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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
[Abbildung] Fig. 117.
Mischung durch den Farbenkreisel hat
den Vortheil, dass man bei ihr die
Farben in beliebiger Anzahl mit einan-
der mischen kann. Setzt man die
Sectoren aus ungefähr denselben Far-
ben zusammen, aus denen das Spek-
trum besteht, so erhält man bei der
Rotation einen weissen Lichteindruck.
Dabei muss man jedoch die Spektral-
farben in dem angemessenen Mengen-
verhältnisse mischen. Dieses wird er-
reicht, wenn man, wie es in Fig. 117
geschehen ist, die Sectoren für Roth,
Grün und Violett zu je 60° 45', diejenigen für Gelb und Blau zu je
54° 41' und die für Orange und Indigo zu 34° 11' wählt. Lässt man
eine oder mehrere dieser Farben hinweg oder lässt man einige über-
wiegen, so entstehen Mischfarben. Diese Mischfarben haben niemals
die intensiven Farbentöne, welche man bei der Mischung mehrerer
Spektralfarben erhält, da die einzelnen Pigmente, deren Eindrücke
man mischt, niemals an Sättigung den entsprechenden Spektralfarben
gleichkommen. Ein farbiger Körper verhält sich, auch wenn er einen
vollkommen reinen Farbenton hat, immer nur wie eine Spektralfarbe,
die mit einer ziemlichen Quantität weissen Lichtes gemischt ist, und
auch die Mischfarbe, die aus der Vermengung mehrerer solcher Ein-
drücke hervorgeht, hat daher einen weisslichen Farbenton.


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Complementär-
farben.

Nimmt man eine oder mehrere Farben aus den auf irgend eine
der genannten Methoden wieder zu Weiss combinirten Spektralfarben
hinweg, so behält der Rest einen Farbenton, der einer der Spektral-
farben entspricht, abgesehen davon, dass er nicht die volle Sättigung
derselben zu besitzen pflegt, und ebenso geben die hinweggenomme-
nen Farben zusammen einen einer gewissen andern Spektralfarbe
entsprechenden Farbenton. Hält man z. B. in Fig. 113 die rothen
Strahlen von der Linse b ab, so ist das Licht in dem Brennpunkt
nicht mehr weiss sondern grünlich-blau. Nimmt man von den in der
oben angegebenen Proportion auf dem Farbenkreisel angebrachten
sieben Sectoren das Violett, Indigo und Blau hinweg, so erscheint der
Rest Gelb, während die hinweggenommenen Farben in ihrer Mischung
einen bläulich-violetten Farbenton besitzen, u. s. w. Hieraus folgt,
dass man stets aus zwei Farbentönen Weiss zusammensetzen kann.
Dabei ist aber entweder nur die eine dieser Farben eine Spektral-
farbe, während die andere sich wie die Mischung einer Spektralfarbe
mit Weiss verhält, oder beide erscheinen als durch weisses Licht
verdünnte Spektralfarben. Je zwei solche Farben, welche zusammen

Von dem Lichte.
[Abbildung] Fig. 117.
Mischung durch den Farbenkreisel hat
den Vortheil, dass man bei ihr die
Farben in beliebiger Anzahl mit einan-
der mischen kann. Setzt man die
Sectoren aus ungefähr denselben Far-
ben zusammen, aus denen das Spek-
trum besteht, so erhält man bei der
Rotation einen weissen Lichteindruck.
Dabei muss man jedoch die Spektral-
farben in dem angemessenen Mengen-
verhältnisse mischen. Dieses wird er-
reicht, wenn man, wie es in Fig. 117
geschehen ist, die Sectoren für Roth,
Grün und Violett zu je 60° 45', diejenigen für Gelb und Blau zu je
54° 41' und die für Orange und Indigo zu 34° 11' wählt. Lässt man
eine oder mehrere dieser Farben hinweg oder lässt man einige über-
wiegen, so entstehen Mischfarben. Diese Mischfarben haben niemals
die intensiven Farbentöne, welche man bei der Mischung mehrerer
Spektralfarben erhält, da die einzelnen Pigmente, deren Eindrücke
man mischt, niemals an Sättigung den entsprechenden Spektralfarben
gleichkommen. Ein farbiger Körper verhält sich, auch wenn er einen
vollkommen reinen Farbenton hat, immer nur wie eine Spektralfarbe,
die mit einer ziemlichen Quantität weissen Lichtes gemischt ist, und
auch die Mischfarbe, die aus der Vermengung mehrerer solcher Ein-
drücke hervorgeht, hat daher einen weisslichen Farbenton.


159
Complementär-
farben.

Nimmt man eine oder mehrere Farben aus den auf irgend eine
der genannten Methoden wieder zu Weiss combinirten Spektralfarben
hinweg, so behält der Rest einen Farbenton, der einer der Spektral-
farben entspricht, abgesehen davon, dass er nicht die volle Sättigung
derselben zu besitzen pflegt, und ebenso geben die hinweggenomme-
nen Farben zusammen einen einer gewissen andern Spektralfarbe
entsprechenden Farbenton. Hält man z. B. in Fig. 113 die rothen
Strahlen von der Linse b ab, so ist das Licht in dem Brennpunkt
nicht mehr weiss sondern grünlich-blau. Nimmt man von den in der
oben angegebenen Proportion auf dem Farbenkreisel angebrachten
sieben Sectoren das Violett, Indigo und Blau hinweg, so erscheint der
Rest Gelb, während die hinweggenommenen Farben in ihrer Mischung
einen bläulich-violetten Farbenton besitzen, u. s. w. Hieraus folgt,
dass man stets aus zwei Farbentönen Weiss zusammensetzen kann.
Dabei ist aber entweder nur die eine dieser Farben eine Spektral-
farbe, während die andere sich wie die Mischung einer Spektralfarbe
mit Weiss verhält, oder beide erscheinen als durch weisses Licht
verdünnte Spektralfarben. Je zwei solche Farben, welche zusammen

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[240/0262] Von dem Lichte. [Abbildung Fig. 117.] Mischung durch den Farbenkreisel hat den Vortheil, dass man bei ihr die Farben in beliebiger Anzahl mit einan- der mischen kann. Setzt man die Sectoren aus ungefähr denselben Far- ben zusammen, aus denen das Spek- trum besteht, so erhält man bei der Rotation einen weissen Lichteindruck. Dabei muss man jedoch die Spektral- farben in dem angemessenen Mengen- verhältnisse mischen. Dieses wird er- reicht, wenn man, wie es in Fig. 117 geschehen ist, die Sectoren für Roth, Grün und Violett zu je 60° 45', diejenigen für Gelb und Blau zu je 54° 41' und die für Orange und Indigo zu 34° 11' wählt. Lässt man eine oder mehrere dieser Farben hinweg oder lässt man einige über- wiegen, so entstehen Mischfarben. Diese Mischfarben haben niemals die intensiven Farbentöne, welche man bei der Mischung mehrerer Spektralfarben erhält, da die einzelnen Pigmente, deren Eindrücke man mischt, niemals an Sättigung den entsprechenden Spektralfarben gleichkommen. Ein farbiger Körper verhält sich, auch wenn er einen vollkommen reinen Farbenton hat, immer nur wie eine Spektralfarbe, die mit einer ziemlichen Quantität weissen Lichtes gemischt ist, und auch die Mischfarbe, die aus der Vermengung mehrerer solcher Ein- drücke hervorgeht, hat daher einen weisslichen Farbenton. Nimmt man eine oder mehrere Farben aus den auf irgend eine der genannten Methoden wieder zu Weiss combinirten Spektralfarben hinweg, so behält der Rest einen Farbenton, der einer der Spektral- farben entspricht, abgesehen davon, dass er nicht die volle Sättigung derselben zu besitzen pflegt, und ebenso geben die hinweggenomme- nen Farben zusammen einen einer gewissen andern Spektralfarbe entsprechenden Farbenton. Hält man z. B. in Fig. 113 die rothen Strahlen von der Linse b ab, so ist das Licht in dem Brennpunkt nicht mehr weiss sondern grünlich-blau. Nimmt man von den in der oben angegebenen Proportion auf dem Farbenkreisel angebrachten sieben Sectoren das Violett, Indigo und Blau hinweg, so erscheint der Rest Gelb, während die hinweggenommenen Farben in ihrer Mischung einen bläulich-violetten Farbenton besitzen, u. s. w. Hieraus folgt, dass man stets aus zwei Farbentönen Weiss zusammensetzen kann. Dabei ist aber entweder nur die eine dieser Farben eine Spektral- farbe, während die andere sich wie die Mischung einer Spektralfarbe mit Weiss verhält, oder beide erscheinen als durch weisses Licht verdünnte Spektralfarben. Je zwei solche Farben, welche zusammen

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/262>, abgerufen am 02.05.2024.