Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Sechster Gesang.

Das größte Glück bleibt dein, Selinde bleibt dein eigen.
Du bist ein braver Kerl, und meiner Freundschaft
werth;

Umarme mich, Sylvan! und nun gebt mir mein Pferd.

Es ward herbey geführt; es hieng die schlaffen
Ohren,

Als hätt es allen Muth bey Raufbolds Fall verlohren.
Er setzt sich auf, und sang: Mein Leipzig, gute Nacht!
Das Echo wiederholt: Mein Leipzig, gute Nacht!
Calmuck jagt mit ihm fort; die großen Peitschen
knallen,

Daß in dem weiten Wald die Eichen wiederschallen.
Eh Phöbus Wagen noch ins Meer gesunken war,
Sah Halle diesen Held, und seine Brüderschaar.
Der siegende Sylvan eilt in die Stadt zurücke,
Und schenkt sich alsobald Selindens Thränenblicke.
O! welch ein Strom von Lust floß in der Schöne
Herz,

Vor kurzer Zeit zernagt vom allerschärfsten Schmerz!
Sie
K 5

Sechſter Geſang.

Das groͤßte Gluͤck bleibt dein, Selinde bleibt dein eigen.
Du biſt ein braver Kerl, und meiner Freundſchaft
werth;

Umarme mich, Sylvan! und nun gebt mir mein Pferd.

Es ward herbey gefuͤhrt; es hieng die ſchlaffen
Ohren,

Als haͤtt es allen Muth bey Raufbolds Fall verlohren.
Er ſetzt ſich auf, und ſang: Mein Leipzig, gute Nacht!
Das Echo wiederholt: Mein Leipzig, gute Nacht!
Calmuck jagt mit ihm fort; die großen Peitſchen
knallen,

Daß in dem weiten Wald die Eichen wiederſchallen.
Eh Phoͤbus Wagen noch ins Meer geſunken war,
Sah Halle dieſen Held, und ſeine Bruͤderſchaar.
Der ſiegende Sylvan eilt in die Stadt zuruͤcke,
Und ſchenkt ſich alſobald Selindens Thraͤnenblicke.
O! welch ein Strom von Luſt floß in der Schoͤne
Herz,

Vor kurzer Zeit zernagt vom allerſchaͤrfſten Schmerz!
Sie
K 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <l>
            <pb facs="#f0217" n="153"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sech&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw>
          </l><lb/>
          <l>Das gro&#x0364;ßte Glu&#x0364;ck bleibt dein, Selinde bleibt dein eigen.</l><lb/>
          <l>Du bi&#x017F;t ein braver Kerl, und meiner Freund&#x017F;chaft<lb/><hi rendition="#et">werth;</hi></l><lb/>
          <l>Umarme mich, Sylvan! und nun gebt mir mein Pferd.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Es ward herbey gefu&#x0364;hrt; es hieng die &#x017F;chlaffen<lb/><hi rendition="#et">Ohren,</hi></l><lb/>
          <l>Als ha&#x0364;tt es allen Muth bey Raufbolds Fall verlohren.</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;etzt &#x017F;ich auf, und &#x017F;ang: Mein Leipzig, gute Nacht!</l><lb/>
          <l>Das Echo wiederholt: Mein Leipzig, gute Nacht!</l><lb/>
          <l>Calmuck jagt mit ihm fort; die großen Peit&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">knallen,</hi></l><lb/>
          <l>Daß in dem weiten Wald die Eichen wieder&#x017F;challen.</l><lb/>
          <l>Eh Pho&#x0364;bus Wagen noch ins Meer ge&#x017F;unken war,</l><lb/>
          <l>Sah Halle die&#x017F;en Held, und &#x017F;eine Bru&#x0364;der&#x017F;chaar.</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;iegende Sylvan eilt in die Stadt zuru&#x0364;cke,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;chenkt &#x017F;ich al&#x017F;obald Selindens Thra&#x0364;nenblicke.</l><lb/>
          <l>O! welch ein Strom von Lu&#x017F;t floß in der Scho&#x0364;ne<lb/><hi rendition="#et">Herz,</hi></l><lb/>
          <l>Vor kurzer Zeit zernagt vom aller&#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten Schmerz!<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0217] Sechſter Geſang. Das groͤßte Gluͤck bleibt dein, Selinde bleibt dein eigen. Du biſt ein braver Kerl, und meiner Freundſchaft werth; Umarme mich, Sylvan! und nun gebt mir mein Pferd. Es ward herbey gefuͤhrt; es hieng die ſchlaffen Ohren, Als haͤtt es allen Muth bey Raufbolds Fall verlohren. Er ſetzt ſich auf, und ſang: Mein Leipzig, gute Nacht! Das Echo wiederholt: Mein Leipzig, gute Nacht! Calmuck jagt mit ihm fort; die großen Peitſchen knallen, Daß in dem weiten Wald die Eichen wiederſchallen. Eh Phoͤbus Wagen noch ins Meer geſunken war, Sah Halle dieſen Held, und ſeine Bruͤderſchaar. Der ſiegende Sylvan eilt in die Stadt zuruͤcke, Und ſchenkt ſich alſobald Selindens Thraͤnenblicke. O! welch ein Strom von Luſt floß in der Schoͤne Herz, Vor kurzer Zeit zernagt vom allerſchaͤrfſten Schmerz! Sie K 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/217
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/217>, abgerufen am 21.11.2024.