Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.Das Zehende Capitel. rahten sey/ daß er auch die Nohtdurftnicht hatte/ und mit Hunger und Krankheit angefochten wurde; also/ was jener zu viel/ dieser zu wenig ver- mochte. Gleichwol wurd er nicht un- gedultig/ kein böß Wort gieng aus seinem Mund/ über GOtt klagte er nicht/ seine Vorsorg tadelt er nicht/ keinem blinden Fato schrieb er zu/ was ihm begegnete; Er dachte auch so bey sich selbst nicht: Ich/ der ich keine sonderbare Sünd auf meinem Gewissen trage/ muß solche äusserste Straff leyden/ von Hunger ver- schmacht/ von der scheußlichsten Kranckheit verzehret/ allmählig bald ohne Menschen-Gestalt hinsterbend: jener ist reich in Wollüsten/ meines Elendes unbedacht/ noch wol solches mir fürwerffend. Den unmenschli- chen/ unbarmhertzigen/ blutgierigen/ steinernen Menschen hat Gott über so viel Güter gesetzt: mich dagegen/ der
Das Zehende Capitel. rahten ſey/ daß er auch die Nohtdurftnicht hatte/ und mit Hunger und Krankheit angefochten wurde; alſo/ was jener zu viel/ dieſer zu wenig ver- mochte. Gleichwol wurd er nicht un- gedultig/ kein boͤß Wort gieng aus ſeinem Mund/ uͤber GOtt klagte er nicht/ ſeine Vorſorg tadelt er nicht/ keinem blinden Fato ſchrieb er zu/ was ihm begegnete; Er dachte auch ſo bey ſich ſelbſt nicht: Ich/ der ich keine ſonderbare Suͤnd auf meinem Gewiſſen trage/ muß ſolche aͤuſſerſte Straff leyden/ von Hunger ver- ſchmacht/ von der ſcheußlichſten Kranckheit verzehret/ allmaͤhlig bald ohne Menſchen-Geſtalt hinſterbend: jener iſt reich in Wolluͤſten/ meines Elendes unbedacht/ noch wol ſolches mir fuͤrwerffend. Den unmenſchli- chen/ unbarmhertzigen/ blutgierigen/ ſteinernen Menſchen hat Gott uͤber ſo viel Guͤter geſetzt: mich dagegen/ der
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Das Zehende Capitel.
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nicht hatte/ und mit Hunger und
Krankheit angefochten wurde; alſo/
was jener zu viel/ dieſer zu wenig ver-
mochte. Gleichwol wurd er nicht un-
gedultig/ kein boͤß Wort gieng aus
ſeinem Mund/ uͤber GOtt klagte er
nicht/ ſeine Vorſorg tadelt er nicht/
keinem blinden Fato ſchrieb er zu/
was ihm begegnete; Er dachte auch
ſo bey ſich ſelbſt nicht: Ich/ der ich
keine ſonderbare Suͤnd auf meinem
Gewiſſen trage/ muß ſolche aͤuſſerſte
Straff leyden/ von Hunger ver-
ſchmacht/ von der ſcheußlichſten
Kranckheit verzehret/ allmaͤhlig bald
ohne Menſchen-Geſtalt hinſterbend:
jener iſt reich in Wolluͤſten/ meines
Elendes unbedacht/ noch wol ſolches
mir fuͤrwerffend. Den unmenſchli-
chen/ unbarmhertzigen/ blutgierigen/
ſteinernen Menſchen hat Gott uͤber
ſo viel Guͤter geſetzt: mich dagegen/
der
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