Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
strahlen der Sonne jene organischen Verbindungen des Pflanzen- und Thierleibes entstehen können, welche bei ihrer natürlichen oder künst- lichen Verbrennung die gewöhnlichen irdischen Wärmequellen abgeben.
Die Wärmemenge, welche die Erde durch Bestrahlung von der Sonne zugeführt erhält, suchte Pouillet zu bestimmen, indem er ein mit Wasser gefülltes, aussen geschwärztes Metallgefäss eine gemessene Zeit lang von der Sonne senkrecht bestrahlen liess. Bringt man die durch Absorption in der Atmosphäre bewirkte Schwächung der Son- nenstrahlen in Abzug, so würde nach Pouillet 1 Quadratcentimeter der Erdoberfläche in 1 Min. 0,8816 Wärmeeinheiten, oder, wenn man annimmt, dass jeder Punkt der Erde täglich im Durchschnitt 12 Stun- den lang bestrahlt wird, in einem Jahr 231,684 Wärmeeinheiten em- pfangen. Denkt man sich diese Wärmemenge gleichmässig über die Erdoberfläche vertheilt, so würde sie eine Schichte Eis von 31 Meter Dicke zu schmelzen im Stande sein. Von dieser gesammten Sonnen- wärme werden aber ungefähr 2/5 von der Atmosphäre absorbirt, und von dem Rest kommt etwa ein Dritttheil auf die Bildung von Wasser- dünsten.
Die angeführten Versuche Pouillet's sind zum Theil auf hypothetische Vor- aussetzungen gegründet; überdies kann ihr Resultat schon wegen der Verallgemei- nerung sehr beschränkter Beobachtungen nur auf den Werth einer annähernden Schätzung Anspruch machen. Noch mehr gilt dies von andern Beobachtungen des nämlichen Physikers, aus denen er die Temperatur des Weltraums, die neben der Sonnenwärme die Temperatur an unserer Erdoberfläche bestimmt, zu ermitteln suchte. Er schätzt dieselbe zu -- 142°C.
Die Verbrennungswärme ist nur ein specieller Fall der schon283 Verbrennungs- wärme. im §. 267 abgehandelten chemischen Verbindungswärme. Dadurch aber dass der Sauerstoff ein wesentlicher Bestandtheil unserer Atmo- sphäre ist, kommen Verbindungen der Körper mit Sauerstoff in so unvergleichlich grösserer Ausdehnung vor als alle anderen chemischen Verbindungsprocesse, dass die letzteren als Wärmequelle gegenüber dem Verbrennungsprocess geradezu verschwindend sind. Unter den Verbrennungsprocessen nimmt nun die Verbrennung des Kohlenstoffs als solchen und in seinen Verbindungen die wichtigste Stelle ein. Gemäss dem in §. 267 entwickelten allgemeinen Gesetz, wornach zwei Körper, die in Verbindung treten, um so mehr Wärme entwickeln, in je loseren Verbindungen sie sich seither befanden, wird bei der Ver- bindung einer und derselben Menge von Kohlenstoff oder von Wasser- stoff, Schwefel u. s. w. mit einer gegebenen Menge Sauerstoff keines- wegs immer die gleiche Quantität Wärme entwickelt, sondern der Kohlenstoff als Element wird z. B. bei seiner Verbrennung eine grös- sere Wärmemenge liefern als dieselbe Quantität Kohlenstoff, wenn sie innerhalb irgend einer Verbindung, wie Cellulose, Zucker u. s. w. ver-
Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
strahlen der Sonne jene organischen Verbindungen des Pflanzen- und Thierleibes entstehen können, welche bei ihrer natürlichen oder künst- lichen Verbrennung die gewöhnlichen irdischen Wärmequellen abgeben.
Die Wärmemenge, welche die Erde durch Bestrahlung von der Sonne zugeführt erhält, suchte Pouillet zu bestimmen, indem er ein mit Wasser gefülltes, aussen geschwärztes Metallgefäss eine gemessene Zeit lang von der Sonne senkrecht bestrahlen liess. Bringt man die durch Absorption in der Atmosphäre bewirkte Schwächung der Son- nenstrahlen in Abzug, so würde nach Pouillet 1 Quadratcentimeter der Erdoberfläche in 1 Min. 0,8816 Wärmeeinheiten, oder, wenn man annimmt, dass jeder Punkt der Erde täglich im Durchschnitt 12 Stun- den lang bestrahlt wird, in einem Jahr 231,684 Wärmeeinheiten em- pfangen. Denkt man sich diese Wärmemenge gleichmässig über die Erdoberfläche vertheilt, so würde sie eine Schichte Eis von 31 Meter Dicke zu schmelzen im Stande sein. Von dieser gesammten Sonnen- wärme werden aber ungefähr ⅖ von der Atmosphäre absorbirt, und von dem Rest kommt etwa ein Dritttheil auf die Bildung von Wasser- dünsten.
Die angeführten Versuche Pouillet’s sind zum Theil auf hypothetische Vor- aussetzungen gegründet; überdies kann ihr Resultat schon wegen der Verallgemei- nerung sehr beschränkter Beobachtungen nur auf den Werth einer annähernden Schätzung Anspruch machen. Noch mehr gilt dies von andern Beobachtungen des nämlichen Physikers, aus denen er die Temperatur des Weltraums, die neben der Sonnenwärme die Temperatur an unserer Erdoberfläche bestimmt, zu ermitteln suchte. Er schätzt dieselbe zu — 142°C.
Die Verbrennungswärme ist nur ein specieller Fall der schon283 Verbrennungs- wärme. im §. 267 abgehandelten chemischen Verbindungswärme. Dadurch aber dass der Sauerstoff ein wesentlicher Bestandtheil unserer Atmo- sphäre ist, kommen Verbindungen der Körper mit Sauerstoff in so unvergleichlich grösserer Ausdehnung vor als alle anderen chemischen Verbindungsprocesse, dass die letzteren als Wärmequelle gegenüber dem Verbrennungsprocess geradezu verschwindend sind. Unter den Verbrennungsprocessen nimmt nun die Verbrennung des Kohlenstoffs als solchen und in seinen Verbindungen die wichtigste Stelle ein. Gemäss dem in §. 267 entwickelten allgemeinen Gesetz, wornach zwei Körper, die in Verbindung treten, um so mehr Wärme entwickeln, in je loseren Verbindungen sie sich seither befanden, wird bei der Ver- bindung einer und derselben Menge von Kohlenstoff oder von Wasser- stoff, Schwefel u. s. w. mit einer gegebenen Menge Sauerstoff keines- wegs immer die gleiche Quantität Wärme entwickelt, sondern der Kohlenstoff als Element wird z. B. bei seiner Verbrennung eine grös- sere Wärmemenge liefern als dieselbe Quantität Kohlenstoff, wenn sie innerhalb irgend einer Verbindung, wie Cellulose, Zucker u. s. w. ver-
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[421/0443]
Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
strahlen der Sonne jene organischen Verbindungen des Pflanzen- und
Thierleibes entstehen können, welche bei ihrer natürlichen oder künst-
lichen Verbrennung die gewöhnlichen irdischen Wärmequellen abgeben.
Die Wärmemenge, welche die Erde durch Bestrahlung von der
Sonne zugeführt erhält, suchte Pouillet zu bestimmen, indem er ein
mit Wasser gefülltes, aussen geschwärztes Metallgefäss eine gemessene
Zeit lang von der Sonne senkrecht bestrahlen liess. Bringt man die
durch Absorption in der Atmosphäre bewirkte Schwächung der Son-
nenstrahlen in Abzug, so würde nach Pouillet 1 Quadratcentimeter
der Erdoberfläche in 1 Min. 0,8816 Wärmeeinheiten, oder, wenn man
annimmt, dass jeder Punkt der Erde täglich im Durchschnitt 12 Stun-
den lang bestrahlt wird, in einem Jahr 231,684 Wärmeeinheiten em-
pfangen. Denkt man sich diese Wärmemenge gleichmässig über die
Erdoberfläche vertheilt, so würde sie eine Schichte Eis von 31 Meter
Dicke zu schmelzen im Stande sein. Von dieser gesammten Sonnen-
wärme werden aber ungefähr ⅖ von der Atmosphäre absorbirt, und
von dem Rest kommt etwa ein Dritttheil auf die Bildung von Wasser-
dünsten.
Die angeführten Versuche Pouillet’s sind zum Theil auf hypothetische Vor-
aussetzungen gegründet; überdies kann ihr Resultat schon wegen der Verallgemei-
nerung sehr beschränkter Beobachtungen nur auf den Werth einer annähernden
Schätzung Anspruch machen. Noch mehr gilt dies von andern Beobachtungen des
nämlichen Physikers, aus denen er die Temperatur des Weltraums, die neben der
Sonnenwärme die Temperatur an unserer Erdoberfläche bestimmt, zu ermitteln suchte.
Er schätzt dieselbe zu — 142°C.
Die Verbrennungswärme ist nur ein specieller Fall der schon
im §. 267 abgehandelten chemischen Verbindungswärme. Dadurch
aber dass der Sauerstoff ein wesentlicher Bestandtheil unserer Atmo-
sphäre ist, kommen Verbindungen der Körper mit Sauerstoff in so
unvergleichlich grösserer Ausdehnung vor als alle anderen chemischen
Verbindungsprocesse, dass die letzteren als Wärmequelle gegenüber
dem Verbrennungsprocess geradezu verschwindend sind. Unter den
Verbrennungsprocessen nimmt nun die Verbrennung des Kohlenstoffs
als solchen und in seinen Verbindungen die wichtigste Stelle ein.
Gemäss dem in §. 267 entwickelten allgemeinen Gesetz, wornach zwei
Körper, die in Verbindung treten, um so mehr Wärme entwickeln, in
je loseren Verbindungen sie sich seither befanden, wird bei der Ver-
bindung einer und derselben Menge von Kohlenstoff oder von Wasser-
stoff, Schwefel u. s. w. mit einer gegebenen Menge Sauerstoff keines-
wegs immer die gleiche Quantität Wärme entwickelt, sondern der
Kohlenstoff als Element wird z. B. bei seiner Verbrennung eine grös-
sere Wärmemenge liefern als dieselbe Quantität Kohlenstoff, wenn sie
innerhalb irgend einer Verbindung, wie Cellulose, Zucker u. s. w. ver-
283
Verbrennungs-
wärme.
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/443>, abgerufen am 23.12.2024.
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