicheln nie dies Felſenherz be- ſtritten; Er buͤckt ſich, ſchweigt, und geht; thut ſtandhaft, als ein Heid, Da ihm vor Lieb und Zorn ſchon eine Thraͤn entfaͤllt. Was ſollt er ietzo thun? Mit ſtolzem Muth ſich wehren, Und eine Woche lang das Taſchengeld entbehren? Mit
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Das Schnupftuch.
Jndem ihm ſchneller Zorn aus ſchwarzen Augen blitzt,
Der Graf ſoll alſobald das Schnupftuch wiedergeben!
God dam my! man ſoll mir ſo kuͤhn nicht widerſtreben,
Jch wills! — er winket ihm mit wilder Gravitaͤt,
Die voller Ernſt gebeut, und die der Graf verſteht.
So maͤchtig ſitzt Neptun auf ſeinem Muſchelwagen,
Wenn ihn durch Fluth und Sturm die Waſſerpferde
tragen,
Und vor des Dreyzacks Macht, und ſeiner Augen Gluͤhn
Die Kinder Aeolus in ihre Hoͤhlen fliehn.
Der Graf wagt es nicht mehr, noch einmal ihn zu bit-
ten;
Es ward durch Schmeicheln nie dies Felſenherz be-
ſtritten;
Er buͤckt ſich, ſchweigt, und geht; thut ſtandhaft, als
ein Heid,
Da ihm vor Lieb und Zorn ſchon eine Thraͤn entfaͤllt.
Was ſollt er ietzo thun? Mit ſtolzem Muth ſich wehren,
Und eine Woche lang das Taſchengeld entbehren?
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Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/28>, abgerufen am 16.02.2025. |