Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.gen, sehn ihn mit wehmüthiger mitleidsvoller Miene an, aber was sollten sie sagen, ihn zu trösten? -- "Bleibet nur hie:" fährt Jesus fort; "wachet nur wenigstens mit mir; und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!" So eilt er, von ihrer Seite, tiefer in die unzugäng- lichste Einsamkeit, um Linderung seiner Angst, wo er sie gewißer zu finden hoffte, in der Unter- haltung mit Gott, zu suchen. Je weniger nun aber seine Seele, durch die Unterhaltung mit seinen Geliebten, von außen beschäftigt war, de- sto freier war sie jeder Empfindung offen. War- um beschäftigte sich denn nun diese Seele, die von Liebe zu Gott und den Menschen glühte, in der stillen mitternächtlichen Stunde, nicht mit jenen ruhevollen Betrachtungen über Gott, über die erhabnen wohlthätigen Absichten seiner Sen- dung? nicht mit jenen frohen Aussichten in den Himmel, wo so viel Schaaren der Seligen einst an seinem Throne, ihn, ihren Erretter preisen würden? wie er sonst in so mancher einsamen Stunde der Nacht, sein Herz weit über Erde und Zeit erhob, und sich unaussprechlich selig fühlte? -- Ach! diese selige Betrachtungen und Empfindungen waren izt fern von ihm gewi- chen. Alles um ihn her schwieg; die Nacht ver- brei-
gen, ſehn ihn mit wehmüthiger mitleidsvoller Miene an, aber was ſollten ſie ſagen, ihn zu tröſten? — “Bleibet nur hie:“ fährt Jeſus fort; “wachet nur wenigſtens mit mir; und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!“ So eilt er, von ihrer Seite, tiefer in die unzugäng- lichſte Einſamkeit, um Linderung ſeiner Angſt, wo er ſie gewißer zu finden hoffte, in der Unter- haltung mit Gott, zu ſuchen. Je weniger nun aber ſeine Seele, durch die Unterhaltung mit ſeinen Geliebten, von außen beſchäftigt war, de- ſto freier war ſie jeder Empfindung offen. War- um beſchäftigte ſich denn nun dieſe Seele, die von Liebe zu Gott und den Menſchen glühte, in der ſtillen mitternächtlichen Stunde, nicht mit jenen ruhevollen Betrachtungen über Gott, über die erhabnen wohlthätigen Abſichten ſeiner Sen- dung? nicht mit jenen frohen Ausſichten in den Himmel, wo ſo viel Schaaren der Seligen einſt an ſeinem Throne, ihn, ihren Erretter preiſen würden? wie er ſonſt in ſo mancher einſamen Stunde der Nacht, ſein Herz weit über Erde und Zeit erhob, und ſich unausſprechlich ſelig fühlte? — Ach! dieſe ſelige Betrachtungen und Empfindungen waren izt fern von ihm gewi- chen. Alles um ihn her ſchwieg; die Nacht ver- brei-
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gen, ſehn ihn mit wehmüthiger mitleidsvoller
Miene an, aber was ſollten ſie ſagen, ihn zu
tröſten? — “Bleibet nur hie:“ fährt Jeſus
fort; “wachet nur wenigſtens mit mir; und
betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!“ So
eilt er, von ihrer Seite, tiefer in die unzugäng-
lichſte Einſamkeit, um Linderung ſeiner Angſt,
wo er ſie gewißer zu finden hoffte, in der Unter-
haltung mit Gott, zu ſuchen. Je weniger nun
aber ſeine Seele, durch die Unterhaltung mit
ſeinen Geliebten, von außen beſchäftigt war, de-
ſto freier war ſie jeder Empfindung offen. War-
um beſchäftigte ſich denn nun dieſe Seele, die
von Liebe zu Gott und den Menſchen glühte, in
der ſtillen mitternächtlichen Stunde, nicht mit
jenen ruhevollen Betrachtungen über Gott, über
die erhabnen wohlthätigen Abſichten ſeiner Sen-
dung? nicht mit jenen frohen Ausſichten in den
Himmel, wo ſo viel Schaaren der Seligen einſt
an ſeinem Throne, ihn, ihren Erretter preiſen
würden? wie er ſonſt in ſo mancher einſamen
Stunde der Nacht, ſein Herz weit über Erde
und Zeit erhob, und ſich unausſprechlich ſelig
fühlte? — Ach! dieſe ſelige Betrachtungen
und Empfindungen waren izt fern von ihm gewi-
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