Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen. eine Welle s t in das andere Medium gegen o hin. Die Höhen derreflectirten und der fortgepflanzten Welle zusammen sind offenbar gleich der Höhe p n der ursprünglichen Welle. Je geringer der Un- terschied in der Dichtigkeit der beiden Medien ist, um so niedriger muss die zurücklaufende Welle im Vergleich zu der ankommenden sein, um so weniger wird sich dagegen die im zweiten Medium fort- schreitende Welle von der Welle im ersten Medium unterscheiden. Während aber die rücklaufende Welle, weil sie in dem Medium, das sie durcheilt, wieder dieselben Bedingungen antrifft wie die ankom- mende, von dieser sich nur in Bezug auf die Wellenhöhe unterschei- den kann, zeigt die fortgepflanzte Welle, die in einem neuen Medium verläuft, noch einen andern Unterschied, der sich unmittelbar aus unsern früheren Erörterungen ergiebt. Beim Uebergang in ein dich- teres Medium muss nämlich die Oscillationsdauer oder die Zeit, welche jedes Theilchen zu einer Hin- und Herbewegung braucht, dieselbe bleiben, denn die Schwingungen der Punkte des dichteren Mediums müssen sich den Schwingungen der Punkte des dünneren Mediums, durch die sie erregt werden, anpassen. Dagegen wird in dem dich- teren Medium jedes Theilchen bei seinem Hin- und Herschwingen einen grösseren Widerstand finden, da in dem dichteren Medium die einzelnen Punkte sich näher liegen. Es kann daher hier die Weg- länge, über die sich eine Oscillation von bestimmter Zeitdauer fort- pflanzt, nicht so gross sein als in dem dünneren Medium, das heisst die Wellenlänge muss in dem dichteren Medium abnehmen. Wenn sich aber die Wellenlänge vermindert, während die Oscillationsdauer dieselbe bleibt, so folgt, dass auch die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Welle in dem dichteren Wedium abnehmen muss. Wäh- rend die reflectirte Welle r i (Fig. 22) genau ebenso viel Zeit gebraucht, um wieder bei dem Punkte x anzukommen, als nöthig war, um die Strecke von x bis p zurückzulegen, braucht die fortgepflanzte Welle s t eine beträchtlich längere Zeit, um eine gleich lange Strecke p o zurückzulegen, und diese Verlangsamung der Geschwindigkeit nimmt zu mit dem Dichtigkeitsunterschied der beiden Medien. 42 Uebergang in ein dünneres Medium. Hiernach lassen sich auch diejenigen Erscheinungen leicht be- Denken wir uns zunächst eine Verdichtungswelle, die in einer Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen. eine Welle s t in das andere Medium gegen o hin. Die Höhen derreflectirten und der fortgepflanzten Welle zusammen sind offenbar gleich der Höhe p n der ursprünglichen Welle. Je geringer der Un- terschied in der Dichtigkeit der beiden Medien ist, um so niedriger muss die zurücklaufende Welle im Vergleich zu der ankommenden sein, um so weniger wird sich dagegen die im zweiten Medium fort- schreitende Welle von der Welle im ersten Medium unterscheiden. Während aber die rücklaufende Welle, weil sie in dem Medium, das sie durcheilt, wieder dieselben Bedingungen antrifft wie die ankom- mende, von dieser sich nur in Bezug auf die Wellenhöhe unterschei- den kann, zeigt die fortgepflanzte Welle, die in einem neuen Medium verläuft, noch einen andern Unterschied, der sich unmittelbar aus unsern früheren Erörterungen ergiebt. Beim Uebergang in ein dich- teres Medium muss nämlich die Oscillationsdauer oder die Zeit, welche jedes Theilchen zu einer Hin- und Herbewegung braucht, dieselbe bleiben, denn die Schwingungen der Punkte des dichteren Mediums müssen sich den Schwingungen der Punkte des dünneren Mediums, durch die sie erregt werden, anpassen. Dagegen wird in dem dich- teren Medium jedes Theilchen bei seinem Hin- und Herschwingen einen grösseren Widerstand finden, da in dem dichteren Medium die einzelnen Punkte sich näher liegen. Es kann daher hier die Weg- länge, über die sich eine Oscillation von bestimmter Zeitdauer fort- pflanzt, nicht so gross sein als in dem dünneren Medium, das heisst die Wellenlänge muss in dem dichteren Medium abnehmen. Wenn sich aber die Wellenlänge vermindert, während die Oscillationsdauer dieselbe bleibt, so folgt, dass auch die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Welle in dem dichteren Wedium abnehmen muss. Wäh- rend die reflectirte Welle r i (Fig. 22) genau ebenso viel Zeit gebraucht, um wieder bei dem Punkte x anzukommen, als nöthig war, um die Strecke von x bis p zurückzulegen, braucht die fortgepflanzte Welle s t eine beträchtlich längere Zeit, um eine gleich lange Strecke p o zurückzulegen, und diese Verlangsamung der Geschwindigkeit nimmt zu mit dem Dichtigkeitsunterschied der beiden Medien. 42 Uebergang in ein dünneres Medium. Hiernach lassen sich auch diejenigen Erscheinungen leicht be- Denken wir uns zunächst eine Verdichtungswelle, die in einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0078" n="56"/><fw place="top" type="header">Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen.</fw><lb/> eine Welle s t in das andere Medium gegen o hin. Die Höhen der<lb/> reflectirten und der fortgepflanzten Welle zusammen sind offenbar<lb/> gleich der Höhe p n der ursprünglichen Welle. 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Von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen im Allgemeinen.
eine Welle s t in das andere Medium gegen o hin. Die Höhen der
reflectirten und der fortgepflanzten Welle zusammen sind offenbar
gleich der Höhe p n der ursprünglichen Welle. Je geringer der Un-
terschied in der Dichtigkeit der beiden Medien ist, um so niedriger
muss die zurücklaufende Welle im Vergleich zu der ankommenden
sein, um so weniger wird sich dagegen die im zweiten Medium fort-
schreitende Welle von der Welle im ersten Medium unterscheiden.
Während aber die rücklaufende Welle, weil sie in dem Medium, das
sie durcheilt, wieder dieselben Bedingungen antrifft wie die ankom-
mende, von dieser sich nur in Bezug auf die Wellenhöhe unterschei-
den kann, zeigt die fortgepflanzte Welle, die in einem neuen Medium
verläuft, noch einen andern Unterschied, der sich unmittelbar aus
unsern früheren Erörterungen ergiebt. Beim Uebergang in ein dich-
teres Medium muss nämlich die Oscillationsdauer oder die Zeit, welche
jedes Theilchen zu einer Hin- und Herbewegung braucht, dieselbe
bleiben, denn die Schwingungen der Punkte des dichteren Mediums
müssen sich den Schwingungen der Punkte des dünneren Mediums,
durch die sie erregt werden, anpassen. Dagegen wird in dem dich-
teren Medium jedes Theilchen bei seinem Hin- und Herschwingen
einen grösseren Widerstand finden, da in dem dichteren Medium die
einzelnen Punkte sich näher liegen. Es kann daher hier die Weg-
länge, über die sich eine Oscillation von bestimmter Zeitdauer fort-
pflanzt, nicht so gross sein als in dem dünneren Medium, das heisst
die Wellenlänge muss in dem dichteren Medium abnehmen. Wenn
sich aber die Wellenlänge vermindert, während die Oscillationsdauer
dieselbe bleibt, so folgt, dass auch die Fortpflanzungsgeschwin-
digkeit der Welle in dem dichteren Wedium abnehmen muss. Wäh-
rend die reflectirte Welle r i (Fig. 22) genau ebenso viel Zeit gebraucht,
um wieder bei dem Punkte x anzukommen, als nöthig war, um die
Strecke von x bis p zurückzulegen, braucht die fortgepflanzte Welle s t
eine beträchtlich längere Zeit, um eine gleich lange Strecke p o
zurückzulegen, und diese Verlangsamung der Geschwindigkeit nimmt
zu mit dem Dichtigkeitsunterschied der beiden Medien.
Hiernach lassen sich auch diejenigen Erscheinungen leicht be-
greifen, welche entstehen, wenn sich eine schwingende Bewegung nicht
aus einem dünneren in ein dichteres Medium fortpflanzt, sondern wenn
sie umgekehrt aus einem dichteren in ein dünneres Medium
übergeht. Auch hier zerlegt sich die an der Grenze ankommende
Welle in eine fortschreitende und in eine rückschreitende oder reflec-
tirte Wellenbewegung.
Denken wir uns zunächst eine Verdichtungswelle, die in einer
Punktreihe a f (Fig. 23) vorwärts schreitet, treffe bei f auf das dün-
nere Medium f l, so wird bei dem Punkte f ein stärkeres Zusammen-
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