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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 2. Allgemeine Richtungen der Psychologie.

3) Jeder dieser Processe hat einerseits einen objectiven
Inhalt und ist anderseits ein subjectiver Vorgang, und
er schließt auf diese Weise die allgemeinen Bedingungen
alles Erkennens sowohl wie aller praktischen Bethätigungen
des Menschen in sich.

Diesen drei Bestimmungen entspricht eine dreifache
Stellung der Psychologie
gegenüber andern Wissens-
gebieten:

1) Als Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung ist sie
gegenüber den Naturwissenschaften, die in Folge der
bei ihnen obwaltenden Abstraction von dem Subject überall
nur den objectiven, mittelbaren Erfahrungsinhalt zum
Gegenstande haben, die ergänzende Erfahrungswissen-
schaft. Nach ihrer vollen Bedeutung kann irgend eine ein-
zelne Erfahrungsthatsache streng genommen immer erst
gewürdigt werden, wenn sie die Probe der naturwissen-
schaftlichen und der psychologischen Analyse bestanden hat.
In diesem Sinne sind daher auch ebensowohl Physik und
Physiologie Hülfswissenschaften der Psychologie, wie diese
hinwiederum eine Hülfsdisciplin der Naturforschung ist.

2) Als Wissenschaft von den allgemeingültigen Formen
unmittelbarer menschlicher Erfahrung und ihrer gesetz-
mäßigen Verknüpfung ist sie die Grundlage der Geistes-
wissenschaften
. Denn der Inhalt der Geisteswissen-
schaften besteht überall in den aus unmittelbaren mensch-
lichen Erlebnissen hervorgehenden Handlungen und ihren
Wirkungen. Insofern die Psychologie die Untersuchung der
Erscheinungsformen und Gesetze dieser Handlungen zu ihrer
Aufgabe hat, ist sie daher selbst die allgemeinste Geistes-
wissenschaft und zugleich die Grundlage aller einzelnen,
wie der Philologie, Geschichte, Nationalökonomie, Rechts-
wissenschaft u. s. w.

3) Da die Psychologie die beiden fundamentalen

2*
§ 2. Allgemeine Richtungen der Psychologie.

3) Jeder dieser Processe hat einerseits einen objectiven
Inhalt und ist anderseits ein subjectiver Vorgang, und
er schließt auf diese Weise die allgemeinen Bedingungen
alles Erkennens sowohl wie aller praktischen Bethätigungen
des Menschen in sich.

Diesen drei Bestimmungen entspricht eine dreifache
Stellung der Psychologie
gegenüber andern Wissens-
gebieten:

1) Als Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung ist sie
gegenüber den Naturwissenschaften, die in Folge der
bei ihnen obwaltenden Abstraction von dem Subject überall
nur den objectiven, mittelbaren Erfahrungsinhalt zum
Gegenstande haben, die ergänzende Erfahrungswissen-
schaft. Nach ihrer vollen Bedeutung kann irgend eine ein-
zelne Erfahrungsthatsache streng genommen immer erst
gewürdigt werden, wenn sie die Probe der naturwissen-
schaftlichen und der psychologischen Analyse bestanden hat.
In diesem Sinne sind daher auch ebensowohl Physik und
Physiologie Hülfswissenschaften der Psychologie, wie diese
hinwiederum eine Hülfsdisciplin der Naturforschung ist.

2) Als Wissenschaft von den allgemeingültigen Formen
unmittelbarer menschlicher Erfahrung und ihrer gesetz-
mäßigen Verknüpfung ist sie die Grundlage der Geistes-
wissenschaften
. Denn der Inhalt der Geisteswissen-
schaften besteht überall in den aus unmittelbaren mensch-
lichen Erlebnissen hervorgehenden Handlungen und ihren
Wirkungen. Insofern die Psychologie die Untersuchung der
Erscheinungsformen und Gesetze dieser Handlungen zu ihrer
Aufgabe hat, ist sie daher selbst die allgemeinste Geistes-
wissenschaft und zugleich die Grundlage aller einzelnen,
wie der Philologie, Geschichte, Nationalökonomie, Rechts-
wissenschaft u. s. w.

3) Da die Psychologie die beiden fundamentalen

2*
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[19/0035] § 2. Allgemeine Richtungen der Psychologie. 3) Jeder dieser Processe hat einerseits einen objectiven Inhalt und ist anderseits ein subjectiver Vorgang, und er schließt auf diese Weise die allgemeinen Bedingungen alles Erkennens sowohl wie aller praktischen Bethätigungen des Menschen in sich. Diesen drei Bestimmungen entspricht eine dreifache Stellung der Psychologie gegenüber andern Wissens- gebieten: 1) Als Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung ist sie gegenüber den Naturwissenschaften, die in Folge der bei ihnen obwaltenden Abstraction von dem Subject überall nur den objectiven, mittelbaren Erfahrungsinhalt zum Gegenstande haben, die ergänzende Erfahrungswissen- schaft. Nach ihrer vollen Bedeutung kann irgend eine ein- zelne Erfahrungsthatsache streng genommen immer erst gewürdigt werden, wenn sie die Probe der naturwissen- schaftlichen und der psychologischen Analyse bestanden hat. In diesem Sinne sind daher auch ebensowohl Physik und Physiologie Hülfswissenschaften der Psychologie, wie diese hinwiederum eine Hülfsdisciplin der Naturforschung ist. 2) Als Wissenschaft von den allgemeingültigen Formen unmittelbarer menschlicher Erfahrung und ihrer gesetz- mäßigen Verknüpfung ist sie die Grundlage der Geistes- wissenschaften. Denn der Inhalt der Geisteswissen- schaften besteht überall in den aus unmittelbaren mensch- lichen Erlebnissen hervorgehenden Handlungen und ihren Wirkungen. Insofern die Psychologie die Untersuchung der Erscheinungsformen und Gesetze dieser Handlungen zu ihrer Aufgabe hat, ist sie daher selbst die allgemeinste Geistes- wissenschaft und zugleich die Grundlage aller einzelnen, wie der Philologie, Geschichte, Nationalökonomie, Rechts- wissenschaft u. s. w. 3) Da die Psychologie die beiden fundamentalen 2*

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/35>, abgerufen am 22.11.2024.