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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Elektricität.
geht die in T1 durch Berührung mit Z1 erregte positive Elektricität
+ 20 auf K1 über, während die in Z2 durch Berührung mit T2 er-
regte negative Elektricität wieder zur Erde abfliesst, u. s. w. Man
erhält daher in einer solchen Säule folgende Zunahme der positiven
Elektricität von unten nach oben:

K2 = + 40
T2 = + 30
Z2 = + 20
K1 = + 20
T1 = + 10
Z1 = 0

Eine zur Erde abgeleitete Säule muss also an ihrem nicht ab-
geleiteten Ende eine doppelt so grosse elektrische Spannung zeigen,
als wenn beide Enden isolirt wären. Würde man umgekehrt K2 zur
Erde ableiten und Z1 isoliren, so würde sich nur negative Elektricität
über die Säule verbreiten, und diese würde am Ende Z1 eine Span-
nung = -- 40 besitzen.

Durch die Berührung verschiedener Metalle mit leitenden Flüssig-
keiten ist uns so die Gelegenheit geboten 1) fortdauernde elektrische
Ströme zu erhalten, und 2) die Menge der bei diesen Strömen frei
werdenden Elektricitätsmenge durch vielfache Verbindungen gleich-
artiger Combinationen von Metallen und Flüssigkeit beliebig zu stei-
gern. Man bezeichnet eine einzige Combination dieser Art als ein
galvanisches Element, eine Reihe in der vorhin angegebenen
Weise verbundener Elemente als eine galvanische Kette. Die
verschiedenen Formen galvanischer Ketten werden wir bei der Be-
trachtung der bewegten Elektrität (3. Cap.) besprechen.

Während man früher annahm, in den galvanischen Ketten werde die Elektrici-
tät bloss durch die Berührung der verschiedenartigen Metalle bewirkt, und die Flüs-
sigkeit diene nur als leitende Schichte, ist neuerdings vielfach die entgegengesetzte
Ansicht zur Geltung gekommen, wornach überhaupt nur Elektricität bei dem Contact
von Metallen und Flüssigkeiten (oder auch Gasen) erregt werde; und man nahm da-
her an, dass auch die bei der blossen Berührung verschiedener Metalle frei werdende
Elektricität in einer auf der Oberfläche der Metalle condensirten Feuchtigkeitsschichte
ihren Grund habe. Da die Flüssigkeiten durch die Elektricitätserregung stets eine
chemische Zersetzung erfahren, so drückte man diese Ansicht auch so aus: galvani-
sche Elektricität könne überhaupt nur durch chemische Zersetzung entstehen. Man
bezeichnete diese Ansicht gegenüber der Contacttheorie als die chemische
Theorie
. Man gieng dabei namentlich von dem Grundsatze aus, dass keine Kräfte
aus nichts entstehen können. Dies forderte aber die frühere Contacttheorie, welche
die in den galvanischen Ketten auftretende Elektricität der blossen Metallberüh-
rung zuschrieb. Die bei dem blossen Contact der Metalle auftretenden Erschei-
nungen widerstreiten dagegen dem Princip der Erhaltung der Kraft keineswegs, auch
wenn man sie, wie es oben geschehen ist, lediglich auf die verschiedene Anziehung

Von der Elektricität.
geht die in T1 durch Berührung mit Z1 erregte positive Elektricität
+ 20 auf K1 über, während die in Z2 durch Berührung mit T2 er-
regte negative Elektricität wieder zur Erde abfliesst, u. s. w. Man
erhält daher in einer solchen Säule folgende Zunahme der positiven
Elektricität von unten nach oben:

K2 = + 40
T2 = + 30
Z2 = + 20
K1 = + 20
T1 = + 10
Z1 = 0

Eine zur Erde abgeleitete Säule muss also an ihrem nicht ab-
geleiteten Ende eine doppelt so grosse elektrische Spannung zeigen,
als wenn beide Enden isolirt wären. Würde man umgekehrt K2 zur
Erde ableiten und Z1 isoliren, so würde sich nur negative Elektricität
über die Säule verbreiten, und diese würde am Ende Z1 eine Span-
nung = — 40 besitzen.

Durch die Berührung verschiedener Metalle mit leitenden Flüssig-
keiten ist uns so die Gelegenheit geboten 1) fortdauernde elektrische
Ströme zu erhalten, und 2) die Menge der bei diesen Strömen frei
werdenden Elektricitätsmenge durch vielfache Verbindungen gleich-
artiger Combinationen von Metallen und Flüssigkeit beliebig zu stei-
gern. Man bezeichnet eine einzige Combination dieser Art als ein
galvanisches Element, eine Reihe in der vorhin angegebenen
Weise verbundener Elemente als eine galvanische Kette. Die
verschiedenen Formen galvanischer Ketten werden wir bei der Be-
trachtung der bewegten Elektrität (3. Cap.) besprechen.

Während man früher annahm, in den galvanischen Ketten werde die Elektrici-
tät bloss durch die Berührung der verschiedenartigen Metalle bewirkt, und die Flüs-
sigkeit diene nur als leitende Schichte, ist neuerdings vielfach die entgegengesetzte
Ansicht zur Geltung gekommen, wornach überhaupt nur Elektricität bei dem Contact
von Metallen und Flüssigkeiten (oder auch Gasen) erregt werde; und man nahm da-
her an, dass auch die bei der blossen Berührung verschiedener Metalle frei werdende
Elektricität in einer auf der Oberfläche der Metalle condensirten Feuchtigkeitsschichte
ihren Grund habe. Da die Flüssigkeiten durch die Elektricitätserregung stets eine
chemische Zersetzung erfahren, so drückte man diese Ansicht auch so aus: galvani-
sche Elektricität könne überhaupt nur durch chemische Zersetzung entstehen. Man
bezeichnete diese Ansicht gegenüber der Contacttheorie als die chemische
Theorie
. Man gieng dabei namentlich von dem Grundsatze aus, dass keine Kräfte
aus nichts entstehen können. Dies forderte aber die frühere Contacttheorie, welche
die in den galvanischen Ketten auftretende Elektricität der blossen Metallberüh-
rung zuschrieb. Die bei dem blossen Contact der Metalle auftretenden Erschei-
nungen widerstreiten dagegen dem Princip der Erhaltung der Kraft keineswegs, auch
wenn man sie, wie es oben geschehen ist, lediglich auf die verschiedene Anziehung

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[448/0470] Von der Elektricität. geht die in T1 durch Berührung mit Z1 erregte positive Elektricität + 20 auf K1 über, während die in Z2 durch Berührung mit T2 er- regte negative Elektricität wieder zur Erde abfliesst, u. s. w. Man erhält daher in einer solchen Säule folgende Zunahme der positiven Elektricität von unten nach oben: K2 = + 40 T2 = + 30 Z2 = + 20 K1 = + 20 T1 = + 10 Z1 = 0 Eine zur Erde abgeleitete Säule muss also an ihrem nicht ab- geleiteten Ende eine doppelt so grosse elektrische Spannung zeigen, als wenn beide Enden isolirt wären. Würde man umgekehrt K2 zur Erde ableiten und Z1 isoliren, so würde sich nur negative Elektricität über die Säule verbreiten, und diese würde am Ende Z1 eine Span- nung = — 40 besitzen. Durch die Berührung verschiedener Metalle mit leitenden Flüssig- keiten ist uns so die Gelegenheit geboten 1) fortdauernde elektrische Ströme zu erhalten, und 2) die Menge der bei diesen Strömen frei werdenden Elektricitätsmenge durch vielfache Verbindungen gleich- artiger Combinationen von Metallen und Flüssigkeit beliebig zu stei- gern. Man bezeichnet eine einzige Combination dieser Art als ein galvanisches Element, eine Reihe in der vorhin angegebenen Weise verbundener Elemente als eine galvanische Kette. Die verschiedenen Formen galvanischer Ketten werden wir bei der Be- trachtung der bewegten Elektrität (3. Cap.) besprechen. Während man früher annahm, in den galvanischen Ketten werde die Elektrici- tät bloss durch die Berührung der verschiedenartigen Metalle bewirkt, und die Flüs- sigkeit diene nur als leitende Schichte, ist neuerdings vielfach die entgegengesetzte Ansicht zur Geltung gekommen, wornach überhaupt nur Elektricität bei dem Contact von Metallen und Flüssigkeiten (oder auch Gasen) erregt werde; und man nahm da- her an, dass auch die bei der blossen Berührung verschiedener Metalle frei werdende Elektricität in einer auf der Oberfläche der Metalle condensirten Feuchtigkeitsschichte ihren Grund habe. Da die Flüssigkeiten durch die Elektricitätserregung stets eine chemische Zersetzung erfahren, so drückte man diese Ansicht auch so aus: galvani- sche Elektricität könne überhaupt nur durch chemische Zersetzung entstehen. Man bezeichnete diese Ansicht gegenüber der Contacttheorie als die chemische Theorie. Man gieng dabei namentlich von dem Grundsatze aus, dass keine Kräfte aus nichts entstehen können. Dies forderte aber die frühere Contacttheorie, welche die in den galvanischen Ketten auftretende Elektricität der blossen Metallberüh- rung zuschrieb. Die bei dem blossen Contact der Metalle auftretenden Erschei- nungen widerstreiten dagegen dem Princip der Erhaltung der Kraft keineswegs, auch wenn man sie, wie es oben geschehen ist, lediglich auf die verschiedene Anziehung

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/470>, abgerufen am 22.12.2024.