Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Das Schnupftuch. Wer sieht den schönsten Mund, der ihn nicht feurig küßt,Wenn Schlummer, Lieb und Nacht, so sehr ihm gün- stig ist? Wie pries der frohe Graf die ungehofte Stunde! Schon nahte sich sein Mund dem allerschönsten Munde, Als er von hinten zu an einen Theetisch stieß, Und Caffeezeug und Tisch in einen Klumpen schmiß. Ein fürchterlicher Schall tönt durch das ganze Zimmer. Belind' erwacht, und schrie, und sah die theuren Trüm- mer Von ihrem Porcellan, und sah noch halb im Schlaf Mehr auf das Chaos hin, als auf den blassen Graf. Doch endlich sieht sie ihn zu ihren Füßen liegen. Sein Anblick macht ihr ietzt kein sonderlich Vergnügen; Graf! was führt dich hieher? Du siehst, ich bin allein, Und wie, du dringest dich zu meinem Zimmer ein? Welch eine freche That! Und wo ist denn Lisette? Hilf
Das Schnupftuch. Wer ſieht den ſchoͤnſten Mund, der ihn nicht feurig kuͤßt,Wenn Schlummer, Lieb und Nacht, ſo ſehr ihm guͤn- ſtig iſt? Wie pries der frohe Graf die ungehofte Stunde! Schon nahte ſich ſein Mund dem allerſchoͤnſten Munde, Als er von hinten zu an einen Theetiſch ſtieß, Und Caffeezeug und Tiſch in einen Klumpen ſchmiß. Ein fuͤrchterlicher Schall toͤnt durch das ganze Zimmer. Belind’ erwacht, und ſchrie, und ſah die theuren Truͤm- mer Von ihrem Porcellan, und ſah noch halb im Schlaf Mehr auf das Chaos hin, als auf den blaſſen Graf. Doch endlich ſieht ſie ihn zu ihren Fuͤßen liegen. Sein Anblick macht ihr ietzt kein ſonderlich Vergnuͤgen; Graf! was fuͤhrt dich hieher? Du ſiehſt, ich bin allein, Und wie, du dringeſt dich zu meinem Zimmer ein? Welch eine freche That! Und wo iſt denn Liſette? Hilf
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="9"> <pb facs="#f0104" n="96"/> <fw place="top" type="header">Das Schnupftuch.</fw><lb/> <l>Wer ſieht den ſchoͤnſten Mund, der ihn nicht feurig kuͤßt,</l><lb/> <l>Wenn Schlummer, Lieb und Nacht, ſo ſehr ihm guͤn-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſtig iſt?</hi> </l><lb/> <l>Wie pries der frohe Graf die ungehofte Stunde!</l><lb/> <l>Schon nahte ſich ſein Mund dem allerſchoͤnſten Munde,</l><lb/> <l>Als er von hinten zu an einen Theetiſch ſtieß,</l><lb/> <l>Und Caffeezeug und Tiſch in einen Klumpen ſchmiß.</l><lb/> <l>Ein fuͤrchterlicher Schall toͤnt durch das ganze Zimmer.</l><lb/> <l>Belind’ erwacht, und ſchrie, und ſah die theuren Truͤm-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">mer</hi> </l><lb/> <l>Von ihrem Porcellan, und ſah noch halb im Schlaf</l><lb/> <l>Mehr auf das Chaos hin, als auf den blaſſen Graf.</l><lb/> <l>Doch endlich ſieht ſie ihn zu ihren Fuͤßen liegen.</l><lb/> <l>Sein Anblick macht ihr ietzt kein ſonderlich Vergnuͤgen;</l><lb/> <l>Graf! was fuͤhrt dich hieher? Du ſiehſt, ich bin allein,</l><lb/> <l>Und wie, du dringeſt dich zu meinem Zimmer ein?</l><lb/> <l>Welch eine freche That! Und wo iſt denn Liſette?</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Hilf</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0104]
Das Schnupftuch.
Wer ſieht den ſchoͤnſten Mund, der ihn nicht feurig kuͤßt,
Wenn Schlummer, Lieb und Nacht, ſo ſehr ihm guͤn-
ſtig iſt?
Wie pries der frohe Graf die ungehofte Stunde!
Schon nahte ſich ſein Mund dem allerſchoͤnſten Munde,
Als er von hinten zu an einen Theetiſch ſtieß,
Und Caffeezeug und Tiſch in einen Klumpen ſchmiß.
Ein fuͤrchterlicher Schall toͤnt durch das ganze Zimmer.
Belind’ erwacht, und ſchrie, und ſah die theuren Truͤm-
mer
Von ihrem Porcellan, und ſah noch halb im Schlaf
Mehr auf das Chaos hin, als auf den blaſſen Graf.
Doch endlich ſieht ſie ihn zu ihren Fuͤßen liegen.
Sein Anblick macht ihr ietzt kein ſonderlich Vergnuͤgen;
Graf! was fuͤhrt dich hieher? Du ſiehſt, ich bin allein,
Und wie, du dringeſt dich zu meinem Zimmer ein?
Welch eine freche That! Und wo iſt denn Liſette?
Hilf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |