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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

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Erstes Buch.

Von Reiz und Schönheit voll, vor Wangen und vor
Haar.

Doch seine Fläche lag im Chaos noch verborgen.
Noch schwärmten nicht um ihn die abgezehrten
Sorgen,

Die ein verliebter Brief, der oft zum Gähnen zwingt,
Und nach Talandern schmeckt, mit auf den Nachttisch
bringt.

Kein rasender Roman in güldnen Marmorbänden
Kein feurig Ritterbuch war in der Schöne Händen.
Noch herrschte der Geschmack. Der spätsten Zeiten Zier,
Racine, Despreaur, Voltaire, glänzten hier.
Auch standen hier bereit zu ihrem Unterrichte
Die Muster der Moral, und lehrenden Geschichte.
Oft, wenn in ihr Gemach die Morgensonne trat,
Warf Popens Lockenraub in prächtigem Format
Auf den beglänzten Tisch hochmüthig seinen Schatten.
Poeten, welche sich zu ihm gedränget hatten,

Sahn

Erſtes Buch.

Von Reiz und Schoͤnheit voll, vor Wangen und vor
Haar.

Doch ſeine Flaͤche lag im Chaos noch verborgen.
Noch ſchwaͤrmten nicht um ihn die abgezehrten
Sorgen,

Die ein verliebter Brief, der oft zum Gaͤhnen zwingt,
Und nach Talandern ſchmeckt, mit auf den Nachttiſch
bringt.

Kein raſender Roman in guͤldnen Marmorbaͤnden
Kein feurig Ritterbuch war in der Schoͤne Haͤnden.
Noch herrſchte der Geſchmack. Der ſpaͤtſten Zeiten Zier,
Racine, Despreaur, Voltaire, glaͤnzten hier.
Auch ſtanden hier bereit zu ihrem Unterrichte
Die Muſter der Moral, und lehrenden Geſchichte.
Oft, wenn in ihr Gemach die Morgenſonne trat,
Warf Popens Lockenraub in praͤchtigem Format
Auf den beglaͤnzten Tiſch hochmuͤthig ſeinen Schatten.
Poeten, welche ſich zu ihm gedraͤnget hatten,

Sahn
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[159/0223] Erſtes Buch. Von Reiz und Schoͤnheit voll, vor Wangen und vor Haar. Doch ſeine Flaͤche lag im Chaos noch verborgen. Noch ſchwaͤrmten nicht um ihn die abgezehrten Sorgen, Die ein verliebter Brief, der oft zum Gaͤhnen zwingt, Und nach Talandern ſchmeckt, mit auf den Nachttiſch bringt. Kein raſender Roman in guͤldnen Marmorbaͤnden Kein feurig Ritterbuch war in der Schoͤne Haͤnden. Noch herrſchte der Geſchmack. Der ſpaͤtſten Zeiten Zier, Racine, Despreaur, Voltaire, glaͤnzten hier. Auch ſtanden hier bereit zu ihrem Unterrichte Die Muſter der Moral, und lehrenden Geſchichte. Oft, wenn in ihr Gemach die Morgenſonne trat, Warf Popens Lockenraub in praͤchtigem Format Auf den beglaͤnzten Tiſch hochmuͤthig ſeinen Schatten. Poeten, welche ſich zu ihm gedraͤnget hatten, Sahn

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/223>, abgerufen am 21.11.2024.