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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Fortpflanzung der Wärme.
lung giebt und einen Spiegel anbringt, der verschiedentlich gegen die Thermosäule
und die Wärmequelle sich neigen lässt. Zur Nachweisung der Gesetze der Brechung
wird vor die Wärmequelle ein Prisma aus der betreffenden Substanz gebracht. Für
die Nachweisung der Absorption, Interferenz, Beugung, Polarisation und Doppelbre-
chung sind endlich die Methoden im wesentlichen dieselben wie beim Lichte: nur muss
man wo hier gewöhnlich das beobachtende Auge genügt dort den thermoelektrischen
Apparat zur Nachweisung der Wärme und ihrer Intensitätsgrade anwenden.

Eine besondere Betrachtung erheischt unter allen diesen Erschei-273
Diathermane
Körper. Das
Wärmespek-
trum.

nungen nur die Durchstrahlung der Körper und die hierbei geschehende
Absorption der Wärmestrahlen.

Wie die Körper dem Licht gegenüber in durchsichtige und un-
durchsichtige zerfallen, so sind sie auch für die Wärme durchgängig
oder undurchgängig; und wie die durchsichtigen Körper entweder
farblos oder gefärbt sind, so lassen auch die für Wärme durchgängi-
gen Körper entweder Wärmestrahlen jeder Brechbarkeit oder nur
solche von bestimmten Brechbarkeitsstufen hindurchtreten. Man unter-
scheidet hiernach die Körper in diathermane und in adiather-
mane
, und die diathermanen Körper zerfällt man in thermisch farb-
lose
und in thermisch gefärbte oder thermochroische. Ein voll-
kommen diathermaner und zugleich thermisch farbloser Körper ist das
Steinsalz. Ein fast vollkommen adiathermaner Körper ist der Kienruss.
Die meisten anderen Körper dagegen sind thermisch gefärbt, d. h. sie
absorbiren einen Theil der Wärmestrahlen, während sie einen anderen
hindurchlassen.

Bringt man vor eine Thermosäule ein Prisma aus einem diather-
manen Körper, z. B. aus Steinsalz, und lässt man auf das Prisma ei-
nen Lichtstrahl fallen, so wird der letztere in ein Farben- und Wär-
mespektrum auseinandergelegt. Untersucht man die Intensität der an
den verschiedenen Stellen des Spektrums vorhandenen Wärme, so fin-
det man, dass dieselbe im Roth am grössten ist, dann gegen die
brechbareren Strahlen allmälig abnimmt, und im Violett fast verschwin-
det. Dagegen ist in dem dunkeln Theil des Spektrums jenseits des
Roth noch eine Strecke weit Wärme nachweisbar. Die Wärmestrah-
len verhalten sich also entgegengesetzt wie die chemischen Strahlen:
während die letzteren über die Grenze der brechbarsten Lichtstrahlen
hinausreichen, zeigen die ersteren noch geringere Brechbarkeitsstufen
als die Lichtstrahlen von kleinster Brechbarkeit. Entwirft man somit
über einem Spektrum drei Curven, deren eine die Lichtwirkung, die
andere die chemische und die dritte die Wärmewirkung darstellt, so
ist die Curve der Lichtwirkung L die mittlere, sie nimmt den leuchten-
den Theil des Spektrums ein, in welchem wir die Stellen der Frauen-
hofer'schen Linien (A bis I) mit denselben Bezeichnungen wie in Fig. 119
(S. 244) versehen haben. Das Maximum dieser Curve liegt im Gelb;
die Curve der chemischen Wirkung C reicht rechts über das Spek-

Fortpflanzung der Wärme.
lung giebt und einen Spiegel anbringt, der verschiedentlich gegen die Thermosäule
und die Wärmequelle sich neigen lässt. Zur Nachweisung der Gesetze der Brechung
wird vor die Wärmequelle ein Prisma aus der betreffenden Substanz gebracht. Für
die Nachweisung der Absorption, Interferenz, Beugung, Polarisation und Doppelbre-
chung sind endlich die Methoden im wesentlichen dieselben wie beim Lichte: nur muss
man wo hier gewöhnlich das beobachtende Auge genügt dort den thermoelektrischen
Apparat zur Nachweisung der Wärme und ihrer Intensitätsgrade anwenden.

Eine besondere Betrachtung erheischt unter allen diesen Erschei-273
Diathermane
Körper. Das
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trum.

nungen nur die Durchstrahlung der Körper und die hierbei geschehende
Absorption der Wärmestrahlen.

Wie die Körper dem Licht gegenüber in durchsichtige und un-
durchsichtige zerfallen, so sind sie auch für die Wärme durchgängig
oder undurchgängig; und wie die durchsichtigen Körper entweder
farblos oder gefärbt sind, so lassen auch die für Wärme durchgängi-
gen Körper entweder Wärmestrahlen jeder Brechbarkeit oder nur
solche von bestimmten Brechbarkeitsstufen hindurchtreten. Man unter-
scheidet hiernach die Körper in diathermane und in adiather-
mane
, und die diathermanen Körper zerfällt man in thermisch farb-
lose
und in thermisch gefärbte oder thermochroische. Ein voll-
kommen diathermaner und zugleich thermisch farbloser Körper ist das
Steinsalz. Ein fast vollkommen adiathermaner Körper ist der Kienruss.
Die meisten anderen Körper dagegen sind thermisch gefärbt, d. h. sie
absorbiren einen Theil der Wärmestrahlen, während sie einen anderen
hindurchlassen.

Bringt man vor eine Thermosäule ein Prisma aus einem diather-
manen Körper, z. B. aus Steinsalz, und lässt man auf das Prisma ei-
nen Lichtstrahl fallen, so wird der letztere in ein Farben- und Wär-
mespektrum auseinandergelegt. Untersucht man die Intensität der an
den verschiedenen Stellen des Spektrums vorhandenen Wärme, so fin-
det man, dass dieselbe im Roth am grössten ist, dann gegen die
brechbareren Strahlen allmälig abnimmt, und im Violett fast verschwin-
det. Dagegen ist in dem dunkeln Theil des Spektrums jenseits des
Roth noch eine Strecke weit Wärme nachweisbar. Die Wärmestrah-
len verhalten sich also entgegengesetzt wie die chemischen Strahlen:
während die letzteren über die Grenze der brechbarsten Lichtstrahlen
hinausreichen, zeigen die ersteren noch geringere Brechbarkeitsstufen
als die Lichtstrahlen von kleinster Brechbarkeit. Entwirft man somit
über einem Spektrum drei Curven, deren eine die Lichtwirkung, die
andere die chemische und die dritte die Wärmewirkung darstellt, so
ist die Curve der Lichtwirkung L die mittlere, sie nimmt den leuchten-
den Theil des Spektrums ein, in welchem wir die Stellen der Frauen-
hofer’schen Linien (A bis I) mit denselben Bezeichnungen wie in Fig. 119
(S. 244) versehen haben. Das Maximum dieser Curve liegt im Gelb;
die Curve der chemischen Wirkung C reicht rechts über das Spek-

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[409/0431] Fortpflanzung der Wärme. lung giebt und einen Spiegel anbringt, der verschiedentlich gegen die Thermosäule und die Wärmequelle sich neigen lässt. Zur Nachweisung der Gesetze der Brechung wird vor die Wärmequelle ein Prisma aus der betreffenden Substanz gebracht. Für die Nachweisung der Absorption, Interferenz, Beugung, Polarisation und Doppelbre- chung sind endlich die Methoden im wesentlichen dieselben wie beim Lichte: nur muss man wo hier gewöhnlich das beobachtende Auge genügt dort den thermoelektrischen Apparat zur Nachweisung der Wärme und ihrer Intensitätsgrade anwenden. Eine besondere Betrachtung erheischt unter allen diesen Erschei- nungen nur die Durchstrahlung der Körper und die hierbei geschehende Absorption der Wärmestrahlen. 273 Diathermane Körper. Das Wärmespek- trum. Wie die Körper dem Licht gegenüber in durchsichtige und un- durchsichtige zerfallen, so sind sie auch für die Wärme durchgängig oder undurchgängig; und wie die durchsichtigen Körper entweder farblos oder gefärbt sind, so lassen auch die für Wärme durchgängi- gen Körper entweder Wärmestrahlen jeder Brechbarkeit oder nur solche von bestimmten Brechbarkeitsstufen hindurchtreten. Man unter- scheidet hiernach die Körper in diathermane und in adiather- mane, und die diathermanen Körper zerfällt man in thermisch farb- lose und in thermisch gefärbte oder thermochroische. Ein voll- kommen diathermaner und zugleich thermisch farbloser Körper ist das Steinsalz. Ein fast vollkommen adiathermaner Körper ist der Kienruss. Die meisten anderen Körper dagegen sind thermisch gefärbt, d. h. sie absorbiren einen Theil der Wärmestrahlen, während sie einen anderen hindurchlassen. Bringt man vor eine Thermosäule ein Prisma aus einem diather- manen Körper, z. B. aus Steinsalz, und lässt man auf das Prisma ei- nen Lichtstrahl fallen, so wird der letztere in ein Farben- und Wär- mespektrum auseinandergelegt. Untersucht man die Intensität der an den verschiedenen Stellen des Spektrums vorhandenen Wärme, so fin- det man, dass dieselbe im Roth am grössten ist, dann gegen die brechbareren Strahlen allmälig abnimmt, und im Violett fast verschwin- det. Dagegen ist in dem dunkeln Theil des Spektrums jenseits des Roth noch eine Strecke weit Wärme nachweisbar. Die Wärmestrah- len verhalten sich also entgegengesetzt wie die chemischen Strahlen: während die letzteren über die Grenze der brechbarsten Lichtstrahlen hinausreichen, zeigen die ersteren noch geringere Brechbarkeitsstufen als die Lichtstrahlen von kleinster Brechbarkeit. Entwirft man somit über einem Spektrum drei Curven, deren eine die Lichtwirkung, die andere die chemische und die dritte die Wärmewirkung darstellt, so ist die Curve der Lichtwirkung L die mittlere, sie nimmt den leuchten- den Theil des Spektrums ein, in welchem wir die Stellen der Frauen- hofer’schen Linien (A bis I) mit denselben Bezeichnungen wie in Fig. 119 (S. 244) versehen haben. Das Maximum dieser Curve liegt im Gelb; die Curve der chemischen Wirkung C reicht rechts über das Spek-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/431>, abgerufen am 04.05.2024.