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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Latente und specifische Wärme.
dung frei werdende oder die bei ihrer Zersetzung gebundene WärmeAequivalenten
verschiedener
Elemente.
Modul der
Metalloide.

misst, giebt keineswegs ein vollkommen richtiges Maass der chemi-
schen Verbindungswärme. Wir haben oben schon angeführt, dass z. B.
bei der Bildung des Jodwasserstoffs nicht Wärme frei sondern umge-
kehrt solche gebunden wird, weil die gleichzeitige Aenderung des Ag-
gregatzustandes die Wirkung der chemischen Anziehung wieder auf-
hebt. Aehnliche Verhältnisse wirken aber auch bei den anderen Ver-
bindungen modificirend ein. Wollen wir also für die der Affinitäts-
grösse der Körper wirklich entsprechende Wärmemenge ein Maass er-
halten, so müssen wir offenbar unter solchen Verhältnissen die Ver-
bindung eintreten lassen, unter denen die physikalische Beschaffenheit
der Körper annähernd dieselbe ist. Dies lässt sich nur bei den lös-
lichen
Verbindungen ausführen, indem man die Lösungen der zusam-
mengesetzten Stoffe zersetzt und die hierbei latent werdende Wärme
misst: genau ebenso viel Wärme würde natürlich entstanden sein, wenn
sich die Stoffe in der Lösung gebildet hätten. Auf diese Weise fan-
den Favre und Silvremann, dass die calorischen Aequivalente der
Metalle bei ihren Verbindungen mit den verschiedenen Metalloiden
sich um eine für jedes Metalloid constante Grösse unterscheiden. Be-
zeichnet man also die calorischen Aequivalente von Kalium, Natrium,
Zink in Bezug auf den Sauerstoff mit Ck, Cn, Cz, so ist das calo-
rische Aequivalent derselben Metalle in Bezug auf Chlor = Ck + Mc,
Cn + Mc, Cz + Mc, worin Mc eine aus den Versuchen zu be-
stimmende constante Zahl bedeutet. Aehnlich ist das calorische Aequi-
valent dieser Metalle in Bezug auf Schwefel = Ck + Ms, Cn + Ms,
Cz + Ms, u. s. w. Hat man also die calorischen Aequivalente nur
in Bezug auf den Sauerstoff ermittelt, so lassen sich dieselben in Be-
zug auf die übrigen Metalloide vorausbestimmen, wenn man nur die
constanten Differenzen Mc, Ms u. s. w. kennt. Man bezeichnet diese
für jedes Metalloid constante Differenz, die positiv oder negativ sein
kann, als den Modul der Metalloide.

Der Modul der verschiedenen Metalloide gegen Sauerstoff ist nach Favre und
Silvremann folgender:


Chlor + 20834Jod -- 4063
Brom + 9273Schwefel -- 25219

Die calorischen Aequivalente der verschiedenen Körper gegen Sauerstoff in Lö-
sungen sind aber folgende: Kalium 76238, Natrium 73510, Zink 35751, Eisen 32554,
Silber -- 2808. Aus diesen Zahlen und den oben angegebenen Werthen für den
Modul lassen sich die calorischen Aequivalente der Chlorüre, Sulfüre u. s. w. berech-
nen, wobei jedoch immer diejenige Wärmemenge vorausgesetzt ist, die frei wird, wenn
sich die Körper im gelösten Zustand verbinden.

Auf die wichtigste Form der chemischen Verbindungswärmen, auf die bei der Oxy-
dation der Körper frei werdende s. g. Verbrennungswärme müssen wir, da dieselbe
die wichtigste Wärmequelle ist, in dem 5. Cap., wo wir von dem Ursprung der
Wärme handeln, zurückkommen.


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Latente und specifische Wärme.
dung frei werdende oder die bei ihrer Zersetzung gebundene WärmeAequivalenten
verschiedener
Elemente.
Modul der
Metalloide.

misst, giebt keineswegs ein vollkommen richtiges Maass der chemi-
schen Verbindungswärme. Wir haben oben schon angeführt, dass z. B.
bei der Bildung des Jodwasserstoffs nicht Wärme frei sondern umge-
kehrt solche gebunden wird, weil die gleichzeitige Aenderung des Ag-
gregatzustandes die Wirkung der chemischen Anziehung wieder auf-
hebt. Aehnliche Verhältnisse wirken aber auch bei den anderen Ver-
bindungen modificirend ein. Wollen wir also für die der Affinitäts-
grösse der Körper wirklich entsprechende Wärmemenge ein Maass er-
halten, so müssen wir offenbar unter solchen Verhältnissen die Ver-
bindung eintreten lassen, unter denen die physikalische Beschaffenheit
der Körper annähernd dieselbe ist. Dies lässt sich nur bei den lös-
lichen
Verbindungen ausführen, indem man die Lösungen der zusam-
mengesetzten Stoffe zersetzt und die hierbei latent werdende Wärme
misst: genau ebenso viel Wärme würde natürlich entstanden sein, wenn
sich die Stoffe in der Lösung gebildet hätten. Auf diese Weise fan-
den Favre und Silvremann, dass die calorischen Aequivalente der
Metalle bei ihren Verbindungen mit den verschiedenen Metalloiden
sich um eine für jedes Metalloid constante Grösse unterscheiden. Be-
zeichnet man also die calorischen Aequivalente von Kalium, Natrium,
Zink in Bezug auf den Sauerstoff mit Ck, Cn, Cz, so ist das calo-
rische Aequivalent derselben Metalle in Bezug auf Chlor = Ck + Mc,
Cn + Mc, Cz + Mc, worin Mc eine aus den Versuchen zu be-
stimmende constante Zahl bedeutet. Aehnlich ist das calorische Aequi-
valent dieser Metalle in Bezug auf Schwefel = Ck + Ms, Cn + Ms,
Cz + Ms, u. s. w. Hat man also die calorischen Aequivalente nur
in Bezug auf den Sauerstoff ermittelt, so lassen sich dieselben in Be-
zug auf die übrigen Metalloide vorausbestimmen, wenn man nur die
constanten Differenzen Mc, Ms u. s. w. kennt. Man bezeichnet diese
für jedes Metalloid constante Differenz, die positiv oder negativ sein
kann, als den Modul der Metalloide.

Der Modul der verschiedenen Metalloide gegen Sauerstoff ist nach Favre und
Silvremann folgender:


Chlor + 20834Jod — 4063
Brom + 9273Schwefel — 25219

Die calorischen Aequivalente der verschiedenen Körper gegen Sauerstoff in Lö-
sungen sind aber folgende: Kalium 76238, Natrium 73510, Zink 35751, Eisen 32554,
Silber — 2808. Aus diesen Zahlen und den oben angegebenen Werthen für den
Modul lassen sich die calorischen Aequivalente der Chlorüre, Sulfüre u. s. w. berech-
nen, wobei jedoch immer diejenige Wärmemenge vorausgesetzt ist, die frei wird, wenn
sich die Körper im gelösten Zustand verbinden.

Auf die wichtigste Form der chemischen Verbindungswärmen, auf die bei der Oxy-
dation der Körper frei werdende s. g. Verbrennungswärme müssen wir, da dieselbe
die wichtigste Wärmequelle ist, in dem 5. Cap., wo wir von dem Ursprung der
Wärme handeln, zurückkommen.


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[403/0425] Latente und specifische Wärme. dung frei werdende oder die bei ihrer Zersetzung gebundene Wärme misst, giebt keineswegs ein vollkommen richtiges Maass der chemi- schen Verbindungswärme. Wir haben oben schon angeführt, dass z. B. bei der Bildung des Jodwasserstoffs nicht Wärme frei sondern umge- kehrt solche gebunden wird, weil die gleichzeitige Aenderung des Ag- gregatzustandes die Wirkung der chemischen Anziehung wieder auf- hebt. Aehnliche Verhältnisse wirken aber auch bei den anderen Ver- bindungen modificirend ein. Wollen wir also für die der Affinitäts- grösse der Körper wirklich entsprechende Wärmemenge ein Maass er- halten, so müssen wir offenbar unter solchen Verhältnissen die Ver- bindung eintreten lassen, unter denen die physikalische Beschaffenheit der Körper annähernd dieselbe ist. Dies lässt sich nur bei den lös- lichen Verbindungen ausführen, indem man die Lösungen der zusam- mengesetzten Stoffe zersetzt und die hierbei latent werdende Wärme misst: genau ebenso viel Wärme würde natürlich entstanden sein, wenn sich die Stoffe in der Lösung gebildet hätten. Auf diese Weise fan- den Favre und Silvremann, dass die calorischen Aequivalente der Metalle bei ihren Verbindungen mit den verschiedenen Metalloiden sich um eine für jedes Metalloid constante Grösse unterscheiden. Be- zeichnet man also die calorischen Aequivalente von Kalium, Natrium, Zink in Bezug auf den Sauerstoff mit Ck, Cn, Cz, so ist das calo- rische Aequivalent derselben Metalle in Bezug auf Chlor = Ck + Mc, Cn + Mc, Cz + Mc, worin Mc eine aus den Versuchen zu be- stimmende constante Zahl bedeutet. Aehnlich ist das calorische Aequi- valent dieser Metalle in Bezug auf Schwefel = Ck + Ms, Cn + Ms, Cz + Ms, u. s. w. Hat man also die calorischen Aequivalente nur in Bezug auf den Sauerstoff ermittelt, so lassen sich dieselben in Be- zug auf die übrigen Metalloide vorausbestimmen, wenn man nur die constanten Differenzen Mc, Ms u. s. w. kennt. Man bezeichnet diese für jedes Metalloid constante Differenz, die positiv oder negativ sein kann, als den Modul der Metalloide. Aequivalenten verschiedener Elemente. Modul der Metalloide. Der Modul der verschiedenen Metalloide gegen Sauerstoff ist nach Favre und Silvremann folgender: Chlor + 20834 Jod — 4063 Brom + 9273 Schwefel — 25219 Die calorischen Aequivalente der verschiedenen Körper gegen Sauerstoff in Lö- sungen sind aber folgende: Kalium 76238, Natrium 73510, Zink 35751, Eisen 32554, Silber — 2808. Aus diesen Zahlen und den oben angegebenen Werthen für den Modul lassen sich die calorischen Aequivalente der Chlorüre, Sulfüre u. s. w. berech- nen, wobei jedoch immer diejenige Wärmemenge vorausgesetzt ist, die frei wird, wenn sich die Körper im gelösten Zustand verbinden. Auf die wichtigste Form der chemischen Verbindungswärmen, auf die bei der Oxy- dation der Körper frei werdende s. g. Verbrennungswärme müssen wir, da dieselbe die wichtigste Wärmequelle ist, in dem 5. Cap., wo wir von dem Ursprung der Wärme handeln, zurückkommen. 26 *

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/425>, abgerufen am 23.12.2024.