Und sie vorsichtig kühlt, wenn sie der Stal erhitzet; Nahm dies mit Schrecken wahr, und lispelt ihm ins Ohr. Welch eine That nimmst du dir, Stutzer, grausam vor! Wie? Willst du ewig denn in dicken Büchern lernen, Und durch schulmäßgen Fleiß von Schönen dich ent- fernen? Sprich! warum gab man dir die Bücher prächtig mit? Wenn du sie lesen willst, was hilft der goldne Schnitt? Du hast die Bücher nur, den Bücherschrank zu zieren, Und hast ja Freunde gnung, die mit für dich studieren. Wie würden nicht auf dich die klugen Schönen schmähn, Wenn sie am Nachttisch dich mit Büchern sitzen sähn. Nein, werther Balamir, nur der ist klug zu nennen, Auf dessen seidnem Rock die Dressen schimmernd bren- nen. Wohlan! So kleide dich mit aller Sorgfalt an! Vergiß einmal den Fleiß, und eile vom Roman.
Für
Verwandlungen.
Und ſie vorſichtig kuͤhlt, wenn ſie der Stal erhitzet; Nahm dies mit Schrecken wahr, und liſpelt ihm ins Ohr. Welch eine That nimmſt du dir, Stutzer, grauſam vor! Wie? Willſt du ewig denn in dicken Buͤchern lernen, Und durch ſchulmaͤßgen Fleiß von Schoͤnen dich ent- fernen? Sprich! warum gab man dir die Buͤcher praͤchtig mit? Wenn du ſie leſen willſt, was hilft der goldne Schnitt? Du haſt die Buͤcher nur, den Buͤcherſchrank zu zieren, Und haſt ja Freunde gnung, die mit fuͤr dich ſtudieren. Wie wuͤrden nicht auf dich die klugen Schoͤnen ſchmaͤhn, Wenn ſie am Nachttiſch dich mit Buͤchern ſitzen ſaͤhn. Nein, werther Balamir, nur der iſt klug zu nennen, Auf deſſen ſeidnem Rock die Dreſſen ſchimmernd bren- nen. Wohlan! So kleide dich mit aller Sorgfalt an! Vergiß einmal den Fleiß, und eile vom Roman.
Fuͤr
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Verwandlungen.
Und ſie vorſichtig kuͤhlt, wenn ſie der Stal erhitzet;
Nahm dies mit Schrecken wahr, und liſpelt ihm ins
Ohr.
Welch eine That nimmſt du dir, Stutzer, grauſam vor!
Wie? Willſt du ewig denn in dicken Buͤchern lernen,
Und durch ſchulmaͤßgen Fleiß von Schoͤnen dich ent-
fernen?
Sprich! warum gab man dir die Buͤcher praͤchtig mit?
Wenn du ſie leſen willſt, was hilft der goldne Schnitt?
Du haſt die Buͤcher nur, den Buͤcherſchrank zu zieren,
Und haſt ja Freunde gnung, die mit fuͤr dich ſtudieren.
Wie wuͤrden nicht auf dich die klugen Schoͤnen
ſchmaͤhn,
Wenn ſie am Nachttiſch dich mit Buͤchern ſitzen ſaͤhn.
Nein, werther Balamir, nur der iſt klug zu nennen,
Auf deſſen ſeidnem Rock die Dreſſen ſchimmernd bren-
nen.
Wohlan! So kleide dich mit aller Sorgfalt an!
Vergiß einmal den Fleiß, und eile vom Roman.
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/240>, abgerufen am 16.02.2025.
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