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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Interferenzerscheinungen im polarisirten Lichte.
eine oder andere geschieht, wird von der Orientirung der beiden Ni-
cols zu einander abhängen. Sind die Polarisationsrichtungen der letz-
teren einander parallel, so tritt nach §. 229 da Dunkelheit auf, wo
die Schwingungen um eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen
differiren. Sind die Nicols um 90° gegen einander gedreht, so tritt
hingegen da Dunkelheit auf, wo die Schwingungen um eine gerade
Zahl halber Wellenlängen verschieden sind. Was speciell die mittle-
ren Strahlen a x betrifft, die senkrecht auf die Kalkspathplatte auf-
fallen, so müssen diese offenbar bei paralleler Stellung der Nicols
auch durch das obere Prisma unverändert hindurchgehen, während
sie, wenn beide Nicols senkrecht zu einander stehen, von dem oberen
ausgelöscht werden. Hiernach beobachten wir bei paralleler Stellung
der Prismen einen mittleren hellen Fleck umgeben von einem dunkeln
Ring, um welchen dann weiter abwechselnd helle und dunkle Ringe
auftreten. Bei einer um 90° gedrehten Stellung dagegen sehen wir in
der Mitte einen dunkeln Kreis, der zunächst von einem hellen Ring und
dann von abwechselnden dunkeln und hellen Ringen umgeben ist. Die so
auftretenden hellen und dunkeln Ringe sind aber nicht vollständig ge-
schlossen, sondern sie werden, wenn die beiden Nicol's gleich orien-
tirt sind, durch ein von dem mittleren Kreis ausgehendes helles Kreuz
(Fig. 177 A), und wenn die Nicol's um 90° gegen einander gedreht
[Abbildung] Fig. 177.
sind, durch ein von der Mitte ausgehendes dunkles Kreuz (Fig. 177 B)
unterbrochen.

[Abbildung] Fig. 178.

Um sich von dem Auftreten dieses hellen
oder dunkeln Kreuzes Rechenschaft zu geben,
betrachte man die Kalkspathplatte von oben
(Fig. 178). Man wird in dieser Lage durch
den Mittelpunkt m derselben eine Menge von
Hauptschnitten P P, R R, S S u. s. w. legen
können: die ganze Platte wird gleichsam aus
einer unendlichen Menge solcher im Mittelpunkt
m sich kreuzender Hauptschnitte bestehen.
Haben nun die durch den unteren Nicol gegan-

Interferenzerscheinungen im polarisirten Lichte.
eine oder andere geschieht, wird von der Orientirung der beiden Ni-
cols zu einander abhängen. Sind die Polarisationsrichtungen der letz-
teren einander parallel, so tritt nach §. 229 da Dunkelheit auf, wo
die Schwingungen um eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen
differiren. Sind die Nicols um 90° gegen einander gedreht, so tritt
hingegen da Dunkelheit auf, wo die Schwingungen um eine gerade
Zahl halber Wellenlängen verschieden sind. Was speciell die mittle-
ren Strahlen a x betrifft, die senkrecht auf die Kalkspathplatte auf-
fallen, so müssen diese offenbar bei paralleler Stellung der Nicols
auch durch das obere Prisma unverändert hindurchgehen, während
sie, wenn beide Nicols senkrecht zu einander stehen, von dem oberen
ausgelöscht werden. Hiernach beobachten wir bei paralleler Stellung
der Prismen einen mittleren hellen Fleck umgeben von einem dunkeln
Ring, um welchen dann weiter abwechselnd helle und dunkle Ringe
auftreten. Bei einer um 90° gedrehten Stellung dagegen sehen wir in
der Mitte einen dunkeln Kreis, der zunächst von einem hellen Ring und
dann von abwechselnden dunkeln und hellen Ringen umgeben ist. Die so
auftretenden hellen und dunkeln Ringe sind aber nicht vollständig ge-
schlossen, sondern sie werden, wenn die beiden Nicol’s gleich orien-
tirt sind, durch ein von dem mittleren Kreis ausgehendes helles Kreuz
(Fig. 177 A), und wenn die Nicol’s um 90° gegen einander gedreht
[Abbildung] Fig. 177.
sind, durch ein von der Mitte ausgehendes dunkles Kreuz (Fig. 177 B)
unterbrochen.

[Abbildung] Fig. 178.

Um sich von dem Auftreten dieses hellen
oder dunkeln Kreuzes Rechenschaft zu geben,
betrachte man die Kalkspathplatte von oben
(Fig. 178). Man wird in dieser Lage durch
den Mittelpunkt m derselben eine Menge von
Hauptschnitten P P, R R, S S u. s. w. legen
können: die ganze Platte wird gleichsam aus
einer unendlichen Menge solcher im Mittelpunkt
m sich kreuzender Hauptschnitte bestehen.
Haben nun die durch den unteren Nicol gegan-

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[345/0367] Interferenzerscheinungen im polarisirten Lichte. eine oder andere geschieht, wird von der Orientirung der beiden Ni- cols zu einander abhängen. Sind die Polarisationsrichtungen der letz- teren einander parallel, so tritt nach §. 229 da Dunkelheit auf, wo die Schwingungen um eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen differiren. Sind die Nicols um 90° gegen einander gedreht, so tritt hingegen da Dunkelheit auf, wo die Schwingungen um eine gerade Zahl halber Wellenlängen verschieden sind. Was speciell die mittle- ren Strahlen a x betrifft, die senkrecht auf die Kalkspathplatte auf- fallen, so müssen diese offenbar bei paralleler Stellung der Nicols auch durch das obere Prisma unverändert hindurchgehen, während sie, wenn beide Nicols senkrecht zu einander stehen, von dem oberen ausgelöscht werden. Hiernach beobachten wir bei paralleler Stellung der Prismen einen mittleren hellen Fleck umgeben von einem dunkeln Ring, um welchen dann weiter abwechselnd helle und dunkle Ringe auftreten. Bei einer um 90° gedrehten Stellung dagegen sehen wir in der Mitte einen dunkeln Kreis, der zunächst von einem hellen Ring und dann von abwechselnden dunkeln und hellen Ringen umgeben ist. Die so auftretenden hellen und dunkeln Ringe sind aber nicht vollständig ge- schlossen, sondern sie werden, wenn die beiden Nicol’s gleich orien- tirt sind, durch ein von dem mittleren Kreis ausgehendes helles Kreuz (Fig. 177 A), und wenn die Nicol’s um 90° gegen einander gedreht [Abbildung Fig. 177.] sind, durch ein von der Mitte ausgehendes dunkles Kreuz (Fig. 177 B) unterbrochen. [Abbildung Fig. 178.] Um sich von dem Auftreten dieses hellen oder dunkeln Kreuzes Rechenschaft zu geben, betrachte man die Kalkspathplatte von oben (Fig. 178). Man wird in dieser Lage durch den Mittelpunkt m derselben eine Menge von Hauptschnitten P P, R R, S S u. s. w. legen können: die ganze Platte wird gleichsam aus einer unendlichen Menge solcher im Mittelpunkt m sich kreuzender Hauptschnitte bestehen. Haben nun die durch den unteren Nicol gegan-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/367>, abgerufen am 05.05.2024.