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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Polarisationsapparate und ihre Anwendung.
drei verschiedene Elasticitätsaxen vorhanden. Wir haben es nun bei
den Untersuchungen mit dem Polarisationsmikroskop stets mit einem
Fall zu thun, in welchem aus dem Elasticitätsellipsoid eines ein- oder
zweiaxigen Körpers ein planparalleler Schnitt zur Untersuchung kommt.
Jeder derartige Schnitt wie a c b d (Fig. 183) ist aber im Allge-
[Abbildung] Fig. 183.
meinen eine Ellipse. Eine solche El-
lipse verhält sich für Strahlen, die
senkrecht oder annähernd senkrecht
auf sie fallen ganz gleich, mag sie
dem in der Fig. dargestellten oder
irgend einem andern Ellipsoid ange-
hören. Sie wird, da bei der mikro-
skopischen Untersuchung hinreichend
dünne Schnitte zur Anwendung kom-
men, um die Gangunterschiede für
unter verschiedenem Winkel auffallende
Strahlen verschwindend klein zu ma-
chen, gleich einem Gyps- oder Glim-
merplättchen, eine einzige Interferenz-
farbe erzeugen, deren Beschaffenheit
von dem Verhältniss der Axen a b und c d der wirksamen Elastici-
tätsellipse und von der Dicke des Durchschnitts abhängig ist. Die
Farbe wird verschwinden, wenn die Axen a b und c d mit den Po-
larisationsebenen der gekreuzten Nicol's zusammenfallen, und sie wird
am intensivsten sein, wenn jene Axen unter 45° zu den genannten
Ebenen orientirt sind.

Es handelt sich nun zunächst darum zu erkennen, ob die Axen
a b und c d der Ellipse zugleich Axen des Ellipsoids sind, oder ob
sie, wie in Fig. 183, nicht mit Axen des Ellipsoids zusammenfallen.
Das Mittel dieser Erkennung besteht darin, dass man den untersuch-
ten Durchschnitt um eine der Axen a b oder c d dreht. Es ist leicht

[Abbildung] Fig. 184.
einzusehen, dass bei einer jeden solchen Drehung
die Interferenzfarbe allmälig sich verändern muss.
Denn in eine je schrägere Lage man den Schnitt
bringt, eine um so grössere Wegstrecke werden
die senkrecht zu einander polarisirten Strahlen
zurücklegen müssen, um so grösser wird also
der erzeugte Gangunterschied sein. Gesetzt nun,
die wirksame Ellipse gehöre dem Elasticitäts-
ellipsoid an, sie sei z. B. in der Richtung m n
(Fig. 183) durch das Ellipsoid gelegt, so wird
die dritte Elasticitätsaxe f g auf m n senkrecht
stehen. Es werden also, wenn m n (Fig. 184 A)
ein solcher Hauptschnitt ist, die verticalen Striche

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Polarisationsapparate und ihre Anwendung.
drei verschiedene Elasticitätsaxen vorhanden. Wir haben es nun bei
den Untersuchungen mit dem Polarisationsmikroskop stets mit einem
Fall zu thun, in welchem aus dem Elasticitätsellipsoid eines ein- oder
zweiaxigen Körpers ein planparalleler Schnitt zur Untersuchung kommt.
Jeder derartige Schnitt wie a c b d (Fig. 183) ist aber im Allge-
[Abbildung] Fig. 183.
meinen eine Ellipse. Eine solche El-
lipse verhält sich für Strahlen, die
senkrecht oder annähernd senkrecht
auf sie fallen ganz gleich, mag sie
dem in der Fig. dargestellten oder
irgend einem andern Ellipsoid ange-
hören. Sie wird, da bei der mikro-
skopischen Untersuchung hinreichend
dünne Schnitte zur Anwendung kom-
men, um die Gangunterschiede für
unter verschiedenem Winkel auffallende
Strahlen verschwindend klein zu ma-
chen, gleich einem Gyps- oder Glim-
merplättchen, eine einzige Interferenz-
farbe erzeugen, deren Beschaffenheit
von dem Verhältniss der Axen a b und c d der wirksamen Elastici-
tätsellipse und von der Dicke des Durchschnitts abhängig ist. Die
Farbe wird verschwinden, wenn die Axen a b und c d mit den Po-
larisationsebenen der gekreuzten Nicol’s zusammenfallen, und sie wird
am intensivsten sein, wenn jene Axen unter 45° zu den genannten
Ebenen orientirt sind.

Es handelt sich nun zunächst darum zu erkennen, ob die Axen
a b und c d der Ellipse zugleich Axen des Ellipsoids sind, oder ob
sie, wie in Fig. 183, nicht mit Axen des Ellipsoids zusammenfallen.
Das Mittel dieser Erkennung besteht darin, dass man den untersuch-
ten Durchschnitt um eine der Axen a b oder c d dreht. Es ist leicht

[Abbildung] Fig. 184.
einzusehen, dass bei einer jeden solchen Drehung
die Interferenzfarbe allmälig sich verändern muss.
Denn in eine je schrägere Lage man den Schnitt
bringt, eine um so grössere Wegstrecke werden
die senkrecht zu einander polarisirten Strahlen
zurücklegen müssen, um so grösser wird also
der erzeugte Gangunterschied sein. Gesetzt nun,
die wirksame Ellipse gehöre dem Elasticitäts-
ellipsoid an, sie sei z. B. in der Richtung m n
(Fig. 183) durch das Ellipsoid gelegt, so wird
die dritte Elasticitätsaxe f g auf m n senkrecht
stehen. Es werden also, wenn m n (Fig. 184 A)
ein solcher Hauptschnitt ist, die verticalen Striche

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[355/0377] Polarisationsapparate und ihre Anwendung. drei verschiedene Elasticitätsaxen vorhanden. Wir haben es nun bei den Untersuchungen mit dem Polarisationsmikroskop stets mit einem Fall zu thun, in welchem aus dem Elasticitätsellipsoid eines ein- oder zweiaxigen Körpers ein planparalleler Schnitt zur Untersuchung kommt. Jeder derartige Schnitt wie a c b d (Fig. 183) ist aber im Allge- [Abbildung Fig. 183.] meinen eine Ellipse. Eine solche El- lipse verhält sich für Strahlen, die senkrecht oder annähernd senkrecht auf sie fallen ganz gleich, mag sie dem in der Fig. dargestellten oder irgend einem andern Ellipsoid ange- hören. Sie wird, da bei der mikro- skopischen Untersuchung hinreichend dünne Schnitte zur Anwendung kom- men, um die Gangunterschiede für unter verschiedenem Winkel auffallende Strahlen verschwindend klein zu ma- chen, gleich einem Gyps- oder Glim- merplättchen, eine einzige Interferenz- farbe erzeugen, deren Beschaffenheit von dem Verhältniss der Axen a b und c d der wirksamen Elastici- tätsellipse und von der Dicke des Durchschnitts abhängig ist. Die Farbe wird verschwinden, wenn die Axen a b und c d mit den Po- larisationsebenen der gekreuzten Nicol’s zusammenfallen, und sie wird am intensivsten sein, wenn jene Axen unter 45° zu den genannten Ebenen orientirt sind. Es handelt sich nun zunächst darum zu erkennen, ob die Axen a b und c d der Ellipse zugleich Axen des Ellipsoids sind, oder ob sie, wie in Fig. 183, nicht mit Axen des Ellipsoids zusammenfallen. Das Mittel dieser Erkennung besteht darin, dass man den untersuch- ten Durchschnitt um eine der Axen a b oder c d dreht. Es ist leicht [Abbildung Fig. 184.] einzusehen, dass bei einer jeden solchen Drehung die Interferenzfarbe allmälig sich verändern muss. Denn in eine je schrägere Lage man den Schnitt bringt, eine um so grössere Wegstrecke werden die senkrecht zu einander polarisirten Strahlen zurücklegen müssen, um so grösser wird also der erzeugte Gangunterschied sein. Gesetzt nun, die wirksame Ellipse gehöre dem Elasticitäts- ellipsoid an, sie sei z. B. in der Richtung m n (Fig. 183) durch das Ellipsoid gelegt, so wird die dritte Elasticitätsaxe f g auf m n senkrecht stehen. Es werden also, wenn m n (Fig. 184 A) ein solcher Hauptschnitt ist, die verticalen Striche 23 *

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/377>, abgerufen am 22.12.2024.