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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Ausdehnung durch die Wärme.

Flintglas1/1243Weiches Schmiedeeisen1/819
Spiegelglas1/1122Gold1/682
Gehärteter Stahl1/807Kupfer1/582
Blei1/351

Ueber die Ausdehnung einiger Körper jenseits des Siedepunktes giebt folgende
kleine Tabelle Aufschluss:

[Tabelle]

Bei Krystallen ist nur, wenn sie zum regulären oder tesseralen System gehö-
ren, der Ausdehnungscoefficient nach allen Richtungen gleich. Die optisch einaxigen
Krystalle dehnen sich in der Richtung der Hauptaxe entweder stärker oder schwächer
aus als in der Richtung der Nebenaxen, in welchen sämmtlich die Ausdehnung dieselbe
ist. Bei den optisch zweiaxigen Krystallen ist die Ausdehnung nach den Richtungen
der drei ungleichen Axen eine verschiedene. Mitscherlich wies diese ungleiche
Ausdehnung der Krystalle durch Messung ihrer Winkel nach. Sobald nämlich die li-
neare Ausdehnung in der Richtung verschiedener Axen ungleich ist, so muss sich die
Grösse der Winkel verändern. Es nehme z. B. an einem Rhomboeder die Länge der
Hauptaxe mehr zu als diejenige der zu ihr senkrechten Nebenaxen, so werden die
Winkel an den Enden der Hauptaxe spitzer und die Winkel an den Enden der Neben-
axen stumpfer werden als bisher. Das umgekehrte wird eintreten, wenn die Länge
der Nebenaxen in stärkerem Verhältnisse zunimmt als diejenige der Hauptaxe.

Bei den Flüssigkeiten kann es sich, da dieselben keine feste244
Ausdehnung der
Flüssigkeiten.

Form, aber für jede Temperatur ein nahehin constantes Volum besitzen,
nur um die Bestimmung der cubischen Ausdehnung, der Volumver-
grösserung, handeln. Die Ausdehnung einer bestimmten Flüssigkeit,
des Quecksilbers, haben wir als Maass der Temperaturveränderungen
angenommen; dabei war es jedoch nicht erforderlich die absolute Vo-
lumzunahme, d. h. den numerischen Werth des Ausdehnungscoefficien-
ten des Quecksilbers, zu kennen. Man bestimmt diesen Werth am
einfachsten, indem man ein Glasgefäss bei 0° mit Quecksilber anfüllt,
es abwägt, und sodann bei irgend einer anderen Temperatur t° die-
selbe Bestimmung vornimmt. Es sei das Gewicht des Quecksilbers
bei 0° = p0, bei t° = pt, so verhält sich, wenn v0 das Volum der
ersteren, vt das auf die Temperatur von 0° zurückgeführte Volum
der zweiten Quecksilbermenge ist, offenbar p0 : pt = vt : v0, d. h.
die Gewichte verhalten sich umgekehrt wie jene Volumina. Wenn nun
das Gefäss bei der Erwärmung von 0 auf t° vollkommen unverändert
bliebe, so wäre, wenn wir mit b den cubischen Ausdehnungscoefficien-
ten des Quecksilbers für 1°C. bezeichnen, vt = v0 (1 + b t). Man
hätte also [Formel 1] = 1 + b t, und man würde so
den Coefficienten b aus den Gewichtsbestimmungen p0 und pt direct
mittelst der Gleichung b = [Formel 2] erhalten. Dabei ist jedoch ver-

Wundt, medicin. Physik. 24
Ausdehnung durch die Wärme.

Flintglas1/1243Weiches Schmiedeeisen1/819
Spiegelglas1/1122Gold1/682
Gehärteter Stahl1/807Kupfer1/582
Blei1/351

Ueber die Ausdehnung einiger Körper jenseits des Siedepunktes giebt folgende
kleine Tabelle Aufschluss:

[Tabelle]

Bei Krystallen ist nur, wenn sie zum regulären oder tesseralen System gehö-
ren, der Ausdehnungscoëfficient nach allen Richtungen gleich. Die optisch einaxigen
Krystalle dehnen sich in der Richtung der Hauptaxe entweder stärker oder schwächer
aus als in der Richtung der Nebenaxen, in welchen sämmtlich die Ausdehnung dieselbe
ist. Bei den optisch zweiaxigen Krystallen ist die Ausdehnung nach den Richtungen
der drei ungleichen Axen eine verschiedene. Mitscherlich wies diese ungleiche
Ausdehnung der Krystalle durch Messung ihrer Winkel nach. Sobald nämlich die li-
neare Ausdehnung in der Richtung verschiedener Axen ungleich ist, so muss sich die
Grösse der Winkel verändern. Es nehme z. B. an einem Rhomboëder die Länge der
Hauptaxe mehr zu als diejenige der zu ihr senkrechten Nebenaxen, so werden die
Winkel an den Enden der Hauptaxe spitzer und die Winkel an den Enden der Neben-
axen stumpfer werden als bisher. Das umgekehrte wird eintreten, wenn die Länge
der Nebenaxen in stärkerem Verhältnisse zunimmt als diejenige der Hauptaxe.

Bei den Flüssigkeiten kann es sich, da dieselben keine feste244
Ausdehnung der
Flüssigkeiten.

Form, aber für jede Temperatur ein nahehin constantes Volum besitzen,
nur um die Bestimmung der cubischen Ausdehnung, der Volumver-
grösserung, handeln. Die Ausdehnung einer bestimmten Flüssigkeit,
des Quecksilbers, haben wir als Maass der Temperaturveränderungen
angenommen; dabei war es jedoch nicht erforderlich die absolute Vo-
lumzunahme, d. h. den numerischen Werth des Ausdehnungscoëfficien-
ten des Quecksilbers, zu kennen. Man bestimmt diesen Werth am
einfachsten, indem man ein Glasgefäss bei 0° mit Quecksilber anfüllt,
es abwägt, und sodann bei irgend einer anderen Temperatur t° die-
selbe Bestimmung vornimmt. Es sei das Gewicht des Quecksilbers
bei 0° = p0, bei t° = pt, so verhält sich, wenn v0 das Volum der
ersteren, vt das auf die Temperatur von 0° zurückgeführte Volum
der zweiten Quecksilbermenge ist, offenbar p0 : pt = vt : v0, d. h.
die Gewichte verhalten sich umgekehrt wie jene Volumina. Wenn nun
das Gefäss bei der Erwärmung von 0 auf t° vollkommen unverändert
bliebe, so wäre, wenn wir mit β den cubischen Ausdehnungscoëfficien-
ten des Quecksilbers für 1°C. bezeichnen, vt = v0 (1 + β t). Man
hätte also [Formel 1] = 1 + β t, und man würde so
den Coëfficienten β aus den Gewichtsbestimmungen p0 und pt direct
mittelst der Gleichung β = [Formel 2] erhalten. Dabei ist jedoch ver-

Wundt, medicin. Physik. 24
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[369/0391] Ausdehnung durch die Wärme. Flintglas 1/1243 Weiches Schmiedeeisen 1/819 Spiegelglas 1/1122 Gold 1/682 Gehärteter Stahl 1/807 Kupfer 1/582 Blei 1/351 Ueber die Ausdehnung einiger Körper jenseits des Siedepunktes giebt folgende kleine Tabelle Aufschluss: Bei Krystallen ist nur, wenn sie zum regulären oder tesseralen System gehö- ren, der Ausdehnungscoëfficient nach allen Richtungen gleich. Die optisch einaxigen Krystalle dehnen sich in der Richtung der Hauptaxe entweder stärker oder schwächer aus als in der Richtung der Nebenaxen, in welchen sämmtlich die Ausdehnung dieselbe ist. Bei den optisch zweiaxigen Krystallen ist die Ausdehnung nach den Richtungen der drei ungleichen Axen eine verschiedene. Mitscherlich wies diese ungleiche Ausdehnung der Krystalle durch Messung ihrer Winkel nach. Sobald nämlich die li- neare Ausdehnung in der Richtung verschiedener Axen ungleich ist, so muss sich die Grösse der Winkel verändern. Es nehme z. B. an einem Rhomboëder die Länge der Hauptaxe mehr zu als diejenige der zu ihr senkrechten Nebenaxen, so werden die Winkel an den Enden der Hauptaxe spitzer und die Winkel an den Enden der Neben- axen stumpfer werden als bisher. Das umgekehrte wird eintreten, wenn die Länge der Nebenaxen in stärkerem Verhältnisse zunimmt als diejenige der Hauptaxe. Bei den Flüssigkeiten kann es sich, da dieselben keine feste Form, aber für jede Temperatur ein nahehin constantes Volum besitzen, nur um die Bestimmung der cubischen Ausdehnung, der Volumver- grösserung, handeln. Die Ausdehnung einer bestimmten Flüssigkeit, des Quecksilbers, haben wir als Maass der Temperaturveränderungen angenommen; dabei war es jedoch nicht erforderlich die absolute Vo- lumzunahme, d. h. den numerischen Werth des Ausdehnungscoëfficien- ten des Quecksilbers, zu kennen. Man bestimmt diesen Werth am einfachsten, indem man ein Glasgefäss bei 0° mit Quecksilber anfüllt, es abwägt, und sodann bei irgend einer anderen Temperatur t° die- selbe Bestimmung vornimmt. Es sei das Gewicht des Quecksilbers bei 0° = p0, bei t° = pt, so verhält sich, wenn v0 das Volum der ersteren, vt das auf die Temperatur von 0° zurückgeführte Volum der zweiten Quecksilbermenge ist, offenbar p0 : pt = vt : v0, d. h. die Gewichte verhalten sich umgekehrt wie jene Volumina. Wenn nun das Gefäss bei der Erwärmung von 0 auf t° vollkommen unverändert bliebe, so wäre, wenn wir mit β den cubischen Ausdehnungscoëfficien- ten des Quecksilbers für 1°C. bezeichnen, vt = v0 (1 + β t). Man hätte also [FORMEL] = 1 + β t, und man würde so den Coëfficienten β aus den Gewichtsbestimmungen p0 und pt direct mittelst der Gleichung β = [FORMEL] erhalten. Dabei ist jedoch ver- 244 Ausdehnung der Flüssigkeiten. Wundt, medicin. Physik. 24

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/391>, abgerufen am 23.12.2024.