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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.

3. Der Begriff der Association kann in Folge dessen
nur dann eine feste, für jeden einzelnen Fall eindeutig an-
zugebende Bedeutung gewinnen, wenn die Association als
ein Elementarprocess aufgefasst wird, der sich uns an
den realen psychischen Vorgängen immer nur in mehr oder
minder verwickelter Zusammensetzung darbietet, so dass die
elementaren Associationen selbst aus diesen ihren complexen
Producten erst durch psychologische Analyse gewonnen
werden können. Die gewöhnlich so genannten Associationen
(die successiven) sind nur einzelne und zwar die losesten
unter diesen Verbindungsproducten. Ihnen stehen als die
im allgemeinen festesten dieser Verbindungen diejenigen
gegenüber, aus denen die verschiedenen Formen psychischer
Gebilde entstehen, und die wir eben wegen jener Innigkeit
der Verbindung allgemein als Verschmelzungen bezeichnet
haben (S. 110 f.). Die elementaren Processe, aus denen die
Gebilde, die intensiven, die räumlichen und die zeitlichen
Vorstellungen, die zusammengesetzten Gefühle, die Affecte
und die Willensvorgänge, hervorgehen, sind demnach prin-
cipiell durchaus den Associationsprocessen zuzurechnen. Zum
Zweck der praktischen Unterscheidung wird es aber dienlich
sein, dem Wort "Association" hier eine engere Bedeutung
beizulegen, indem wir unter ihm nur diejenigen Verbin-
dungsprocesse zusammenfassen, die sich zwischen Elementen
verschiedener Gebilde vollziehen. Dann nähert sich
dieser engere, der Verschmelzung gegenübergestellte Begriff
der Association dem der älteren Psychologie (S. 263) wie-
der insofern, als er sich ausschließlich auf den Zusammen-
hang der psychischen Gebilde im Bewusstsein bezieht. Er
unterscheidet sich aber von jenem durch die zwei wichtigen
Merkmale, dass wir 1) unter ihm elementare Verbin-
dungsprocesse
oder, wo es sich um zusammengesetzte
Erscheinungen handelt, Producte solcher Elementarprocesse

III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.

3. Der Begriff der Association kann in Folge dessen
nur dann eine feste, für jeden einzelnen Fall eindeutig an-
zugebende Bedeutung gewinnen, wenn die Association als
ein Elementarprocess aufgefasst wird, der sich uns an
den realen psychischen Vorgängen immer nur in mehr oder
minder verwickelter Zusammensetzung darbietet, so dass die
elementaren Associationen selbst aus diesen ihren complexen
Producten erst durch psychologische Analyse gewonnen
werden können. Die gewöhnlich so genannten Associationen
(die successiven) sind nur einzelne und zwar die losesten
unter diesen Verbindungsproducten. Ihnen stehen als die
im allgemeinen festesten dieser Verbindungen diejenigen
gegenüber, aus denen die verschiedenen Formen psychischer
Gebilde entstehen, und die wir eben wegen jener Innigkeit
der Verbindung allgemein als Verschmelzungen bezeichnet
haben (S. 110 f.). Die elementaren Processe, aus denen die
Gebilde, die intensiven, die räumlichen und die zeitlichen
Vorstellungen, die zusammengesetzten Gefühle, die Affecte
und die Willensvorgänge, hervorgehen, sind demnach prin-
cipiell durchaus den Associationsprocessen zuzurechnen. Zum
Zweck der praktischen Unterscheidung wird es aber dienlich
sein, dem Wort »Association« hier eine engere Bedeutung
beizulegen, indem wir unter ihm nur diejenigen Verbin-
dungsprocesse zusammenfassen, die sich zwischen Elementen
verschiedener Gebilde vollziehen. Dann nähert sich
dieser engere, der Verschmelzung gegenübergestellte Begriff
der Association dem der älteren Psychologie (S. 263) wie-
der insofern, als er sich ausschließlich auf den Zusammen-
hang der psychischen Gebilde im Bewusstsein bezieht. Er
unterscheidet sich aber von jenem durch die zwei wichtigen
Merkmale, dass wir 1) unter ihm elementare Verbin-
dungsprocesse
oder, wo es sich um zusammengesetzte
Erscheinungen handelt, Producte solcher Elementarprocesse

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[266/0282] III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. 3. Der Begriff der Association kann in Folge dessen nur dann eine feste, für jeden einzelnen Fall eindeutig an- zugebende Bedeutung gewinnen, wenn die Association als ein Elementarprocess aufgefasst wird, der sich uns an den realen psychischen Vorgängen immer nur in mehr oder minder verwickelter Zusammensetzung darbietet, so dass die elementaren Associationen selbst aus diesen ihren complexen Producten erst durch psychologische Analyse gewonnen werden können. Die gewöhnlich so genannten Associationen (die successiven) sind nur einzelne und zwar die losesten unter diesen Verbindungsproducten. Ihnen stehen als die im allgemeinen festesten dieser Verbindungen diejenigen gegenüber, aus denen die verschiedenen Formen psychischer Gebilde entstehen, und die wir eben wegen jener Innigkeit der Verbindung allgemein als Verschmelzungen bezeichnet haben (S. 110 f.). Die elementaren Processe, aus denen die Gebilde, die intensiven, die räumlichen und die zeitlichen Vorstellungen, die zusammengesetzten Gefühle, die Affecte und die Willensvorgänge, hervorgehen, sind demnach prin- cipiell durchaus den Associationsprocessen zuzurechnen. Zum Zweck der praktischen Unterscheidung wird es aber dienlich sein, dem Wort »Association« hier eine engere Bedeutung beizulegen, indem wir unter ihm nur diejenigen Verbin- dungsprocesse zusammenfassen, die sich zwischen Elementen verschiedener Gebilde vollziehen. Dann nähert sich dieser engere, der Verschmelzung gegenübergestellte Begriff der Association dem der älteren Psychologie (S. 263) wie- der insofern, als er sich ausschließlich auf den Zusammen- hang der psychischen Gebilde im Bewusstsein bezieht. Er unterscheidet sich aber von jenem durch die zwei wichtigen Merkmale, dass wir 1) unter ihm elementare Verbin- dungsprocesse oder, wo es sich um zusammengesetzte Erscheinungen handelt, Producte solcher Elementarprocesse

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/282>, abgerufen am 11.05.2024.