kein Privatmann sich des Rechts der Repressalien, ohne Erlaubniß des Re- gentens des Staats, bedienen könne.
§. 1164.
Weil unter den Güthern der Bürger auchVom Bürger- fang. ihre natürliche Freyheit enthalten ist (§. 207.); so ist auch die Freyheit aller und ieder Bürger, oder ihrer Person, als welcher dieses Recht anhängt, für die Schulden des Staats verhaftet (§. 1163.), wenn folglich ein Volck dem andern, oder des- sen Unterthanen das Recht versagt, so können die Unterthanen desselben zum Pfande weggefangen werden. Weil man sie aber aus der Ursach fängt, daß das Volck Recht zu verschaffen gezwungen wer- de, so kann man Personen von ausneh- menden Verdiensten, oder grossen Wür- den im Staat, von beyderley Ge- schlecht, und auch ihre Kinder weg- nehmen. Da nun eine Wegnehmung der Bürger an Pfandes stat pflegt ein Men- schen- oder Bürgerfang(androlepsia, vi- ricapio) genennt zu werden; so ist der Bür- gerfang unter den Völckern erlaubt. Weil aber nichts anders als die Freyheit der Bürger für die Staatsschulden verpfändet wird; so ist, wenn ein Volck nicht Recht zu verschaffen vermocht werden kann, auf eben die Art, wie von den Geisseln gezei- get worden (§. 1151.) klar, daß die auf- gehobenen entweder Sclaven, oder
als
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die Streitigkeiten der Voͤlcker beyzulegen.
kein Privatmann ſich des Rechts der Repreſſalien, ohne Erlaubniß des Re- gentens des Staats, bedienen koͤnne.
§. 1164.
Weil unter den Guͤthern der Buͤrger auchVom Buͤrger- fang. ihre natuͤrliche Freyheit enthalten iſt (§. 207.); ſo iſt auch die Freyheit aller und ieder Buͤrger, oder ihrer Perſon, als welcher dieſes Recht anhaͤngt, fuͤr die Schulden des Staats verhaftet (§. 1163.), wenn folglich ein Volck dem andern, oder deſ- ſen Unterthanen das Recht verſagt, ſo koͤnnen die Unterthanen deſſelben zum Pfande weggefangen werden. Weil man ſie aber aus der Urſach faͤngt, daß das Volck Recht zu verſchaffen gezwungen wer- de, ſo kann man Perſonen von ausneh- menden Verdienſten, oder groſſen Wuͤr- den im Staat, von beyderley Ge- ſchlecht, und auch ihre Kinder weg- nehmen. Da nun eine Wegnehmung der Buͤrger an Pfandes ſtat pflegt ein Men- ſchen- oder Buͤrgerfang(androlepſia, vi- ricapio) genennt zu werden; ſo iſt der Buͤr- gerfang unter den Voͤlckern erlaubt. Weil aber nichts anders als die Freyheit der Buͤrger fuͤr die Staatsſchulden verpfaͤndet wird; ſo iſt, wenn ein Volck nicht Recht zu verſchaffen vermocht werden kann, auf eben die Art, wie von den Geiſſeln gezei- get worden (§. 1151.) klar, daß die auf- gehobenen entweder Sclaven, oder
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die Streitigkeiten der Voͤlcker beyzulegen.
kein Privatmann ſich des Rechts der
Repreſſalien, ohne Erlaubniß des Re-
gentens des Staats, bedienen koͤnne.
§. 1164.
Weil unter den Guͤthern der Buͤrger auch
ihre natuͤrliche Freyheit enthalten iſt (§. 207.);
ſo iſt auch die Freyheit aller und ieder
Buͤrger, oder ihrer Perſon, als welcher
dieſes Recht anhaͤngt, fuͤr die Schulden
des Staats verhaftet (§. 1163.), wenn
folglich ein Volck dem andern, oder deſ-
ſen Unterthanen das Recht verſagt, ſo
koͤnnen die Unterthanen deſſelben zum
Pfande weggefangen werden. Weil
man ſie aber aus der Urſach faͤngt, daß das
Volck Recht zu verſchaffen gezwungen wer-
de, ſo kann man Perſonen von ausneh-
menden Verdienſten, oder groſſen Wuͤr-
den im Staat, von beyderley Ge-
ſchlecht, und auch ihre Kinder weg-
nehmen. Da nun eine Wegnehmung der
Buͤrger an Pfandes ſtat pflegt ein Men-
ſchen- oder Buͤrgerfang (androlepſia, vi-
ricapio) genennt zu werden; ſo iſt der Buͤr-
gerfang unter den Voͤlckern erlaubt.
Weil aber nichts anders als die Freyheit der
Buͤrger fuͤr die Staatsſchulden verpfaͤndet
wird; ſo iſt, wenn ein Volck nicht Recht
zu verſchaffen vermocht werden kann,
auf eben die Art, wie von den Geiſſeln gezei-
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gehobenen entweder Sclaven, oder
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Vom
Buͤrger-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 851. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/887>, abgerufen am 23.11.2024.
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