an, in allen ungleichartigen Atomen trete, wenn sie zusammentreffen, eine ähnliche Zerlegung der neutralen Elektricität ein, wie bei dem Contact verschiedener Metalle. Die chemische Verbindung der Atome sollte dann durch die Anziehung der entgegengesetzten Elektricitäten erfolgen. Die Reihe, in welche die einfachen Körper nach ihrer che- mischen Verwandtschaftskraft sich ordnen lassen, fiel daher nach der Ansicht von Berzelius mit der elektrischen Spannungsreihe derselben zusammen. Die hiernach von Berzelius aufgestellte Reihe ist aber im Einzelnen vielfach hypothetisch, da wir chemische Verbindungen zwischen in der Spannungsreihe einander nahe stehenden Körpern nicht herstellen können.
Wenn nun die Grotthuss'sche Theorie auch im allgemeinen von dem Vorgang der Elektrolyse eine Vorstellung giebt, so ist sie doch bei weitem nicht zureichend, um alle einzelnen bei derselben vorkommenden Erscheinungen zu erklären. Namentlich gilt dies in Bezug auf die Wanderung der Ionen und die s. g. elektrische Endos- mose. Um sich von dem ersten dieser Phänomene einigermaassen Re- chenschaft zu geben, nimmt daher Hittorf an, die Bewegung der entgegengesetzten Ionen geschehe mit verschiedener Geschwindigkeit. Während z. B. bei der Elektrolyse des Kupfervitriols das Anion Cu um 1/3 des Molecularabstands vom nächsten Atom gegen die Kathode vorrücke, bewege sich das Kation SO3 + O um 2/3 dieses Abstands nach der Anode hin, oder allgemein, das Verhältniss der Geschwin- digkeit beider Ionen sei
[Formel 1]
.
Wiedemann hat endlich durch die Anlehnung an das Princip der Erhaltung der Kraft den leitenden Gesichtspunkt für die Betrachtung der Elektrolyse zu gewinnen gesucht. Er geht davon aus, dass der grösste Theil der durch den Strom in dem Elektrolyten verrichteten Arbeit nicht nach aussen zum Vorschein komme, indem grossen Theils die verbrauchte durch gewonnene Arbeit wieder aufgewogen werde. Bei der Elektrolyse des Kupfervitriols zwischen Kupferelektroden wird z. B. die an der negativen Elektrode zur Abscheidung des Kupfers verbrauchte Arbeit durch die bei der Lösung einer äquivalenten Menge Kupfer an der positiven Elektrode gewonnene Arbeit ersetzt. Ausser- dem wird in jedem Molecül der ganzen Lösung zur Trennung der Ionen eine bestimmte Arbeit verbraucht; dieselbe Arbeit wird aber alsbald bei der Wiedervereinigung der Ionen mit denen der benach- barten Molecüle wieder gewonnen. Als äussere Arbeit bleibt daher nur 1) die Ueberführung einer bestimmten Menge Metall zur negativen Elektrode, 2) die Ueberführung einer bestimmten Menge Salzes zur positiven Elektrode, wo in Folge dessen die Lösung concentrirter wird, und 3) für den Fall, dass die Flüssigkeit durch eine poröse Scheidewand unterbrochen ist, die Ueberführung einer gewissen
Von der Elektricität.
an, in allen ungleichartigen Atomen trete, wenn sie zusammentreffen, eine ähnliche Zerlegung der neutralen Elektricität ein, wie bei dem Contact verschiedener Metalle. Die chemische Verbindung der Atome sollte dann durch die Anziehung der entgegengesetzten Elektricitäten erfolgen. Die Reihe, in welche die einfachen Körper nach ihrer che- mischen Verwandtschaftskraft sich ordnen lassen, fiel daher nach der Ansicht von Berzelius mit der elektrischen Spannungsreihe derselben zusammen. Die hiernach von Berzelius aufgestellte Reihe ist aber im Einzelnen vielfach hypothetisch, da wir chemische Verbindungen zwischen in der Spannungsreihe einander nahe stehenden Körpern nicht herstellen können.
Wenn nun die Grotthuss’sche Theorie auch im allgemeinen von dem Vorgang der Elektrolyse eine Vorstellung giebt, so ist sie doch bei weitem nicht zureichend, um alle einzelnen bei derselben vorkommenden Erscheinungen zu erklären. Namentlich gilt dies in Bezug auf die Wanderung der Ionen und die s. g. elektrische Endos- mose. Um sich von dem ersten dieser Phänomene einigermaassen Re- chenschaft zu geben, nimmt daher Hittorf an, die Bewegung der entgegengesetzten Ionen geschehe mit verschiedener Geschwindigkeit. Während z. B. bei der Elektrolyse des Kupfervitriols das Anion Cu um ⅓ des Molecularabstands vom nächsten Atom gegen die Kathode vorrücke, bewege sich das Kation SO3 + O um ⅔ dieses Abstands nach der Anode hin, oder allgemein, das Verhältniss der Geschwin- digkeit beider Ionen sei
[Formel 1]
.
Wiedemann hat endlich durch die Anlehnung an das Princip der Erhaltung der Kraft den leitenden Gesichtspunkt für die Betrachtung der Elektrolyse zu gewinnen gesucht. Er geht davon aus, dass der grösste Theil der durch den Strom in dem Elektrolyten verrichteten Arbeit nicht nach aussen zum Vorschein komme, indem grossen Theils die verbrauchte durch gewonnene Arbeit wieder aufgewogen werde. Bei der Elektrolyse des Kupfervitriols zwischen Kupferelektroden wird z. B. die an der negativen Elektrode zur Abscheidung des Kupfers verbrauchte Arbeit durch die bei der Lösung einer äquivalenten Menge Kupfer an der positiven Elektrode gewonnene Arbeit ersetzt. Ausser- dem wird in jedem Molecül der ganzen Lösung zur Trennung der Ionen eine bestimmte Arbeit verbraucht; dieselbe Arbeit wird aber alsbald bei der Wiedervereinigung der Ionen mit denen der benach- barten Molecüle wieder gewonnen. Als äussere Arbeit bleibt daher nur 1) die Ueberführung einer bestimmten Menge Metall zur negativen Elektrode, 2) die Ueberführung einer bestimmten Menge Salzes zur positiven Elektrode, wo in Folge dessen die Lösung concentrirter wird, und 3) für den Fall, dass die Flüssigkeit durch eine poröse Scheidewand unterbrochen ist, die Ueberführung einer gewissen
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[496/0518]
Von der Elektricität.
an, in allen ungleichartigen Atomen trete, wenn sie zusammentreffen,
eine ähnliche Zerlegung der neutralen Elektricität ein, wie bei dem
Contact verschiedener Metalle. Die chemische Verbindung der Atome
sollte dann durch die Anziehung der entgegengesetzten Elektricitäten
erfolgen. Die Reihe, in welche die einfachen Körper nach ihrer che-
mischen Verwandtschaftskraft sich ordnen lassen, fiel daher nach der
Ansicht von Berzelius mit der elektrischen Spannungsreihe derselben
zusammen. Die hiernach von Berzelius aufgestellte Reihe ist aber
im Einzelnen vielfach hypothetisch, da wir chemische Verbindungen
zwischen in der Spannungsreihe einander nahe stehenden Körpern
nicht herstellen können.
Wenn nun die Grotthuss’sche Theorie auch im allgemeinen
von dem Vorgang der Elektrolyse eine Vorstellung giebt, so ist sie
doch bei weitem nicht zureichend, um alle einzelnen bei derselben
vorkommenden Erscheinungen zu erklären. Namentlich gilt dies in
Bezug auf die Wanderung der Ionen und die s. g. elektrische Endos-
mose. Um sich von dem ersten dieser Phänomene einigermaassen Re-
chenschaft zu geben, nimmt daher Hittorf an, die Bewegung der
entgegengesetzten Ionen geschehe mit verschiedener Geschwindigkeit.
Während z. B. bei der Elektrolyse des Kupfervitriols das Anion Cu
um ⅓ des Molecularabstands vom nächsten Atom gegen die Kathode
vorrücke, bewege sich das Kation SO3 + O um ⅔ dieses Abstands
nach der Anode hin, oder allgemein, das Verhältniss der Geschwin-
digkeit beider Ionen sei [FORMEL].
Wiedemann hat endlich durch die Anlehnung an das Princip der
Erhaltung der Kraft den leitenden Gesichtspunkt für die Betrachtung
der Elektrolyse zu gewinnen gesucht. Er geht davon aus, dass der
grösste Theil der durch den Strom in dem Elektrolyten verrichteten
Arbeit nicht nach aussen zum Vorschein komme, indem grossen Theils
die verbrauchte durch gewonnene Arbeit wieder aufgewogen werde.
Bei der Elektrolyse des Kupfervitriols zwischen Kupferelektroden wird
z. B. die an der negativen Elektrode zur Abscheidung des Kupfers
verbrauchte Arbeit durch die bei der Lösung einer äquivalenten Menge
Kupfer an der positiven Elektrode gewonnene Arbeit ersetzt. Ausser-
dem wird in jedem Molecül der ganzen Lösung zur Trennung der
Ionen eine bestimmte Arbeit verbraucht; dieselbe Arbeit wird aber
alsbald bei der Wiedervereinigung der Ionen mit denen der benach-
barten Molecüle wieder gewonnen. Als äussere Arbeit bleibt daher
nur 1) die Ueberführung einer bestimmten Menge Metall zur negativen
Elektrode, 2) die Ueberführung einer bestimmten Menge Salzes zur
positiven Elektrode, wo in Folge dessen die Lösung concentrirter
wird, und 3) für den Fall, dass die Flüssigkeit durch eine poröse
Scheidewand unterbrochen ist, die Ueberführung einer gewissen
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/518>, abgerufen am 23.12.2024.
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