Klaglied. 3, 22. 23. Die Güte des Herrn ists, daß wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und seine Treue ist groß.
Wo lebt doch in dem ganzen unermeßlichen Rei- che Gottes, irgend ein Geschöpf, welches nicht vom ersten Augenblicke seines Lebens, so lang es fortdauert, der Gnade des Allgütigen bedürfte. Alles, was der erhabenste Erzengel an Freude und Seligkeit aus der Hand seines Schöpfers empfängt, ists nicht unverdiente Liebe? Wenn der Allselige einen Augenblick seine Hand von ihm wegwendete: was würde er seyn? ärmer und bedürftiger als wir, als der Wurm im Staube; ja, ein Nichts würde er werden, wie er es war, ehe der Allmächtige ihn erschuf. Steigen wir herunter mit unsern Gedanken, bis zur niedrig- sten Stuffe der Geschöpfe, bis zum kleinsten Thier, das Leben und Odem hat: -- überall sind Bedürfniße des Lebens, überall ist Mangel und Gefahr, und Sehnsucht nach Hülfe; über-
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IX. Die Größe der Barmherzigkeit Gottes.
Klaglied. 3, 22. 23. Die Güte des Herrn iſts, daß wir nicht gar aus ſind; ſeine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, ſondern ſie iſt alle Morgen neu, und ſeine Treue iſt groß.
Wo lebt doch in dem ganzen unermeßlichen Rei- che Gottes, irgend ein Geſchöpf, welches nicht vom erſten Augenblicke ſeines Lebens, ſo lang es fortdauert, der Gnade des Allgütigen bedürfte. Alles, was der erhabenſte Erzengel an Freude und Seligkeit aus der Hand ſeines Schöpfers empfängt, iſts nicht unverdiente Liebe? Wenn der Allſelige einen Augenblick ſeine Hand von ihm wegwendete: was würde er ſeyn? ärmer und bedürftiger als wir, als der Wurm im Staube; ja, ein Nichts würde er werden, wie er es war, ehe der Allmächtige ihn erſchuf. Steigen wir herunter mit unſern Gedanken, bis zur niedrig- ſten Stuffe der Geſchöpfe, bis zum kleinſten Thier, das Leben und Odem hat: — überall ſind Bedürfniße des Lebens, überall iſt Mangel und Gefahr, und Sehnſucht nach Hülfe; über-
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IX.
Die Größe der Barmherzigkeit Gottes.
Klaglied. 3, 22. 23.
Die Güte des Herrn iſts, daß wir nicht gar aus ſind;
ſeine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, ſondern
ſie iſt alle Morgen neu, und ſeine Treue iſt groß.
Wo lebt doch in dem ganzen unermeßlichen Rei-
che Gottes, irgend ein Geſchöpf, welches nicht
vom erſten Augenblicke ſeines Lebens, ſo lang es
fortdauert, der Gnade des Allgütigen bedürfte.
Alles, was der erhabenſte Erzengel an Freude
und Seligkeit aus der Hand ſeines Schöpfers
empfängt, iſts nicht unverdiente Liebe? Wenn
der Allſelige einen Augenblick ſeine Hand von ihm
wegwendete: was würde er ſeyn? ärmer und
bedürftiger als wir, als der Wurm im Staube;
ja, ein Nichts würde er werden, wie er es war,
ehe der Allmächtige ihn erſchuf. Steigen wir
herunter mit unſern Gedanken, bis zur niedrig-
ſten Stuffe der Geſchöpfe, bis zum kleinſten
Thier, das Leben und Odem hat: — überall
ſind Bedürfniße des Lebens, überall iſt Mangel
und Gefahr, und Sehnſucht nach Hülfe; über-
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/171>, abgerufen am 16.02.2025.
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