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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

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Erster Gesang.
Regt kein Leben sich mehr in dir? Und haben auf ewig
Deine grünen funkelnden Augen für mich sich geschlos-
sen?
Werd' ich dir nicht mehr den Knebelbart streicheln, und
nicht mehr im Dunkeln
Feuer dem seidenen Haar entlocken? und wirst du mich
nicht mehr
Mit dem krummen Buckel, mit scherzenden Sprüngen
ergötzen?
Also Rosaura -- Die Zofe fuhr fort: Du Krone der
Kater,
O wie vornehm sahest du aus! Ganz anders, wie Kater
Niedrer Bauren im Dorf! Dein rothes schimmerndes
Halsband
Wurde von allen Katzen im ganzen Umkreiß beneidet.
O wie artig ließ es dir nicht! Nun sollst du vermodern,
Und das schöne Halsband mit dir? Das niedliche Hals-
band,
Nein! ich nehm es für mich! es soll nicht mit dir ver-
modern!
O wie rinnet dein purpurnes Blut nicht über dein
Haupt her!
Ja, du bist todt; Du bist es auf ewig, du armer Cy-
per!

Als sie dies sprach, erhub sich von neuem der
Fräulein Gewinsel,
Und
J 5

Erſter Geſang.
Regt kein Leben ſich mehr in dir? Und haben auf ewig
Deine gruͤnen funkelnden Augen fuͤr mich ſich geſchloſ-
ſen?
Werd’ ich dir nicht mehr den Knebelbart ſtreicheln, und
nicht mehr im Dunkeln
Feuer dem ſeidenen Haar entlocken? und wirſt du mich
nicht mehr
Mit dem krummen Buckel, mit ſcherzenden Spruͤngen
ergoͤtzen?
Alſo Roſaura — Die Zofe fuhr fort: Du Krone der
Kater,
O wie vornehm ſaheſt du aus! Ganz anders, wie Kater
Niedrer Bauren im Dorf! Dein rothes ſchimmerndes
Halsband
Wurde von allen Katzen im ganzen Umkreiß beneidet.
O wie artig ließ es dir nicht! Nun ſollſt du vermodern,
Und das ſchoͤne Halsband mit dir? Das niedliche Hals-
band,
Nein! ich nehm es fuͤr mich! es ſoll nicht mit dir ver-
modern!
O wie rinnet dein purpurnes Blut nicht uͤber dein
Haupt her!
Ja, du biſt todt; Du biſt es auf ewig, du armer Cy-
per!

Als ſie dies ſprach, erhub ſich von neuem der
Fraͤulein Gewinſel,
Und
J 5
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[137/0145] Erſter Geſang. Regt kein Leben ſich mehr in dir? Und haben auf ewig Deine gruͤnen funkelnden Augen fuͤr mich ſich geſchloſ- ſen? Werd’ ich dir nicht mehr den Knebelbart ſtreicheln, und nicht mehr im Dunkeln Feuer dem ſeidenen Haar entlocken? und wirſt du mich nicht mehr Mit dem krummen Buckel, mit ſcherzenden Spruͤngen ergoͤtzen? Alſo Roſaura — Die Zofe fuhr fort: Du Krone der Kater, O wie vornehm ſaheſt du aus! Ganz anders, wie Kater Niedrer Bauren im Dorf! Dein rothes ſchimmerndes Halsband Wurde von allen Katzen im ganzen Umkreiß beneidet. O wie artig ließ es dir nicht! Nun ſollſt du vermodern, Und das ſchoͤne Halsband mit dir? Das niedliche Hals- band, Nein! ich nehm es fuͤr mich! es ſoll nicht mit dir ver- modern! O wie rinnet dein purpurnes Blut nicht uͤber dein Haupt her! Ja, du biſt todt; Du biſt es auf ewig, du armer Cy- per! Als ſie dies ſprach, erhub ſich von neuem der Fraͤulein Gewinſel, Und J 5

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/145>, abgerufen am 23.11.2024.