Rückverwandlung in den festeren Aggregatzustand latente Wärme frei wird.
259 Constanz der Schmelz- und Siedepunkte.
Auf der Bindung freier Wärme beim Schmelzen fester und beim Verdampfen flüssiger Körper beruht die leicht zu beobachtende That- sache, dass die Temperatur des seinen Aggregatzustand wechselnden Körpers so lange unverändert bleibt, bis derselbe vollständig verflüs- sigt oder in Dampf verwandelt ist. Diese Constanz der Temperatur schmelzender und verdampfender Körper, die uns (§. 242) zur Bestim- mung der fixen Punkte des Thermometers diente, erklärt sich leicht aus dem oben aufgestellten Gesetz. Haben wir Eis von 0° und füh- ren wir demselben weitere Wärme zu, so schmilzt ein Theil des Ei- ses. Dadurch wird aber die zugeführte freie Wärme latent, das Ge- misch von Eis und Wasser behält also die Temperatur von 0°. Füh- ren wir noch weitere Wärme zu, so schmilzt ein weiterer Theil des Eises, der wieder die zu seiner Verflüssigung erforderliche Wärme latent macht. So wird daher die Temperatur trotz der fortdauernden Wärmezufuhr nicht über 0° steigen können, bis die ganze Eismasse verflüssigt ist. Aehnlich beobachtet man, dass die Temperatur eines schmelzenden Metalls constant bleibt, bis das Metall vollständig ge- schmolzen ist. Ist ein fester Körper durch Latentmachung einer ge- wissen Wärmemenge endlich in seiner ganzen Masse flüssig geworden, so steigt nun, wenn ihm weitere Wärme zugeführt wird, seine Tem- peratur, bis sie am Siedepunkt anlangt. Bei diesem erhält sie sich dann wieder trotz fortwährender Wärmezufuhr constant, bis die Flüs- sigkeit vollständig in Dampf verwandelt ist. Denn hat man z. B. Wasser von 100°, so wird jede demselben zugeführte weitere Wärme, indem sie latent wird, dazu verwandt einen Theil dieses Wassers in Dampf zu verwandeln, und die zugeführte freie Wärme wird erst dann nicht mehr gebunden, wenn sämmtliches Wasser verdampft ist.
Genau die nämliche Reihenfolge von Erscheinungen bietet sich dar, wenn man ein Gas durch Wärmeentziehung zuerst in den flüssi- gen Zustand und dann durch weitere Wärmeentziehung die Flüssig- keit in den festen Zustand verwandelt. Auch hier nimmt der Ueber- gang aus einem Aggregatzustand in den andern eine gewisse Zeit in Anspruch, und während dieser Zeit beobachtet man stets, dass die Temperatur constant bleibt: während also ein Gas flüssig und eine Flüssigkeit fest wird, bleibt trotz fortdauernder Wärmeentziehung die Temperatur unverändert. Die in §. 249 erwähnte Thatsache, dass unter 0° erkältetes Wasser, das durch eine Erschütterung plötzlich zu Eis wird, nun im Moment des Gefrierens sich auf 0° erwärmt, ist da- her ebenfalls durch das Freiwerden latenter Wärme bedingt.
260 Maass der Wärmemenge.
Um verschiedene Körper hinsichtlich der Wärme, die sie beim
Von der Wärme.
Rückverwandlung in den festeren Aggregatzustand latente Wärme frei wird.
259 Constanz der Schmelz- und Siedepunkte.
Auf der Bindung freier Wärme beim Schmelzen fester und beim Verdampfen flüssiger Körper beruht die leicht zu beobachtende That- sache, dass die Temperatur des seinen Aggregatzustand wechselnden Körpers so lange unverändert bleibt, bis derselbe vollständig verflüs- sigt oder in Dampf verwandelt ist. Diese Constanz der Temperatur schmelzender und verdampfender Körper, die uns (§. 242) zur Bestim- mung der fixen Punkte des Thermometers diente, erklärt sich leicht aus dem oben aufgestellten Gesetz. Haben wir Eis von 0° und füh- ren wir demselben weitere Wärme zu, so schmilzt ein Theil des Ei- ses. Dadurch wird aber die zugeführte freie Wärme latent, das Ge- misch von Eis und Wasser behält also die Temperatur von 0°. Füh- ren wir noch weitere Wärme zu, so schmilzt ein weiterer Theil des Eises, der wieder die zu seiner Verflüssigung erforderliche Wärme latent macht. So wird daher die Temperatur trotz der fortdauernden Wärmezufuhr nicht über 0° steigen können, bis die ganze Eismasse verflüssigt ist. Aehnlich beobachtet man, dass die Temperatur eines schmelzenden Metalls constant bleibt, bis das Metall vollständig ge- schmolzen ist. Ist ein fester Körper durch Latentmachung einer ge- wissen Wärmemenge endlich in seiner ganzen Masse flüssig geworden, so steigt nun, wenn ihm weitere Wärme zugeführt wird, seine Tem- peratur, bis sie am Siedepunkt anlangt. Bei diesem erhält sie sich dann wieder trotz fortwährender Wärmezufuhr constant, bis die Flüs- sigkeit vollständig in Dampf verwandelt ist. Denn hat man z. B. Wasser von 100°, so wird jede demselben zugeführte weitere Wärme, indem sie latent wird, dazu verwandt einen Theil dieses Wassers in Dampf zu verwandeln, und die zugeführte freie Wärme wird erst dann nicht mehr gebunden, wenn sämmtliches Wasser verdampft ist.
Genau die nämliche Reihenfolge von Erscheinungen bietet sich dar, wenn man ein Gas durch Wärmeentziehung zuerst in den flüssi- gen Zustand und dann durch weitere Wärmeentziehung die Flüssig- keit in den festen Zustand verwandelt. Auch hier nimmt der Ueber- gang aus einem Aggregatzustand in den andern eine gewisse Zeit in Anspruch, und während dieser Zeit beobachtet man stets, dass die Temperatur constant bleibt: während also ein Gas flüssig und eine Flüssigkeit fest wird, bleibt trotz fortdauernder Wärmeentziehung die Temperatur unverändert. Die in §. 249 erwähnte Thatsache, dass unter 0° erkältetes Wasser, das durch eine Erschütterung plötzlich zu Eis wird, nun im Moment des Gefrierens sich auf 0° erwärmt, ist da- her ebenfalls durch das Freiwerden latenter Wärme bedingt.
260 Maass der Wärmemenge.
Um verschiedene Körper hinsichtlich der Wärme, die sie beim
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Von der Wärme.
Rückverwandlung in den festeren Aggregatzustand latente Wärme
frei wird.
Auf der Bindung freier Wärme beim Schmelzen fester und beim
Verdampfen flüssiger Körper beruht die leicht zu beobachtende That-
sache, dass die Temperatur des seinen Aggregatzustand wechselnden
Körpers so lange unverändert bleibt, bis derselbe vollständig verflüs-
sigt oder in Dampf verwandelt ist. Diese Constanz der Temperatur
schmelzender und verdampfender Körper, die uns (§. 242) zur Bestim-
mung der fixen Punkte des Thermometers diente, erklärt sich leicht
aus dem oben aufgestellten Gesetz. Haben wir Eis von 0° und füh-
ren wir demselben weitere Wärme zu, so schmilzt ein Theil des Ei-
ses. Dadurch wird aber die zugeführte freie Wärme latent, das Ge-
misch von Eis und Wasser behält also die Temperatur von 0°. Füh-
ren wir noch weitere Wärme zu, so schmilzt ein weiterer Theil des
Eises, der wieder die zu seiner Verflüssigung erforderliche Wärme
latent macht. So wird daher die Temperatur trotz der fortdauernden
Wärmezufuhr nicht über 0° steigen können, bis die ganze Eismasse
verflüssigt ist. Aehnlich beobachtet man, dass die Temperatur eines
schmelzenden Metalls constant bleibt, bis das Metall vollständig ge-
schmolzen ist. Ist ein fester Körper durch Latentmachung einer ge-
wissen Wärmemenge endlich in seiner ganzen Masse flüssig geworden,
so steigt nun, wenn ihm weitere Wärme zugeführt wird, seine Tem-
peratur, bis sie am Siedepunkt anlangt. Bei diesem erhält sie sich
dann wieder trotz fortwährender Wärmezufuhr constant, bis die Flüs-
sigkeit vollständig in Dampf verwandelt ist. Denn hat man z. B.
Wasser von 100°, so wird jede demselben zugeführte weitere Wärme,
indem sie latent wird, dazu verwandt einen Theil dieses Wassers in
Dampf zu verwandeln, und die zugeführte freie Wärme wird erst dann
nicht mehr gebunden, wenn sämmtliches Wasser verdampft ist.
Genau die nämliche Reihenfolge von Erscheinungen bietet sich
dar, wenn man ein Gas durch Wärmeentziehung zuerst in den flüssi-
gen Zustand und dann durch weitere Wärmeentziehung die Flüssig-
keit in den festen Zustand verwandelt. Auch hier nimmt der Ueber-
gang aus einem Aggregatzustand in den andern eine gewisse Zeit in
Anspruch, und während dieser Zeit beobachtet man stets, dass die
Temperatur constant bleibt: während also ein Gas flüssig und eine
Flüssigkeit fest wird, bleibt trotz fortdauernder Wärmeentziehung die
Temperatur unverändert. Die in §. 249 erwähnte Thatsache, dass
unter 0° erkältetes Wasser, das durch eine Erschütterung plötzlich zu
Eis wird, nun im Moment des Gefrierens sich auf 0° erwärmt, ist da-
her ebenfalls durch das Freiwerden latenter Wärme bedingt.
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/414>, abgerufen am 22.12.2024.
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