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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.
hältniss zur großen verkleinert. Auch in diesem Fall kann
man aber bei den räumlichen Vorstellungen den Contrast
beseitigen, wenn man ein Vergleichsobject so zwischen den
contrastirenden Strecken anbringt, dass eine gleichzeitige
Beziehung beider auf dasselbe leicht möglich ist.

13. Als eine besondere Modification des psychologi-
schen Contrastes lassen sich die Erscheinungen betrachten,
die bei der Auffassung von Eindrücken eintreten, deren
wirkliche von ihrer erwarteten Beschaffenheit abweicht.
Wenn man z. B. darauf vorbereitet ist ein schweres Gewicht
zu heben, während sich bei der wirklichen Hebung das
Gewicht als leicht erweist, oder wenn man umgekehrt statt
des erwarteten leichten ein schweres Gewicht hebt, so tritt
dort eine Unterschätzung, hier eine Ueberschätzung des ge-
hobenen Gewichtes ein. Stellt man eine Reihe genau
gleicher Gewichte her, die ein verschiedenes Volum be-
sitzen, so dass sie wie ein aufsteigender Gewichtssatz
aussehen, so scheinen bei der Hebung die Gewichte eine
verschiedene Schwere zu besitzen, und zwar scheint das
kleinste Gewicht das schwerste und das größte das leich-
teste zu sein. Hierbei wirkt die geläufige Association des
größeren Volums mit der größeren Masse unterstützend.
Die abweichende Schätzung selbst wird aber doch durch
den Contrast der wirklichen mit der erwarteten Empfindung
hervorgebracht.

B. Die zusammengesetzten Apperceptionsfunctionen.
(Synthese und Analyse.)

14. Indem die einfachen Functionen der Beziehung
und der Vergleichung in mehrfacher Wiederholung und
Verbindung zur Anwendung kommen, gehen aus ihnen die
beiden zusammengesetzten psychischen Functionen der Syn-
these
und der Analyse hervor. Unter ihnen ist die

Wundt, Psychologie. 20

§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.
hältniss zur großen verkleinert. Auch in diesem Fall kann
man aber bei den räumlichen Vorstellungen den Contrast
beseitigen, wenn man ein Vergleichsobject so zwischen den
contrastirenden Strecken anbringt, dass eine gleichzeitige
Beziehung beider auf dasselbe leicht möglich ist.

13. Als eine besondere Modification des psychologi-
schen Contrastes lassen sich die Erscheinungen betrachten,
die bei der Auffassung von Eindrücken eintreten, deren
wirkliche von ihrer erwarteten Beschaffenheit abweicht.
Wenn man z. B. darauf vorbereitet ist ein schweres Gewicht
zu heben, während sich bei der wirklichen Hebung das
Gewicht als leicht erweist, oder wenn man umgekehrt statt
des erwarteten leichten ein schweres Gewicht hebt, so tritt
dort eine Unterschätzung, hier eine Ueberschätzung des ge-
hobenen Gewichtes ein. Stellt man eine Reihe genau
gleicher Gewichte her, die ein verschiedenes Volum be-
sitzen, so dass sie wie ein aufsteigender Gewichtssatz
aussehen, so scheinen bei der Hebung die Gewichte eine
verschiedene Schwere zu besitzen, und zwar scheint das
kleinste Gewicht das schwerste und das größte das leich-
teste zu sein. Hierbei wirkt die geläufige Association des
größeren Volums mit der größeren Masse unterstützend.
Die abweichende Schätzung selbst wird aber doch durch
den Contrast der wirklichen mit der erwarteten Empfindung
hervorgebracht.

B. Die zusammengesetzten Apperceptionsfunctionen.
(Synthese und Analyse.)

14. Indem die einfachen Functionen der Beziehung
und der Vergleichung in mehrfacher Wiederholung und
Verbindung zur Anwendung kommen, gehen aus ihnen die
beiden zusammengesetzten psychischen Functionen der Syn-
these
und der Analyse hervor. Unter ihnen ist die

Wundt, Psychologie. 20
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[305/0321] § 17. Die Apperceptionsverbindungen. hältniss zur großen verkleinert. Auch in diesem Fall kann man aber bei den räumlichen Vorstellungen den Contrast beseitigen, wenn man ein Vergleichsobject so zwischen den contrastirenden Strecken anbringt, dass eine gleichzeitige Beziehung beider auf dasselbe leicht möglich ist. 13. Als eine besondere Modification des psychologi- schen Contrastes lassen sich die Erscheinungen betrachten, die bei der Auffassung von Eindrücken eintreten, deren wirkliche von ihrer erwarteten Beschaffenheit abweicht. Wenn man z. B. darauf vorbereitet ist ein schweres Gewicht zu heben, während sich bei der wirklichen Hebung das Gewicht als leicht erweist, oder wenn man umgekehrt statt des erwarteten leichten ein schweres Gewicht hebt, so tritt dort eine Unterschätzung, hier eine Ueberschätzung des ge- hobenen Gewichtes ein. Stellt man eine Reihe genau gleicher Gewichte her, die ein verschiedenes Volum be- sitzen, so dass sie wie ein aufsteigender Gewichtssatz aussehen, so scheinen bei der Hebung die Gewichte eine verschiedene Schwere zu besitzen, und zwar scheint das kleinste Gewicht das schwerste und das größte das leich- teste zu sein. Hierbei wirkt die geläufige Association des größeren Volums mit der größeren Masse unterstützend. Die abweichende Schätzung selbst wird aber doch durch den Contrast der wirklichen mit der erwarteten Empfindung hervorgebracht. B. Die zusammengesetzten Apperceptionsfunctionen. (Synthese und Analyse.) 14. Indem die einfachen Functionen der Beziehung und der Vergleichung in mehrfacher Wiederholung und Verbindung zur Anwendung kommen, gehen aus ihnen die beiden zusammengesetzten psychischen Functionen der Syn- these und der Analyse hervor. Unter ihnen ist die Wundt, Psychologie. 20

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/321>, abgerufen am 24.11.2024.