theidigung eröfnet, ein Gegenmanifest (antimanifestum) genennet wird. Derowe- gen weil niemand das Ansehen haben will, als wenn er einen unrechtmäßigen Krieg füh- re; so müssen in einem Manifest die rechtmäßigen Ursachen angeführet, diese aber in dem Gegenmanifest wi- derleget werden (§. 1171.). Und indem ein Oberherr seinen Unterthanen befehlen kann; so muß alles, was währendes Krieges von ihnen geschehen, oder nicht geschehen soll (§. 1043.), wie dem Manifest, also auch dem Gegen- manifest einverleibet werden. Dieweil die Erklärung der rechtmäßigen Gründe nur die Erzählung des geschehenen, und die An- wendung des Natur- und Völckerrechts auf dasselbe; hingegen aber die Widerlegung der Gründe den Erweis der Unrichtigkeit dessen, was geschehen seyn soll, oder der unrecht an- gebrachten Anwendung des Rechts erfordert: so muß man sich aller Worte und Re- densarten, so einen Haß und Rachbe- gierde verrathen, enthalten.
§. 1188.
Von der Liebe der Feinde.
Da ein Volck auch ein feindseliges (ini- micam) Volck lieben, und ihm wie sich selbst Liebe erzeigen soll (§. 1109.), und von dieser Verbindlichkeit nicht frey gemacht werden kann (§. 42.); so muß auch ein Feind sei- nen Feind(hostis hostem)lieben, und
ihm
IV. Theil 7. Hauptſtuͤck.
theidigung eroͤfnet, ein Gegenmanifeſt (antimanifeſtum) genennet wird. Derowe- gen weil niemand das Anſehen haben will, als wenn er einen unrechtmaͤßigen Krieg fuͤh- re; ſo muͤſſen in einem Manifeſt die rechtmaͤßigen Urſachen angefuͤhret, dieſe aber in dem Gegenmanifeſt wi- derleget werden (§. 1171.). Und indem ein Oberherr ſeinen Unterthanen befehlen kann; ſo muß alles, was waͤhrendes Krieges von ihnen geſchehen, oder nicht geſchehen ſoll (§. 1043.), wie dem Manifeſt, alſo auch dem Gegen- manifeſt einverleibet werden. Dieweil die Erklaͤrung der rechtmaͤßigen Gruͤnde nur die Erzaͤhlung des geſchehenen, und die An- wendung des Natur- und Voͤlckerrechts auf daſſelbe; hingegen aber die Widerlegung der Gruͤnde den Erweis der Unrichtigkeit deſſen, was geſchehen ſeyn ſoll, oder der unrecht an- gebrachten Anwendung des Rechts erfordert: ſo muß man ſich aller Worte und Re- densarten, ſo einen Haß und Rachbe- gierde verrathen, enthalten.
§. 1188.
Von der Liebe der Feinde.
Da ein Volck auch ein feindſeliges (ini- micam) Volck lieben, und ihm wie ſich ſelbſt Liebe erzeigen ſoll (§. 1109.), und von dieſer Verbindlichkeit nicht frey gemacht werden kann (§. 42.); ſo muß auch ein Feind ſei- nen Feind(hoſtis hoſtem)lieben, und
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IV. Theil 7. Hauptſtuͤck.
theidigung eroͤfnet, ein Gegenmanifeſt
(antimanifeſtum) genennet wird. Derowe-
gen weil niemand das Anſehen haben will,
als wenn er einen unrechtmaͤßigen Krieg fuͤh-
re; ſo muͤſſen in einem Manifeſt die
rechtmaͤßigen Urſachen angefuͤhret,
dieſe aber in dem Gegenmanifeſt wi-
derleget werden (§. 1171.). Und indem
ein Oberherr ſeinen Unterthanen befehlen
kann; ſo muß alles, was waͤhrendes
Krieges von ihnen geſchehen, oder
nicht geſchehen ſoll (§. 1043.), wie
dem Manifeſt, alſo auch dem Gegen-
manifeſt einverleibet werden. Dieweil
die Erklaͤrung der rechtmaͤßigen Gruͤnde nur
die Erzaͤhlung des geſchehenen, und die An-
wendung des Natur- und Voͤlckerrechts auf
daſſelbe; hingegen aber die Widerlegung der
Gruͤnde den Erweis der Unrichtigkeit deſſen,
was geſchehen ſeyn ſoll, oder der unrecht an-
gebrachten Anwendung des Rechts erfordert:
ſo muß man ſich aller Worte und Re-
densarten, ſo einen Haß und Rachbe-
gierde verrathen, enthalten.
§. 1188.
Da ein Volck auch ein feindſeliges (ini-
micam) Volck lieben, und ihm wie ſich ſelbſt
Liebe erzeigen ſoll (§. 1109.), und von dieſer
Verbindlichkeit nicht frey gemacht werden
kann (§. 42.); ſo muß auch ein Feind ſei-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 872. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/908>, abgerufen am 23.11.2024.
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