Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Wärme.
Salzlösung einer höheren Temperatur, um diejenige Spannkraft zu
erreichen, welche dem äusseren Druck gleichkommt.

Eigenthümlich verhalten sich die Dämpfe von Flüssigkeitsge-
mengen. Sind die Flüssigkeiten nicht mischbar, wie z. B. Wasser
und Aether, so ist die von ihren Dämpfen ausgeübte Spannkraft ein-
fach gleich der Summe der Spannkräfte der beiden Bestandtheile.
Sind dagegen die Flüssigkeiten mischbar, wie Wasser und Alkohol,
Aether und Alkohol, so ist die resultirende Spannkraft stets kleiner
als jede der einzelnen Spannkräfte. Ein Gemenge von Aether- und
Alkoholdampf besitzt z. B. eine geringere Spannkraft als sowohl der
Aetherdampf wie der Alkoholdampf bei derselben Temperatur.

Die Dämpfe nicht mischbarer Flüssigkeiten folgen sonach gleich
den permanenten Gasen dem Dalton'schen Gesetz: wie sich ein Gas
zu einem zweiten gleich dem luftleeren Raum verhält, so auch der
eine Dampf zu dem andern; dagegen wird bei den Dämpfen misch-
barer Flüssigkeiten dieses Resultat durch die gegenseitige Anziehung
der Dampftheilchen, welche nothwendig die von beiden nach aussen
ausgeübten Wirkungen verringern muss, abgeändert. Auch ein per-
manentes Gas verhält sich zu einem Dampf wie der luftleere Raum.
Bringt man also zuerst Wasserdampf in eine luftleere Barometerröhre
und dann in eine solche, in welcher sich Luft befindet, so beobachtet
man, dass der Dampf, wenn die Temperatur dieselbe bleibt, die gleiche
Depression der Quecksilbersäule bewirkt. Indessen bestätigt sich, wie
Regnault gefunden hat, dieses Gesetz bei genaueren Versuchen nur
annähernd, indem man für die Spannkraft des Dampfes im luftleeren
Raum doch etwas grössere Werthe beobachtet. Regnault ist geneigt
diese Ausnahme von dem Dalton'schen Gesetze davon herzuleiten,
dass die Gefässwände durch ihre Molecularanziehung fortwährend die
Dämpfe an ihrer Oberfläche zu verdichten streben: diese Verdichtung
muss nun in einem lufterfüllten Raum leichter stattfinden als in einem
luftleeren, weil sie im letzteren durch die ungehinderte Verdunstung
immer wieder aufgehoben wird.


256
Abhängigkeit
der Dampfdichte
von Druck und
Temperatur.

Die Dämpfe und Gase haben die zwei Eigenschaften mit einan-
der gemein, dass sie 1) proportional dem Druck ihr Volumen ver-
mindern (Mariotte'sches Gesetz), und dass sie 2) bei gleicher Tem-
peraturerhöhung sich sämmtlich um denselben Bruchtheil ihres Volu-
mens ausdehnen (Gay-Lussac'sches Gesetz). Hiernach ist die Dichte
der Gase und Dämpfe je nach Druck und Temperatur ausserordent-
lich veränderlich. Es ist aber wegen der einfachen Beziehung des
Volums zu Druck und Temperatur sehr leicht dieselben auf einen be-
stimmten Druck und eine bestimmte Temperatur zurückzubeziehen.
Zur Vergleichung der Dichtigkeit verschiedener Gase und Dämpfe ist
dies unerlässlich. Man ist übereingekommen die Dichtigkeit eines

Von der Wärme.
Salzlösung einer höheren Temperatur, um diejenige Spannkraft zu
erreichen, welche dem äusseren Druck gleichkommt.

Eigenthümlich verhalten sich die Dämpfe von Flüssigkeitsge-
mengen. Sind die Flüssigkeiten nicht mischbar, wie z. B. Wasser
und Aether, so ist die von ihren Dämpfen ausgeübte Spannkraft ein-
fach gleich der Summe der Spannkräfte der beiden Bestandtheile.
Sind dagegen die Flüssigkeiten mischbar, wie Wasser und Alkohol,
Aether und Alkohol, so ist die resultirende Spannkraft stets kleiner
als jede der einzelnen Spannkräfte. Ein Gemenge von Aether- und
Alkoholdampf besitzt z. B. eine geringere Spannkraft als sowohl der
Aetherdampf wie der Alkoholdampf bei derselben Temperatur.

Die Dämpfe nicht mischbarer Flüssigkeiten folgen sonach gleich
den permanenten Gasen dem Dalton’schen Gesetz: wie sich ein Gas
zu einem zweiten gleich dem luftleeren Raum verhält, so auch der
eine Dampf zu dem andern; dagegen wird bei den Dämpfen misch-
barer Flüssigkeiten dieses Resultat durch die gegenseitige Anziehung
der Dampftheilchen, welche nothwendig die von beiden nach aussen
ausgeübten Wirkungen verringern muss, abgeändert. Auch ein per-
manentes Gas verhält sich zu einem Dampf wie der luftleere Raum.
Bringt man also zuerst Wasserdampf in eine luftleere Barometerröhre
und dann in eine solche, in welcher sich Luft befindet, so beobachtet
man, dass der Dampf, wenn die Temperatur dieselbe bleibt, die gleiche
Depression der Quecksilbersäule bewirkt. Indessen bestätigt sich, wie
Regnault gefunden hat, dieses Gesetz bei genaueren Versuchen nur
annähernd, indem man für die Spannkraft des Dampfes im luftleeren
Raum doch etwas grössere Werthe beobachtet. Regnault ist geneigt
diese Ausnahme von dem Dalton’schen Gesetze davon herzuleiten,
dass die Gefässwände durch ihre Molecularanziehung fortwährend die
Dämpfe an ihrer Oberfläche zu verdichten streben: diese Verdichtung
muss nun in einem lufterfüllten Raum leichter stattfinden als in einem
luftleeren, weil sie im letzteren durch die ungehinderte Verdunstung
immer wieder aufgehoben wird.


256
Abhängigkeit
der Dampfdichte
von Druck und
Temperatur.

Die Dämpfe und Gase haben die zwei Eigenschaften mit einan-
der gemein, dass sie 1) proportional dem Druck ihr Volumen ver-
mindern (Mariotte’sches Gesetz), und dass sie 2) bei gleicher Tem-
peraturerhöhung sich sämmtlich um denselben Bruchtheil ihres Volu-
mens ausdehnen (Gay-Lussac’sches Gesetz). Hiernach ist die Dichte
der Gase und Dämpfe je nach Druck und Temperatur ausserordent-
lich veränderlich. Es ist aber wegen der einfachen Beziehung des
Volums zu Druck und Temperatur sehr leicht dieselben auf einen be-
stimmten Druck und eine bestimmte Temperatur zurückzubeziehen.
Zur Vergleichung der Dichtigkeit verschiedener Gase und Dämpfe ist
dies unerlässlich. Man ist übereingekommen die Dichtigkeit eines

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0410" n="388"/><fw place="top" type="header">Von der Wärme.</fw><lb/>
Salzlösung einer höheren Temperatur, um diejenige Spannkraft zu<lb/>
erreichen, welche dem äusseren Druck gleichkommt.</p><lb/>
          <p>Eigenthümlich verhalten sich die Dämpfe von Flüssigkeitsge-<lb/>
mengen. Sind die Flüssigkeiten nicht mischbar, wie z. B. Wasser<lb/>
und Aether, so ist die von ihren Dämpfen ausgeübte Spannkraft ein-<lb/>
fach gleich der Summe der Spannkräfte der beiden Bestandtheile.<lb/>
Sind dagegen die Flüssigkeiten mischbar, wie Wasser und Alkohol,<lb/>
Aether und Alkohol, so ist die resultirende Spannkraft stets <hi rendition="#g">kleiner</hi><lb/>
als jede der einzelnen Spannkräfte. Ein Gemenge von Aether- und<lb/>
Alkoholdampf besitzt z. B. eine geringere Spannkraft als sowohl der<lb/>
Aetherdampf wie der Alkoholdampf bei derselben Temperatur.</p><lb/>
          <p>Die Dämpfe nicht mischbarer Flüssigkeiten folgen sonach gleich<lb/>
den permanenten Gasen dem Dalton&#x2019;schen Gesetz: wie sich <hi rendition="#g">ein</hi> Gas<lb/>
zu einem <hi rendition="#g">zweiten</hi> gleich dem luftleeren Raum verhält, so auch der<lb/>
eine Dampf zu dem andern; dagegen wird bei den Dämpfen misch-<lb/>
barer Flüssigkeiten dieses Resultat durch die gegenseitige Anziehung<lb/>
der Dampftheilchen, welche nothwendig die von beiden nach aussen<lb/>
ausgeübten Wirkungen verringern muss, abgeändert. Auch ein per-<lb/>
manentes Gas verhält sich zu einem Dampf wie der luftleere Raum.<lb/>
Bringt man also zuerst Wasserdampf in eine luftleere Barometerröhre<lb/>
und dann in eine solche, in welcher sich Luft befindet, so beobachtet<lb/>
man, dass der Dampf, wenn die Temperatur dieselbe bleibt, die gleiche<lb/>
Depression der Quecksilbersäule bewirkt. Indessen bestätigt sich, wie<lb/><hi rendition="#g">Regnault</hi> gefunden hat, dieses Gesetz bei genaueren Versuchen nur<lb/>
annähernd, indem man für die Spannkraft des Dampfes im luftleeren<lb/>
Raum doch etwas grössere Werthe beobachtet. <hi rendition="#g">Regnault</hi> ist geneigt<lb/>
diese Ausnahme von dem Dalton&#x2019;schen Gesetze davon herzuleiten,<lb/>
dass die Gefässwände durch ihre Molecularanziehung fortwährend die<lb/>
Dämpfe an ihrer Oberfläche zu verdichten streben: diese Verdichtung<lb/>
muss nun in einem lufterfüllten Raum leichter stattfinden als in einem<lb/>
luftleeren, weil sie im letzteren durch die ungehinderte Verdunstung<lb/>
immer wieder aufgehoben wird.</p><lb/>
          <note place="left">256<lb/>
Abhängigkeit<lb/>
der Dampfdichte<lb/>
von Druck und<lb/>
Temperatur.</note>
          <p>Die Dämpfe und Gase haben die zwei Eigenschaften mit einan-<lb/>
der gemein, dass sie 1) proportional dem Druck ihr Volumen ver-<lb/>
mindern (Mariotte&#x2019;sches Gesetz), und dass sie 2) bei gleicher Tem-<lb/>
peraturerhöhung sich sämmtlich um denselben Bruchtheil ihres Volu-<lb/>
mens ausdehnen (Gay-Lussac&#x2019;sches Gesetz). Hiernach ist die <hi rendition="#g">Dichte</hi><lb/>
der Gase und Dämpfe je nach Druck und Temperatur ausserordent-<lb/>
lich veränderlich. Es ist aber wegen der einfachen Beziehung des<lb/>
Volums zu Druck und Temperatur sehr leicht dieselben auf einen be-<lb/>
stimmten Druck und eine bestimmte Temperatur zurückzubeziehen.<lb/>
Zur Vergleichung der Dichtigkeit verschiedener Gase und Dämpfe ist<lb/>
dies unerlässlich. Man ist übereingekommen die Dichtigkeit eines<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0410] Von der Wärme. Salzlösung einer höheren Temperatur, um diejenige Spannkraft zu erreichen, welche dem äusseren Druck gleichkommt. Eigenthümlich verhalten sich die Dämpfe von Flüssigkeitsge- mengen. Sind die Flüssigkeiten nicht mischbar, wie z. B. Wasser und Aether, so ist die von ihren Dämpfen ausgeübte Spannkraft ein- fach gleich der Summe der Spannkräfte der beiden Bestandtheile. Sind dagegen die Flüssigkeiten mischbar, wie Wasser und Alkohol, Aether und Alkohol, so ist die resultirende Spannkraft stets kleiner als jede der einzelnen Spannkräfte. Ein Gemenge von Aether- und Alkoholdampf besitzt z. B. eine geringere Spannkraft als sowohl der Aetherdampf wie der Alkoholdampf bei derselben Temperatur. Die Dämpfe nicht mischbarer Flüssigkeiten folgen sonach gleich den permanenten Gasen dem Dalton’schen Gesetz: wie sich ein Gas zu einem zweiten gleich dem luftleeren Raum verhält, so auch der eine Dampf zu dem andern; dagegen wird bei den Dämpfen misch- barer Flüssigkeiten dieses Resultat durch die gegenseitige Anziehung der Dampftheilchen, welche nothwendig die von beiden nach aussen ausgeübten Wirkungen verringern muss, abgeändert. Auch ein per- manentes Gas verhält sich zu einem Dampf wie der luftleere Raum. Bringt man also zuerst Wasserdampf in eine luftleere Barometerröhre und dann in eine solche, in welcher sich Luft befindet, so beobachtet man, dass der Dampf, wenn die Temperatur dieselbe bleibt, die gleiche Depression der Quecksilbersäule bewirkt. Indessen bestätigt sich, wie Regnault gefunden hat, dieses Gesetz bei genaueren Versuchen nur annähernd, indem man für die Spannkraft des Dampfes im luftleeren Raum doch etwas grössere Werthe beobachtet. Regnault ist geneigt diese Ausnahme von dem Dalton’schen Gesetze davon herzuleiten, dass die Gefässwände durch ihre Molecularanziehung fortwährend die Dämpfe an ihrer Oberfläche zu verdichten streben: diese Verdichtung muss nun in einem lufterfüllten Raum leichter stattfinden als in einem luftleeren, weil sie im letzteren durch die ungehinderte Verdunstung immer wieder aufgehoben wird. Die Dämpfe und Gase haben die zwei Eigenschaften mit einan- der gemein, dass sie 1) proportional dem Druck ihr Volumen ver- mindern (Mariotte’sches Gesetz), und dass sie 2) bei gleicher Tem- peraturerhöhung sich sämmtlich um denselben Bruchtheil ihres Volu- mens ausdehnen (Gay-Lussac’sches Gesetz). Hiernach ist die Dichte der Gase und Dämpfe je nach Druck und Temperatur ausserordent- lich veränderlich. Es ist aber wegen der einfachen Beziehung des Volums zu Druck und Temperatur sehr leicht dieselben auf einen be- stimmten Druck und eine bestimmte Temperatur zurückzubeziehen. Zur Vergleichung der Dichtigkeit verschiedener Gase und Dämpfe ist dies unerlässlich. Man ist übereingekommen die Dichtigkeit eines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/410
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/410>, abgerufen am 03.05.2024.