Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Murner in der Hölle. Siehe, der Hund! Schon war er bereit, den Papenzu würgen! Doch Potz Stern! ich habe noch Kraft in den Knochen! da liegt er Todt, der gierige Räuber! Er thut es nicht wieder, ich wette! Also sprach er prahlend und stolz, und drohte noch drey- mal Mit dem knotichten Stock dem schon verblichenen Cyper. Aber das Fräulein weinete laut; ihr Antlitz verbarg sich Tief in ihr Schnupftuch, mit Thränen genetzt; sie fiel in den Lehnstuhl. Sage mir, Muse, die schmerzlichen Klagen des trau- rigen Fräuleins, Und vergiß nicht das laute Geheul der Zofe Lisette, Welche der Wiederhall ward von ihrem gnädigen Fräu- lein. Armes Cyperchen! (seufzete laut die holde Rosaura) Welch ein erbärmlicher Tod entreißet dich meiner Ge- sellschaft, So unrühmlich fällst du dahin in der Blüthe des Le- bens, Todtgeschlagen, mit einem Stock, unedel und grau- sam -- Todtgeschlagen von dem, der dich mir selber geschenket! Regt
Murner in der Hoͤlle. Siehe, der Hund! Schon war er bereit, den Papenzu wuͤrgen! Doch Potz Stern! ich habe noch Kraft in den Knochen! da liegt er Todt, der gierige Raͤuber! Er thut es nicht wieder, ich wette! Alſo ſprach er prahlend und ſtolz, und drohte noch drey- mal Mit dem knotichten Stock dem ſchon verblichenen Cyper. Aber das Fraͤulein weinete laut; ihr Antlitz verbarg ſich Tief in ihr Schnupftuch, mit Thraͤnen genetzt; ſie fiel in den Lehnſtuhl. Sage mir, Muſe, die ſchmerzlichen Klagen des trau- rigen Fraͤuleins, Und vergiß nicht das laute Geheul der Zofe Liſette, Welche der Wiederhall ward von ihrem gnaͤdigen Fraͤu- lein. Armes Cyperchen! (ſeufzete laut die holde Roſaura) Welch ein erbaͤrmlicher Tod entreißet dich meiner Ge- ſellſchaft, So unruͤhmlich faͤllſt du dahin in der Bluͤthe des Le- bens, Todtgeſchlagen, mit einem Stock, unedel und grau- ſam — Todtgeſchlagen von dem, der dich mir ſelber geſchenket! Regt
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Murner in der Hoͤlle.
Siehe, der Hund! Schon war er bereit, den Papen
zu wuͤrgen!
Doch Potz Stern! ich habe noch Kraft in den Knochen!
da liegt er
Todt, der gierige Raͤuber! Er thut es nicht wieder,
ich wette!
Alſo ſprach er prahlend und ſtolz, und drohte noch drey-
mal
Mit dem knotichten Stock dem ſchon verblichenen Cyper.
Aber das Fraͤulein weinete laut; ihr Antlitz verbarg
ſich
Tief in ihr Schnupftuch, mit Thraͤnen genetzt; ſie fiel
in den Lehnſtuhl.
Sage mir, Muſe, die ſchmerzlichen Klagen des trau-
rigen Fraͤuleins,
Und vergiß nicht das laute Geheul der Zofe Liſette,
Welche der Wiederhall ward von ihrem gnaͤdigen Fraͤu-
lein.
Armes Cyperchen! (ſeufzete laut die holde Roſaura)
Welch ein erbaͤrmlicher Tod entreißet dich meiner Ge-
ſellſchaft,
So unruͤhmlich faͤllſt du dahin in der Bluͤthe des Le-
bens,
Todtgeſchlagen, mit einem Stock, unedel und grau-
ſam —
Todtgeſchlagen von dem, der dich mir ſelber geſchenket!
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