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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

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Drittes Buch.

Von Schrecken halb entseelt, sieht er sich flüßig werden.
Sein Seelenloses Haupt zerrinnt im Augenblick;
Allein die rechte Hand zieht störrisch sich zurück.
Durch vieles Schreiben hart, will sie sich nicht ver-
wandeln,

Und sucht, eh sie zergeht, noch etwas abzuhandeln.
Jhm war die rechte Hand an des Verstandes Statt;
Und ohne Kopf und Witz beschrieb sie manches Blatt.
Doch endlich, da bereits der ganze Leib zerrinnet,
Ward sie, wie Gallerte, auch nach und nach verdünnet;
Und Phöbus zog sogleich, als einen leichten Duft,
Durch seinen heißen Stral den Dichter in die Luft.
Er folgt den Stralen nach, und wartet mit Verlangen,
Bis in der kühlen Luft der Sonne Gluth vergangen.
Wenn er zufrieden dann noch in Gedanken reimt,
Und von Unsterblichkeit am Sternenhimmel träumt;
So sehn wir ihn als Dunst sich augenblicks entzünden,

Und
Q 3

Drittes Buch.

Von Schrecken halb entſeelt, ſieht er ſich fluͤßig werden.
Sein Seelenloſes Haupt zerrinnt im Augenblick;
Allein die rechte Hand zieht ſtoͤrriſch ſich zuruͤck.
Durch vieles Schreiben hart, will ſie ſich nicht ver-
wandeln,

Und ſucht, eh ſie zergeht, noch etwas abzuhandeln.
Jhm war die rechte Hand an des Verſtandes Statt;
Und ohne Kopf und Witz beſchrieb ſie manches Blatt.
Doch endlich, da bereits der ganze Leib zerrinnet,
Ward ſie, wie Gallerte, auch nach und nach verduͤnnet;
Und Phoͤbus zog ſogleich, als einen leichten Duft,
Durch ſeinen heißen Stral den Dichter in die Luft.
Er folgt den Stralen nach, und wartet mit Verlangen,
Bis in der kuͤhlen Luft der Sonne Gluth vergangen.
Wenn er zufrieden dann noch in Gedanken reimt,
Und von Unſterblichkeit am Sternenhimmel traͤumt;
So ſehn wir ihn als Dunſt ſich augenblicks entzuͤnden,

Und
Q 3
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[245/0309] Drittes Buch. Von Schrecken halb entſeelt, ſieht er ſich fluͤßig werden. Sein Seelenloſes Haupt zerrinnt im Augenblick; Allein die rechte Hand zieht ſtoͤrriſch ſich zuruͤck. Durch vieles Schreiben hart, will ſie ſich nicht ver- wandeln, Und ſucht, eh ſie zergeht, noch etwas abzuhandeln. Jhm war die rechte Hand an des Verſtandes Statt; Und ohne Kopf und Witz beſchrieb ſie manches Blatt. Doch endlich, da bereits der ganze Leib zerrinnet, Ward ſie, wie Gallerte, auch nach und nach verduͤnnet; Und Phoͤbus zog ſogleich, als einen leichten Duft, Durch ſeinen heißen Stral den Dichter in die Luft. Er folgt den Stralen nach, und wartet mit Verlangen, Bis in der kuͤhlen Luft der Sonne Gluth vergangen. Wenn er zufrieden dann noch in Gedanken reimt, Und von Unſterblichkeit am Sternenhimmel traͤumt; So ſehn wir ihn als Dunſt ſich augenblicks entzuͤnden, Und Q 3

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/309>, abgerufen am 25.11.2024.