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Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.

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Das Erste Capitel.
Jch hab spendirt was ich gehabt hab: jener
nichts/ dannoch aber will das Gluck jenem/
und mir nicht! Jch bin so emsig in meinem
Amt als jener/ und doch hab ich das Glück
zu den Leuten nit/ das er hat! Jch lasse es mir
so sauer werden als jener: jener aber hat den
Genieß/ ich den Mangel! und ob schon et-
was von meinem Tuhn und Lassen/ in ei-
nerley Ding belobt und belohnt wird: so hat
doch jenes alles einen grössern Glantz/ einen
mächtigern Schein!

Daher komt nun erstlich die Ungedult
und Kümmerniß: auß dieser der Neid: auß
dem wider die Verleumdung/ und das
üble Anwünschen dem Nächsten/ der ihn da
oder da gehindert habe; das Nachreden:
es müsse nicht recht zugehen/ daß der oder
der zu dem Reichtum/ zu der Handlung/
zu dem Hauß/ zu der Heurat/ zu der Ehr
so schnell komme; er müsse gestohlen/ par-
tirt/ sich eingeschmeichelt/ eingeheuchelt
haben! Und wann uns dieses alles in die
länge plaget/ so geräht das Hertz letzlich in
einen solchen sichern Gedanken: Es sey
das Glück ein plumpes blindes Ding und
wer das blinde Ding finde/ der finde es:

wer
A iij

Das Erſte Capitel.
Jch hab ſpendirt was ich gehabt hab: jener
nichts/ dannoch aber will das Glůck jenem/
und mir nicht! Jch bin ſo emſig in meinem
Amt als jener/ und doch hab ich das Gluͤck
zu den Leuten nit/ das er hat! Jch laſſe es mir
ſo ſauer werden als jener: jener aber hat den
Genieß/ ich den Mangel! und ob ſchon et-
was von meinem Tuhn und Laſſen/ in ei-
nerley Ding belobt und belohnt wird: ſo hat
doch jenes alles einen groͤſſern Glantz/ einen
maͤchtigern Schein!

Daher komt nun erſtlich die Ungedult
und Kuͤmmerniß: auß dieſer der Neid: auß
dem wider die Verleumdung/ und das
uͤble Anwuͤnſchen dem Naͤchſten/ der ihn da
oder da gehindert habe; das Nachreden:
es muͤſſe nicht recht zugehen/ daß der oder
der zu dem Reichtum/ zu der Handlung/
zu dem Hauß/ zu der Heurat/ zu der Ehr
ſo ſchnell komme; er muͤſſe geſtohlen/ par-
tirt/ ſich eingeſchmeichelt/ eingeheuchelt
haben! Und wann uns dieſes alles in die
laͤnge plaget/ ſo geraͤht das Hertz letzlich in
einen ſolchen ſichern Gedanken: Es ſey
das Gluͤck ein plumpes blindes Ding und
wer das blinde Ding finde/ der finde es:

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A iij
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[5/0063] Das Erſte Capitel. Jch hab ſpendirt was ich gehabt hab: jener nichts/ dannoch aber will das Glůck jenem/ und mir nicht! Jch bin ſo emſig in meinem Amt als jener/ und doch hab ich das Gluͤck zu den Leuten nit/ das er hat! Jch laſſe es mir ſo ſauer werden als jener: jener aber hat den Genieß/ ich den Mangel! und ob ſchon et- was von meinem Tuhn und Laſſen/ in ei- nerley Ding belobt und belohnt wird: ſo hat doch jenes alles einen groͤſſern Glantz/ einen maͤchtigern Schein! Daher komt nun erſtlich die Ungedult und Kuͤmmerniß: auß dieſer der Neid: auß dem wider die Verleumdung/ und das uͤble Anwuͤnſchen dem Naͤchſten/ der ihn da oder da gehindert habe; das Nachreden: es muͤſſe nicht recht zugehen/ daß der oder der zu dem Reichtum/ zu der Handlung/ zu dem Hauß/ zu der Heurat/ zu der Ehr ſo ſchnell komme; er muͤſſe geſtohlen/ par- tirt/ ſich eingeſchmeichelt/ eingeheuchelt haben! Und wann uns dieſes alles in die laͤnge plaget/ ſo geraͤht das Hertz letzlich in einen ſolchen ſichern Gedanken: Es ſey das Gluͤck ein plumpes blindes Ding und wer das blinde Ding finde/ der finde es: wer A iij

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Zitationshilfe: Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/63>, abgerufen am 19.04.2024.