Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyter Gesang.
Jetzt eröfnet Lisette das Fenster; sie faßet den Körper
Bey dem hintersten Bein, und wirft ihn zum Fenster
herunter
Auf den schimpflichen Mist. So stürzten die Statuen
ehmals
Eines Tyrannen herab; so ward das Schrecken der
Römer
Nun ein verstümmelter Rumpf, in faule Canäle ge-
schmissen.

Fern vom traurigen Zimmer befand sich indessen
Rosaura
Bey dem gütigen Alten, der sie mit holden Gesprächen,
Von anmuthigen Reisen ins Bad, zu trösten bemüht
war,
Jhr Geschenke versprach von neuen modischen Stoffen,
Und mit Soucis, und Lila, und Dauphine sie erfreute.
Muntrer kam sie zu ihrem Gemach; des Lieblings ver-
gessend,
Denket sie nicht an sein Grab, und setzt zum Putze sich
nieder.
Schachteln giengen da auf, und Büchsen wurden eröfnet;
Eisen glühten in schwarzen Vulkanen; und Wolken von
Puder
Wälzten sich gegen die Sonne; dann rollte die rasselnde
Kutsche
Glän-

Zweyter Geſang.
Jetzt eroͤfnet Liſette das Fenſter; ſie faßet den Koͤrper
Bey dem hinterſten Bein, und wirft ihn zum Fenſter
herunter
Auf den ſchimpflichen Miſt. So ſtuͤrzten die Statuen
ehmals
Eines Tyrannen herab; ſo ward das Schrecken der
Roͤmer
Nun ein verſtuͤmmelter Rumpf, in faule Canaͤle ge-
ſchmiſſen.

Fern vom traurigen Zimmer befand ſich indeſſen
Roſaura
Bey dem guͤtigen Alten, der ſie mit holden Geſpraͤchen,
Von anmuthigen Reiſen ins Bad, zu troͤſten bemuͤht
war,
Jhr Geſchenke verſprach von neuen modiſchen Stoffen,
Und mit Soucis, und Lila, und Dauphine ſie erfreute.
Muntrer kam ſie zu ihrem Gemach; des Lieblings ver-
geſſend,
Denket ſie nicht an ſein Grab, und ſetzt zum Putze ſich
nieder.
Schachteln giengen da auf, und Buͤchſen wurden eroͤfnet;
Eiſen gluͤhten in ſchwarzen Vulkanen; und Wolken von
Puder
Waͤlzten ſich gegen die Sonne; dann rollte die raſſelnde
Kutſche
Glaͤn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="2">
              <pb facs="#f0151" n="143"/>
              <fw place="top" type="header">Zweyter Ge&#x017F;ang.</fw><lb/>
              <l>Jetzt ero&#x0364;fnet Li&#x017F;ette das Fen&#x017F;ter; &#x017F;ie faßet den Ko&#x0364;rper</l><lb/>
              <l>Bey dem hinter&#x017F;ten Bein, und wirft ihn zum Fen&#x017F;ter</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">herunter</hi> </l><lb/>
              <l>Auf den &#x017F;chimpflichen Mi&#x017F;t. So &#x017F;tu&#x0364;rzten die Statuen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ehmals</hi> </l><lb/>
              <l>Eines Tyrannen herab; &#x017F;o ward das Schrecken der</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Ro&#x0364;mer</hi> </l><lb/>
              <l>Nun ein ver&#x017F;tu&#x0364;mmelter Rumpf, in faule Cana&#x0364;le ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chmi&#x017F;&#x017F;en.</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Fern vom traurigen Zimmer befand &#x017F;ich inde&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Ro&#x017F;aura</hi> </l><lb/>
              <l>Bey dem gu&#x0364;tigen Alten, der &#x017F;ie mit holden Ge&#x017F;pra&#x0364;chen,</l><lb/>
              <l>Von anmuthigen Rei&#x017F;en ins Bad, zu tro&#x0364;&#x017F;ten bemu&#x0364;ht</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">war,</hi> </l><lb/>
              <l>Jhr Ge&#x017F;chenke ver&#x017F;prach von neuen modi&#x017F;chen Stoffen,</l><lb/>
              <l>Und mit Soucis, und Lila, und Dauphine &#x017F;ie erfreute.</l><lb/>
              <l>Muntrer kam &#x017F;ie zu ihrem Gemach; des Lieblings ver-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ge&#x017F;&#x017F;end,</hi> </l><lb/>
              <l>Denket &#x017F;ie nicht an &#x017F;ein Grab, und &#x017F;etzt zum Putze &#x017F;ich</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">nieder.</hi> </l><lb/>
              <l>Schachteln giengen da auf, und Bu&#x0364;ch&#x017F;en wurden ero&#x0364;fnet;</l><lb/>
              <l>Ei&#x017F;en glu&#x0364;hten in &#x017F;chwarzen Vulkanen; und Wolken von</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Puder</hi> </l><lb/>
              <l>Wa&#x0364;lzten &#x017F;ich gegen die Sonne; dann rollte die ra&#x017F;&#x017F;elnde</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Kut&#x017F;che</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Gla&#x0364;n-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0151] Zweyter Geſang. Jetzt eroͤfnet Liſette das Fenſter; ſie faßet den Koͤrper Bey dem hinterſten Bein, und wirft ihn zum Fenſter herunter Auf den ſchimpflichen Miſt. So ſtuͤrzten die Statuen ehmals Eines Tyrannen herab; ſo ward das Schrecken der Roͤmer Nun ein verſtuͤmmelter Rumpf, in faule Canaͤle ge- ſchmiſſen. Fern vom traurigen Zimmer befand ſich indeſſen Roſaura Bey dem guͤtigen Alten, der ſie mit holden Geſpraͤchen, Von anmuthigen Reiſen ins Bad, zu troͤſten bemuͤht war, Jhr Geſchenke verſprach von neuen modiſchen Stoffen, Und mit Soucis, und Lila, und Dauphine ſie erfreute. Muntrer kam ſie zu ihrem Gemach; des Lieblings ver- geſſend, Denket ſie nicht an ſein Grab, und ſetzt zum Putze ſich nieder. Schachteln giengen da auf, und Buͤchſen wurden eroͤfnet; Eiſen gluͤhten in ſchwarzen Vulkanen; und Wolken von Puder Waͤlzten ſich gegen die Sonne; dann rollte die raſſelnde Kutſche Glaͤn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/151
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/151>, abgerufen am 23.11.2024.