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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Elektricität.
motorische Elemente der Nerven und Muskeln annehmen, s. Lehrb. der Physiol. §. 185),
umgeben von einer leitenden Flüssigkeit. Auf dem senkrechten Durchschnitt eines
solchen Molecüls ist der Strömungsvorgang in Fig. 217 dargestellt. Von jedem Punkt
des positiven Theils der Oberfläche geht in der leitenden Umhüllungsschichte ein line-
[Abbildung] Fig. 217.
arer Strom nach einem correspondirenden Punkt des ne-
gativen Theils der Oberfläche. So entsteht über jeder
Begrenzung von + und -- ein System linearer Ströme,
das durchaus getrennt ist von den Stromsystemen der
andern Begrenzungen aller benachbarter Molecüle. Die In-
tensität der Ströme nimmt wieder ab mit der Länge der
Stromescurven: dicht an der Berührungsstelle ist diese
Länge = o, die Stromintensität also streng genommen
unendlich; 'nach aussen sinkt sie dann allmälich auf ein
Minimum ähnlich wie in dem in Fig. 216 dargestellten
Beispiel.

Für die thierisch-elektrischen Versuche ist der Fall
noch von besonderem Interesse, wo ein bogenförmiger Leiter an einen Körper oder
eine Fläche, die von Strömen durchflossen sind, angelegt wird. Ist der Bogen metal-
lisch, während der Körper, an den er angelegt wird, zu den Leitern zweiter Classe
gehört, so ist von vornherein klar, dass sich in denselben die Strömungscurven in
grösserer Dichte ergiessen werden, als sie in dem Theil des Leiters sind, an welchen
der Bogen angelegt wird. Ebenso ist aber auch ersichtlich, dass der Strom, der in
dem Bogen fliesst, keinerlei Maass der im Innern des ersten Leiters vorhandenen
elektromotorischen Kräfte gestattet. Es lässt sich immer nur angeben, welche elektro-
motorischen Kräfte auf der berührten Oberfläche vorhanden sein müssten, um die
gleiche Stromstärke in dem angelegten Bogen zu erzeugen. Man denkt sich also den
durch beliebig in seinem Innern vertheilte elektromotorische Kräfte wirksamen Leiter
durch eine elektromotorische Oberfläche ersetzt; der letzteren kann man dann wieder
einen linearen Draht, in welchem ein Strom von bestimmter Stärke verläuft, substituirt
denken; man hat so das Problem der Strombewegung in einem angelegten Bogen auf
das schon gelöste Problem der linearen Stromverzweigung zurückgeführt. Es können
hierauf unmittelbar die Formeln 4 und 5 in §. 315 angewandt werden, wenn man un-
ter J1 die Stromstärke in jenem substituirten linearen Leiter, unter J2 die Stromstärke
im angelegten Bogen, unter w1 den direct zu bestimmenden Widerstand des ersteren
Leiters und unter w2 den Widerstand des Bogens versteht. Hieraus kann dann E,
die elektromotorische Kraft jener wirksamen Oberfläche, berechnet werden. Diese giebt
aber natürlich keinen Aufschluss über diejenigen elektromotorischen Kräfte, die sich
im Innern des ersten Leiters befinden. Bei den thierisch-elektrischen Versuchen be-
dingt es nun ausserdem die ganze Anordnung der elektromotorischen Elemente, wie
sie nach der Theorie anzunehmen ist, dass nur diejenigen Elemente, welche von den
aufgesetzten Enden des ableitenden Bogens unmittelbar berührt werden, elektromotorisch
wirksam sein können. Denn in die Entfernung müssen die nahe bei einander befindlichen
positiven und negativen Oberflächen der Molecüle stets ihre Wirkungen aufheben. Bei
den Muskeln und Nerven bleibt daher an und für sich nur die Oberfläche wirksam.
Da nun die am Längsschnitt zu Tage liegenden Flächen der Elemente überwiegend
positiv, die am Querschnitt zu Tag liegenden überwiegend negativ sind, so muss bei
der Verbindung von Längs- und Querschnitt durch einen leitenden Bogen ein Strom vom
ersteren zum letzteren entstehen. Dagegen kann auf dem Längsschnitt für sich und
auf dem Querschnitt für sich, vorausgesetzt, dass die elektromotorischen Kräfte der

Von der Elektricität.
motorische Elemente der Nerven und Muskeln annehmen, s. Lehrb. der Physiol. §. 185),
umgeben von einer leitenden Flüssigkeit. Auf dem senkrechten Durchschnitt eines
solchen Molecüls ist der Strömungsvorgang in Fig. 217 dargestellt. Von jedem Punkt
des positiven Theils der Oberfläche geht in der leitenden Umhüllungsschichte ein line-
[Abbildung] Fig. 217.
arer Strom nach einem correspondirenden Punkt des ne-
gativen Theils der Oberfläche. So entsteht über jeder
Begrenzung von + und — ein System linearer Ströme,
das durchaus getrennt ist von den Stromsystemen der
andern Begrenzungen aller benachbarter Molecüle. Die In-
tensität der Ströme nimmt wieder ab mit der Länge der
Stromescurven: dicht an der Berührungsstelle ist diese
Länge = o, die Stromintensität also streng genommen
unendlich; 'nach aussen sinkt sie dann allmälich auf ein
Minimum ähnlich wie in dem in Fig. 216 dargestellten
Beispiel.

Für die thierisch-elektrischen Versuche ist der Fall
noch von besonderem Interesse, wo ein bogenförmiger Leiter an einen Körper oder
eine Fläche, die von Strömen durchflossen sind, angelegt wird. Ist der Bogen metal-
lisch, während der Körper, an den er angelegt wird, zu den Leitern zweiter Classe
gehört, so ist von vornherein klar, dass sich in denselben die Strömungscurven in
grösserer Dichte ergiessen werden, als sie in dem Theil des Leiters sind, an welchen
der Bogen angelegt wird. Ebenso ist aber auch ersichtlich, dass der Strom, der in
dem Bogen fliesst, keinerlei Maass der im Innern des ersten Leiters vorhandenen
elektromotorischen Kräfte gestattet. Es lässt sich immer nur angeben, welche elektro-
motorischen Kräfte auf der berührten Oberfläche vorhanden sein müssten, um die
gleiche Stromstärke in dem angelegten Bogen zu erzeugen. Man denkt sich also den
durch beliebig in seinem Innern vertheilte elektromotorische Kräfte wirksamen Leiter
durch eine elektromotorische Oberfläche ersetzt; der letzteren kann man dann wieder
einen linearen Draht, in welchem ein Strom von bestimmter Stärke verläuft, substituirt
denken; man hat so das Problem der Strombewegung in einem angelegten Bogen auf
das schon gelöste Problem der linearen Stromverzweigung zurückgeführt. Es können
hierauf unmittelbar die Formeln 4 und 5 in §. 315 angewandt werden, wenn man un-
ter J1 die Stromstärke in jenem substituirten linearen Leiter, unter J2 die Stromstärke
im angelegten Bogen, unter w1 den direct zu bestimmenden Widerstand des ersteren
Leiters und unter w2 den Widerstand des Bogens versteht. Hieraus kann dann E,
die elektromotorische Kraft jener wirksamen Oberfläche, berechnet werden. Diese giebt
aber natürlich keinen Aufschluss über diejenigen elektromotorischen Kräfte, die sich
im Innern des ersten Leiters befinden. Bei den thierisch-elektrischen Versuchen be-
dingt es nun ausserdem die ganze Anordnung der elektromotorischen Elemente, wie
sie nach der Theorie anzunehmen ist, dass nur diejenigen Elemente, welche von den
aufgesetzten Enden des ableitenden Bogens unmittelbar berührt werden, elektromotorisch
wirksam sein können. Denn in die Entfernung müssen die nahe bei einander befindlichen
positiven und negativen Oberflächen der Molecüle stets ihre Wirkungen aufheben. Bei
den Muskeln und Nerven bleibt daher an und für sich nur die Oberfläche wirksam.
Da nun die am Längsschnitt zu Tage liegenden Flächen der Elemente überwiegend
positiv, die am Querschnitt zu Tag liegenden überwiegend negativ sind, so muss bei
der Verbindung von Längs- und Querschnitt durch einen leitenden Bogen ein Strom vom
ersteren zum letzteren entstehen. Dagegen kann auf dem Längsschnitt für sich und
auf dem Querschnitt für sich, vorausgesetzt, dass die elektromotorischen Kräfte der

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[474/0496] Von der Elektricität. motorische Elemente der Nerven und Muskeln annehmen, s. Lehrb. der Physiol. §. 185), umgeben von einer leitenden Flüssigkeit. Auf dem senkrechten Durchschnitt eines solchen Molecüls ist der Strömungsvorgang in Fig. 217 dargestellt. Von jedem Punkt des positiven Theils der Oberfläche geht in der leitenden Umhüllungsschichte ein line- [Abbildung Fig. 217.] arer Strom nach einem correspondirenden Punkt des ne- gativen Theils der Oberfläche. So entsteht über jeder Begrenzung von + und — ein System linearer Ströme, das durchaus getrennt ist von den Stromsystemen der andern Begrenzungen aller benachbarter Molecüle. Die In- tensität der Ströme nimmt wieder ab mit der Länge der Stromescurven: dicht an der Berührungsstelle ist diese Länge = o, die Stromintensität also streng genommen unendlich; 'nach aussen sinkt sie dann allmälich auf ein Minimum ähnlich wie in dem in Fig. 216 dargestellten Beispiel. Für die thierisch-elektrischen Versuche ist der Fall noch von besonderem Interesse, wo ein bogenförmiger Leiter an einen Körper oder eine Fläche, die von Strömen durchflossen sind, angelegt wird. Ist der Bogen metal- lisch, während der Körper, an den er angelegt wird, zu den Leitern zweiter Classe gehört, so ist von vornherein klar, dass sich in denselben die Strömungscurven in grösserer Dichte ergiessen werden, als sie in dem Theil des Leiters sind, an welchen der Bogen angelegt wird. Ebenso ist aber auch ersichtlich, dass der Strom, der in dem Bogen fliesst, keinerlei Maass der im Innern des ersten Leiters vorhandenen elektromotorischen Kräfte gestattet. Es lässt sich immer nur angeben, welche elektro- motorischen Kräfte auf der berührten Oberfläche vorhanden sein müssten, um die gleiche Stromstärke in dem angelegten Bogen zu erzeugen. Man denkt sich also den durch beliebig in seinem Innern vertheilte elektromotorische Kräfte wirksamen Leiter durch eine elektromotorische Oberfläche ersetzt; der letzteren kann man dann wieder einen linearen Draht, in welchem ein Strom von bestimmter Stärke verläuft, substituirt denken; man hat so das Problem der Strombewegung in einem angelegten Bogen auf das schon gelöste Problem der linearen Stromverzweigung zurückgeführt. Es können hierauf unmittelbar die Formeln 4 und 5 in §. 315 angewandt werden, wenn man un- ter J1 die Stromstärke in jenem substituirten linearen Leiter, unter J2 die Stromstärke im angelegten Bogen, unter w1 den direct zu bestimmenden Widerstand des ersteren Leiters und unter w2 den Widerstand des Bogens versteht. Hieraus kann dann E, die elektromotorische Kraft jener wirksamen Oberfläche, berechnet werden. Diese giebt aber natürlich keinen Aufschluss über diejenigen elektromotorischen Kräfte, die sich im Innern des ersten Leiters befinden. Bei den thierisch-elektrischen Versuchen be- dingt es nun ausserdem die ganze Anordnung der elektromotorischen Elemente, wie sie nach der Theorie anzunehmen ist, dass nur diejenigen Elemente, welche von den aufgesetzten Enden des ableitenden Bogens unmittelbar berührt werden, elektromotorisch wirksam sein können. Denn in die Entfernung müssen die nahe bei einander befindlichen positiven und negativen Oberflächen der Molecüle stets ihre Wirkungen aufheben. Bei den Muskeln und Nerven bleibt daher an und für sich nur die Oberfläche wirksam. Da nun die am Längsschnitt zu Tage liegenden Flächen der Elemente überwiegend positiv, die am Querschnitt zu Tag liegenden überwiegend negativ sind, so muss bei der Verbindung von Längs- und Querschnitt durch einen leitenden Bogen ein Strom vom ersteren zum letzteren entstehen. Dagegen kann auf dem Längsschnitt für sich und auf dem Querschnitt für sich, vorausgesetzt, dass die elektromotorischen Kräfte der

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/496>, abgerufen am 23.12.2024.